Wie ein Stück Berliner Mauer
Markus Schwendemann und Hasib Kaoj-Hassarli zeigen in den Räumen des Kunstvereins Offenburg die Ausstellung "For ever young".
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. Noch sind die beiden Künstler Markus Schwendemann und Hasib Kaoj-Hassarli unter 40, aber "forever young", wie der Titel ihrer Ausstellung im Kunstverein Offenburg es verheißt, werden auch sie nicht bleiben. Und ihre Kunst? Die Fotografie galt im 19. Jahrhundert als "neue" Kunstform, Graffiti mit Sprayfarben kam Mitte des 20. Jahrhunderts auf – junge Kunst ist das schon lange nicht mehr.
Bislang haben die beiden befreundeten Künstler eher in trendigeren Locations ausgestellt, in Pop-up-Galerien und im rauen Umfeld des unrenovierten Offenburger Schlachthofs etwa. Das Flair des Schäbig-Schönen lässt sich nicht ohne Weiteres auf die Galerie übertragen, man betrachtet Bilder auf Leinwand anders als Bilder auf Brückenbeton, gerahmte Fotos, zum Teil mit Passepartout, wirken anders, als wenn man sie mit Architektenklammern an einer Wäscheleine festmacht.
Andererseits: Wenn Opern in Fabrikhallen stattfinden können, warum dann nicht Street-Art in der Galerie? Markus Schwendemann nimmt zumindest zum Teil die raue Außenwelt einfach mit hinein in seine Kunstwerke. In einige seiner Bilder hat er Farbschichten von Original-Graffitis mit eingearbeitet – und zwar auf einem im Format 1:1 gedruckten Foto des Wandbilds, dessen Teil sie waren und nun wieder sind, zum Teil gebrochen, auf jeden Fall authentisch wie ein Stück Berliner Mauer. Oder wie eine von Archäologen oder Restauratoren geborgene Wandmalerei. Durch die Kombination mit Druck und Übermalung entsteht ein Stilmix, den Schwendemann "Samplegraff" genannt hat.
Der Kunsthistoriker Marc Böhnke interpretiert das Konzept in seinem klugen Vorwort zum Ausstellungskatalog als "kritische und künstlerische Auseinandersetzung mit den Charakteristika von Graffiti im Allgemeinen. Die dauerhafte Entfernung aus dem urbanen Kontext und die Überführung in den institutionalisierten Raum der Kunst setzt einen Transformationsprozess in Gang, der an Marcel Duchamp und die Idee des Ready-made erinnert". Das tut, ganz explizit, auch ein pittoresk zusammengeschmolzener Plastikmülleimer, der zudem noch einen Bezug zu Offenburg hat, wurde er doch in der Nähe des Café Kakadu vom Künstler entdeckt und gesichert.
Offenburger Lokalkolorit wird in den Fotografien von Hasib Kaoj-Hassarli noch deutlicher. Sie sind zum einen dokumentarisch, zeigen den Teilabriss der alten Stadthalle, die zuvor von den Street-Artisten ausgemalt wurde, und weitere Hotspots der Graffiti-Szene in der Stadt. Zum anderen sind sie immer auch mit einem künstlerischen Blick aufgenommen, der vor allem mit der Tiefe der Bilder spielt.
Hinzu kommen Bilder von Alltagsgegenständen oder architektonischen Details, die überraschende grafische Muster bilden, wie eine Jalousie, die nur zur Hälfte von der Sonne beleuchtet wird. Konstruiert erscheint der dokumentarische Blick in einen Radfahrer- und Fußgängertunnel, dessen Betonumfassung versetzt konstruiert ist. Der Blick für das ungewöhnliche im Alltag bildet das Band zwischen den beiden Ausstellungsteilen.
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