Türken geben Erdogan fast unumschränkte Macht
Sieg des Staatschefs fällt mit 51,4 Prozent der Stimmen weit knapper aus als von ihm erwartet.
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ANKARA. Mit einer knappen Mehrheit von 51,4 Prozent der Stimmen hat der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan bei der Volksabstimmung vom Sonntag sein Präsidialsystem durchgebracht. Unter der neuen Verfassung kann Erdogan ohne Mitwirkung des Parlaments Gesetze erlassen, Minister berufen und den Haushalt aufstellen, leitende Richter berufen und Staatsbeamte einsetzen. Die größte Oppositionspartei CHP spricht von Unregelmäßigkeiten und will die Abstimmung anfechten.
Bereits am Montag rief Erdogan das Kabinett unter seinem Vorsitz zusammen. Mit der neuen Verfassung wird das Amt des Premierministers abgeschafft, dessen Kompetenzen werden dem Staatspräsidenten übertragen.
Dazu soll es zwar erst in zweieinhalb Jahren kommen, Beobachter erwarten aber, dass Erdogan nicht so lange wartet, sondern die für den 3. November 2019 angesetzten ersten gemeinsamen Präsidenten- und Parlamentswahlen vorziehen könnte. Bis Ende 2019 könnte sich nämlich die Wirtschaftslage weiter verschlechtern – während Erdogan jetzt noch Chancen auf eine Zweidrittelmehrheit im nächsten Parlament hat.
Erdogan hatte im Wahlkampf 60 Prozent Ja-Stimmen als sein Wunschziel genannt. Mit knapp 51,2 Prozent blieb er um 0,6 Prozent unter dem Ergebnis, das er bei der Präsidentenwahl 2014 erzielt hatte. Die Wahlbeteiligung lag nach vorläufigen Angaben bei 85 Prozent. Ohne die Stimmen der Auslandstürken, die in Deutschland mit 63 Prozent, in den Niederlanden und Österreich sogar mit 71 und 73,5 Prozent für das Präsidialsystem votierten, wäre das Ergebnis noch knapper ausgefallen.
Besonders bitter für das Regierungslager: 17 von 30 Großstädten stimmten mit Nein, darunter die Metropole Ankara. Erdogan sprach von einer "historischen Entscheidung". Er will nun zügig die Todesstrafe wieder einführen.
Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierten, Gegner der Verfassungsänderung seien im Wahlkampf behindert und eingeschüchtert worden. Im Streit vor einem Wahllokal in der kurdischen Provinz Diyarbakir sind zwei Menschen getötet worden.
» Wahlanalyse: Die Abstimmung unter den Türken in Deutschland » Reportage: Die Stimmung in der Türkei nach dem Referendum » Leitartikel
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