Bundestagswahl
Wahlkreis Emmendingen-Lahr: Bury siegt bei Erststimmen, Fechner kritisiert Kanzlerkandidaten Scholz
Den Kampf um die meisten Erststimmen im Wahlkreis Emmendingen-Lahr hat Yannick Bury (CDU) gegen Johannes Fechner (SPD) gewonnen. Ob er in den Bundestag einziehen wird, war aber unklar. Grund: das neue Wahlrecht.
So, 23. Feb 2025, 22:23 Uhr
Lahr
Thema: Bundestagswahl Wahlkreis Emmendingen - Lahr
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Die Stimmung bei der Wahlparty von Yannick Bury im Kulinarium, einer Event-Location in der Lahrer Arena, war gut. Das letzte Quäntchen zum CDU-Glück fehlte dann aber doch. Denn ob der 34-Jährige in den Bundestag einzieht, war am Wahlabend bis zum Redaktionsschluss noch nicht sicher. Aufgrund des neuen Wahlrechts und der Abschaffung von Überhangmandaten ist es möglich, dass Kandidaten, die zwar in ihrem Wahlkreis die meisten Erstimmen gewinnen, aber landesweit relativ schlecht abschneiden, kein Bundestagsmandat erhalten. Würde das im Wahlkreis Emmendingen-Lahr zutreffen, wäre Yannick Bury ein Verlierer der von der Ampel-Koalition beschlossenen Wahlrechtsreform. Nichtsdestotrotz zeigte sich Burys langjähriger Vorgänger als Vertreter des Wahlkreises in Berlin, Peter Weiß, optimistisch für den Einzug seines Nachfolgers in den Bundestag.
Angesichts des starken Ergebnisses von Bury glaube er daran, dass es ihm reicht. Der Kandidat selbst war vorsichtiger: "Es wird viel vom Ergebnis der kleinen Parteien abhängen."
Nach Bekanntgabe der ersten Prognose wandte sich Yannick Bury erstmals an die versammelten rund 50 Gäste: "Es sieht so aus, dass der nächste Bundeskanzler Friedrich Merz heißen wird, und das ist die erste gute Nachricht des Abends." Jubel und Applaus brandete auf. Die Kernziele des Wahlkampfs – ein Regierungs- und ein Politikwechsel – seien erreicht, sagte Bury.
Landes-Justizministerin Marion Gentges (CDU) war ebenfalls bei der Wahlparty von Yannick Bury zu Gast. Sie zeigte sich vorsichtig optimistisch: "Ich hoffe, dass es für eine Zweierkoalition mit der SPD oder den Grünen reicht, damit möglichst viel Union umgesetzt werden kann."
Johannes Fechner (SPD)
Johannes Fechner wirkte gefasst ob der "verheerenden Niederlage, die wie eingefahren haben". So serviert er den rund 50 Genossinnen und Genossen, deren Leiden schon vor der Prognose begann, einen Schnaps. "Sekt wie bei der vergangenen Wahl wird es hoffentlich in vier Jahren wieder geben", so der SPD-Bundestagsabgeordnete.
Fechner war erst eine Minute vor der Prognose ins Emmendinger Shamrock gekommen und ergriff sofort das Wort: "Eine Minute habe ich noch und ich will euch vorbereiten, das Ergebnis ist ein Desaster. Wir haben bis gerade im Parteivorstand getagt und werden schauen, wie es weitergeht." Gleichzeitig gratulierte er schon vor der ersten Ergebnisbekanntgabe seinem CDU-Konkurrenten Yannick Bury zum Sieg im Wahlkreis.
Viele der Anwesenden hatten sich im Vorfeld mit dem Ergebnis der Sozialdemokraten befasst. Lahrs Ex-Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller sei eigens nach Emmendingen gekommen. "Um diesen Abend nicht allein auf dem Sofa verbringen zu müssen, sondern lieber im Kreis von Gleichgesinnten". Die nach der Prognose zunächst verstummten. Die Ergebnisse kamen via Bildschirm von der ARD, die dort prognostizierten 4,9 Prozent für die FDP wurden mit Applaus bedacht, ebenso wie der deutliche Einzug der Linken ins Parlament. Auch das mögliche Scheitern des BSW wurde goutiert.
Nach der ersten Hochrechnung wurde Fechner deutlich. "Wir haben im Wahlkampf auf den falschen Kandidaten gesetzt", sagte er. Olaf Scholz habe den Makel des Ampel-Aus getragen. Diese Meinung habe er immer wieder auch an den Informationsständen hören müssen. Die von der SPD gefahrenen Sachthemen seien auf Zuspruch gestoßen, die Führungsfigur Scholz nicht. Wobei sich Fechner selbstkritisch zeigte und äußerte, dass er sich hätte stärker für einen Wechsel hin zu Boris Pistorius einsetzen müssen. Fechner: "Nun hoffe ich, dass in Zukunft Boris und Lars (Klingbeil, die Red.) Führungsverantwortung in der Partei übernehmen."
In einer Partei, die dann möglicherweise Juniorpartner in einer Koalition mit der CDU sein wird. Auch die FDP, die in anderen Hochrechnungen bei fünf Prozent gesehen wurde, sehe Fechner als Partner in einem Dreierbündnis. Was ihm die vehemente Gegenrede seines Vorgängers Peter Dreßen einbrachte: "Gib solche Überlegungen auf, die FDP hat die SPD und die Grünen doch heruntergezogen." Auch die Kanzlerkritik wollte Dreßen relativeren, der Scholz aus der Zusammenarbeit in einem Ausschuss kenne. "Sein Problem, dass er vielleicht zu ehrlich ist", so Dreßen.
Einen Blick nach vorne warf angesichts des Abschneidens der AfD der ehemalige Bundestags- und Europaabgeordnete Dietrich Elchlepp: "Es ist jetzt wirklich höchste Zeit, dass bis zur nächsten Bundestagswahl 2029 die demokratischen Parteien sich endlich zusammenraufen und sich gemeinsam gegen den Rechtstrend und für die verfassungsgemäßen Grundrechte einsetzen." Er sei nach Emmendingen mit der Erwartung der Niederlage gekommen, die Fechner selbst eine Ohrfeige nannte, "wenn man zehn Prozentpunkte verliert".