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Alemannisch im Job ist in Südbaden gerne gepflegte Kultur

Verlagsthema Ob Dialekt im Arbeitsleben angebracht ist, darüber scheiden sich die Geister. In Südbaden sind viele Unternehmen offen dafür. Das kann die Motivation erhöhen und die Arbeitgeberattraktivität steigern.  

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Bei Meetings ist Hochdeutsch die Regel...g ist in  Südbaden keineswegs verpönt.  | Foto: STEPHANIE KOBOLD (stock.adobe.com)
Bei Meetings ist Hochdeutsch die Regel, aber Dialekt im Arbeitsalltag ist in Südbaden keineswegs verpönt. Foto: STEPHANIE KOBOLD (stock.adobe.com)
"Wir können alles. Außer Hochdeutsch." Mit diesem Slogan hat das Land Baden-Württemberg von 1999 bis 2021 augenzwinkernd auf die eigenen Stärken aufmerksam gemacht – und zugleich die Neigung zum Dialekt beim Sprechen als kleine Schwäche eingeräumt. Dabei ist gar nicht klar, ob der Gebrauch von Mundart im Alltag und speziell im Arbeitsleben überhaupt eine Schwäche ist. In Südbaden jedenfalls sind zahlreiche Arbeitgeber ganz bewusst fürs Alemannische im Betrieb.

Geht es um Dialekt im Job, belegen Studien sowohl die Nachteile als auch die Vorteile, die sich daraus ergeben können. So hatte eine Untersuchung aus dem Jahr 2020 das Ergebnis, dass Mundartsprecher in Deutschland im Schnitt bei sonst gleichen Voraussetzungen ein geringeres Einkommen erzielen – ohne allerdings die Gründe genau zu benennen.

Auf der anderen Seite, so haben Forscher der Technischen Universität Dresden schon 2011 festgestellt, lässt sich auch zeigen, dass ein regionaler Dialekt ein Pluspunkt etwa bei Verkaufsgesprächen sein kann. Sprechen Kunde und Mitarbeiter denselben oder ähnliche Dialekte, signalisiere dies soziale Nähe – eine Hilfe beim Verkaufen und Verhandeln.

In Südbaden jedenfalls ist Mundart bei der Arbeit alles andere als eine Seltenheit. So findet etwa Marcel Jundt-Schöttle, Chef beim Emmendinger Modehaus Blum-Jundt mit rund 45 Beschäftigten, es völlig normal, dass seine Beschäftigten miteinander und mit dem Kunden auch Alemannisch sprechen. Dies habe überhaupt nichts mit Unprofessionalität zu tun – ganz im Gegenteil.

Dialekt sei wichtig, zumal er bei Mitmenschen nicht selten auch positiver ankomme als ein arg gekünstelt wirkendes Hochdeutsch. Natürlich sei es hilfreich und gut, wenn man im Bedarfsfall auch auf Hochdeutsch umschalten könne, etwa im Gespräch mit jemand, der selbst nicht so gut Deutsch kann oder den Dialekt überhaupt nicht versteht.

Die Firma Endress+Hauser, ein international tätiger Anbieter von Messgeräten, Dienstleistungen und Lösungen für die industrielle Verfahrenstechnik mit Hauptsitz in der Schweiz, aber bedeutenden Standorten auch in Südbaden, etwa in Maulburg und Freiburg, geht noch einen Schritt weiter. Das Unternehmen mit weltweit etwa 15.000 Beschäftigten, hat eigens eine Mundart-Kolumne in der Mitarbeiterzeitschrift eingerichtet.

Die Kolumne heißt "Alemannisch für sälli, wo kei Alemannisch schwätze" und erscheint für die rund 2000 Mitarbeiter am Standort Maulburg. Darin wird jeweils ein Begriff aus dem Dialekt für all jene erklärt, die dessen nicht mächtig sind. Zum Beispiel: "ringelegängele", "Glucksi" oder "verschneugt". Die Erklärung erfolgt jeweils auf Hochdeutsch und nimmt Bezug zum Arbeitsalltag bei Endress+Hauser.

Für die korrekte Aussprache wird das Dialektwort stets auch in Lautschrift angegeben. "Die Lautschrift erhalten wir dabei von der Muettersproch-Gsellschaft aus Freiburg", sagt Christoph Stockburger von der Abteilung Marketing-Kommunikation bei Endress+Hauser, der die Kolumne initiiert hat. Die Muettersproch-Gsellschaft ist ein Verein, der sich für die Pflege und den Erhalt der alemannischen Mundart einsetzt.

Für Stockburger entstand die Idee auch aus persönlichen Erfahrungen heraus. "Ich bin hier in der Region aufgewachsen, meine Frau auch", erzählt er.

"Wir haben dann eine Zeit lang im Ausland und dann in Hamburg gelebt", so der Marketing-Fachmann weiter, "aber auch dort miteinander immer Alemannisch gesprochen – für uns war das Heimat zum Mitnehmen." Dies habe mit der Zeit seine persönliche Perspektive auf den Dialekt verändert.

"Zurück im Wiesental empfinde ich nun mehr Wertschätzung für das Eigentümliche der Mundart, habe aber vielleicht auch etwas mehr Gespür dafür, wie die Sprache in den Ohren der Leute klingt, die sie nicht sprechen." Doch auch andere Mundarten haben bei Endress+Hauser ihren Platz – es gehe ja auch um Identität, Zugehörigkeit und Arbeitgeberattraktivität.

"Gerade in der Schweiz gehört Mundart ganz selbstverständlich dazu", so Stockburger. "Da unsere Mitarbeitenden aber nicht nur aus dem Dreiländereck kommen und auch hier ja nicht alle Dialekt sprechen, ist es selbstverständlich nachzufragen, ob der Gesprächspartner den Dialekt gut versteht."

Bei Meetings werde üblicherweise Hochdeutsch gesprochen – wenn nicht ohnehin internationale Kolleginnen und Kollegen anwesend sind und das Meeting auf Englisch gehalten werde. "Auf dem Flur und in der Kantine hört man aber alles, Hochdeutsch, Fremdsprachen und Alemannisch – und auch unsere internationalen Kolleginnen und Kollegen haben oft Spaß am Dialekt", berichtet Stockburger.
Wer sich jetzt überlegt, nach Südbaden zurückzukehren, kann sich hier nach den passenden Stellenangeboten umschauen.

Ressort: Verlagsthema

Dossier: Heimkommen

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 24. Dezember 2022: PDF-Version herunterladen

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