Tiergeschichte
Beinamputierte Schildkröte rollt auf Lego-Prothese
Reptil auf Rädern: Einer Schildkröte muss in der Ortenau ein Bein amputiert werden – auf der Suche nach einer Prothese greift der Tierarzt in die Spielzeug-Kiste einer Fünfjährigen. Ulrike Derndinger erzählt eine wundervolle Tiergeschichte.
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"Im Garten ist eine Schildkröte", lautete die lapidare Auskunft eines Mannes am Telefon, sagt Monika Ehrlacher, Chefin der Tierhilfs- und Rettungsorganisation Neuried. Keine Ahnung, wem sie gehört – also fuhr die 65-Jährige nach Ottenheim, zum genannten Ort. Als sie die griechische Landschildkröte dort hochnahm, erschrak sie: Statt des rechten Vorderbeins war da nur noch ein schwarzer Stumpf. Der getrocknete Knochen stand aus der offensichtlich alten Wunde heraus.
Daraufhin brachte Ehrlacher das Tier, das so groß wie ein Frauenhand ist, zum Tierarzt Panagiotis Azmanis. Der Reptilienspezialist aus Achern nahm die Schildkröte, ein männliches Tier zwischen 10 und 20 Jahre alt und so schwer wie knapp zwei Päckchen Butter, unter seine Fittiche, erzählt er der BZ. Unter Narkose und Schmerzmitteln amputierte er das kaputte Bein bis zur Schulter, reinigte die Wunde, in der sich schon Maden tummelten, und nähte sie zu.
Und dann wollte er die Schildkröte wieder mobil machen. In diesem Bereich der Tiermedizin gibt es jedoch keine Prothesen. Daher musste Azmanis improvisieren. Die fünfjährige Tochter einer Praxismitarbeiterin wurde um eine Spende aus dem Lego-Baukasten gebeten. Mit Erfolg: "Sie hat uns großzügig ein Rad geschenkt, weil wir ihr erklärten, dass das Tier damit besser gehen und leben kann. Ein Ersatzrad hat sie uns auch noch mitgegeben", freut sich Azmanis. Das Rad wurde mit Gewebekleber, ein Sekundenkleber ohne Nebenwirkungen für Lebewesen, auf der Panzerunterseite befestigt. Verschrauben wäre nicht sinnvoll, meinte der Tierarzt: "Bohren wäre eine zusätzliche Infektionsquelle." Grundsätzlich könne das Tier auch ohne Rad leben, aber dann würden die Gelenke sehr stark belastet, erklärte der Tierarzt. Hinterher blieb "Schildi", wie er das Tier getauft hatte, noch einige Tage zur Beobachtung. Offensichtlich hatte sich die komplikationslos verlaufene Operation und die Radmontur gelohnt. Die Schildkröte ist sehr gut auf ihrem fahrbahren Untersatz unterwegs: "Auf den ersten Blick hat sie sich sehr gut damit arrangiert", meint der Tierarzt. Während des Krankenhausaufenthalts hat die Schildkröte 40 Gramm zugenommen und wog bei der Entlassung 520 Gramm.
Monika Ehrlacher
Eine Angestellte nennt das Tier übrigens "Transformer", nach den Spielzeugrobotern, die sich phantastischerweise in Autos und Flugzeuge verwandeln können. Egal, wie die Schildkröte nun heißt: Die Vereinschefin Monika Ehrlacher ist gerührt vom geräderten Mitbewohner und zugleich zu Scherzen aufgelegt: "Winterreifen haben wir leider keine für sie und im nächsten Jahr startet sie in der Formel 1 gegen Sebastian Vettel", meinte Ehrlacher, "denn wir haben jetzt eine echte Rennschildkröte."
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