Account/Login

Sportangler retten Fische mit Strom - 1052 Tiere im Gewerbekanal

Nach dem Bachabschlag kommen die Sportangler, um die Fische im trockenfallenden Gewerbekanal zu retten – ein Job mit viel Zeitdruck und Spannung.  

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
1/2
Angeln mit Tunnelblick: Die Sportangler tauchen in den Tunnel unter der Uni ein, der Kescher in der Mitte ist der Pluspol fürs Elektrofischen. Noch führt der Gewerbekanal Wasser. Foto: Rita Eggstein

Bachabschlag: Der Runzmeister stoppt den Zufluss der Dreisam. Ab jetzt läuft die Zeit, denn das Wasser im Gewerbekanal läuft ab. Die Angler haben einen spannungsreichen Job an diesem Samstag: Bevor die Fische auf dem Trockenen landen, müssen die Männer sie aus dem Wasser holen – mit Strom.

Morgens um 8 Uhr senkt sich die Stellfalle am Sandfang. In den Gewerbekanal strömt kaum mehr Wasser ein. Die Lebensgrundlage der Fische schwindet. "Sie ziehen sich jetzt in Vertiefungen zurück", erklärt Franz Bühler, der Vorsitzende des Angelsportvereins Freiburg. Der rückt seit mehr als 40 Jahren beim Bachabschlag zum Abfischen an – am Samstag mit einem Dutzend Männern, Eimern, Zubehör und Stromaggregat. Im Kanal watet Gewässerwart Michael Münzer vorneweg mit einem Kescher, dem Pluspol. Der letzte der Gruppe trägt das ratternde Aggregat und schleift ein Kupferkabel hinter sich her, den Minuspol. Das Elektrofeld zwischen den beiden betäubt eine Forelle. Sie wird Kiel oben vom Pluspol angezogen, von Gerhard Nuss in einen Eimer verfrachtet. In dem zappelt ein Rudel Mini-Forellen schon wieder munter. Für Menschen wäre der Elektroschock gefährlich: Wer Kontakt mit dem Wasser bekommt, fischt böse eine, weiß Heinrich Boch aus Erfahrung. Seine Kollegen im Wasser tragen Anglerstiefel und Handschuhe aus isolierendem dicken Gummi und strecken den Eimer hoch zur Kartäuserstraße. Die Fische kommen in ein Bassin auf einem Pritschenwagen. Die Angler stapfen weiter durch den Kanal, sammeln eimerweise Fische und gehen tief gebückt unter einer Brücke durch.

Auf der steht Heinz Haag vom Garten- und Tiefbauamt. Das wird in den nächsten sechs Wochen den Gewerbekanal von Grund auf reinigen, Schlamm und Müll entfernen. "Da lagen schon gestohlene Räder, Geldbörsen und eine Waschmaschine drin", sagt Haag. Der Kanal, der seit dem Mittelalter besteht und auch die Bächle speist, und ist 9,5 Kilometer lang. Während der Trockenzeit werden Reparaturen an Mauern erledigt, am Rotteckring Natursteingewölbe für die neue Stadtbahntrasse verstärkt und saniert, erklärt Haag, als die Angler Stau beim Mez-Gelände melden: Die Stellfalle bei einer der sieben Wasserkraftturbinen im Kanal ist noch zu, das Wasser hoch. Kaum ist das Problem gelöst, taucht ein neues auf: Unter einem Steg ist kein Durchkommen. Die Männer holen so viele Fische raus wie möglich. "98 Prozent kriegen wir", schätzt Michael Münzer. Die Angler freuen sich über jedes Tier, über Mühlkoppen, Bachneunaugen, Schmerlen, Elritzen, Giebel, besonders über einen kleinen Aal und eine 60 Zentimeter lange, kapitale Forelle. Kommen die schönsten Exemplare abends in die Pfanne? "Nix!", sagt Boch. "Die werden in der Dreisam freigelassen", erklärt Bühler, "auch wenn der Magen knurrt." Die Elektrofischer arbeiten sich weiter vor, unterm Schlossbergring durch, am Stein-Krokodil vorbei, bekommen bei der Brauerei Feierling was hinter die Kiemen, ziehen durch die Fischerau und tauchen ein in den Tunnel unterm Uni-Kollegiengebäude IV, der stockdunkel und mehrere hundert Meter lang ist. Über- und unterirdisch folgen sie dem Nordarm des Kanals von der Fehrenbach-Gewerbeschule bis zu Solvay im Industriegebiet Nord. Am Abend wissen die Sportangler, was sie getan haben, auch dank ihrer Strichliste: 1052 Fische sind gerettet, die meisten Bachforellen.

Die Angler

Der Angelsportverein Freiburg ist der größte Südbadens. Er wurde 1935 gegründet, hat 550 Mitglieder, zwei eigene Seen und 25 Gewässer in und um Freiburg gepachtet – das größte ist der Opfinger See. Weil der nach dem Ende des Kiesabbaus zum Teil gesperrt werden soll, gibt’s Knies. Die Angler wollen mit ihren Booten auch aufs nördliche Drittel. Ob das mit der Biotopschutzzone vereinbar ist, soll jetzt ein Gutachten klären. Zu den Aufgaben des Vereins gehört – neben dem Angeln – die Hege und Pflege der Gewässer und der Fische, die in ihnen leben. Die Sportangler kaufen und setzen Jungfische ein, arbeiten mit Ämtern zusammen und sind zuständig für die Bergung der Fische bei Notfällen wie Trockenheit oder Abschlägen. Mehr Infos und Kontakt gibt’s auf der Internetseite http://www.asv-freiburg.net

Ressort: Freiburg

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel