Sorry, oh Tannen baum
Bislang tat’s ein Baum im Topf aufm Balkon. Dieses Jahr soll es im Wohnzimmer unbedingt mal nach frischen Tannennadeln duften – dabei werden die Skrupel täglich größer und größer.
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Das hatte zum einen den Vorteil, dass Menschen, die unseren Wohn-/Essbereich gelegentlich als Indoor-Fußballfeld, Turnhalle oder Trainingsbereich für Höhlenexpeditionen missbrauchten, auch im Dezember mehr Entfaltungsmöglichkeiten und weniger Abschussfläche hatten. Zum anderen habe ich mich immer ziemlich gut damit gefühlt, dass unseretwegen bis dato kein Baum sterben musste. Zumal der Baum auf dem Balkon sich trotz ungenügender Pflanzenkunde meistens bester Gesundheit erfreute. Selbst einen hartnäckigen Pilzbefall überlebte er bravourös und auf einen Schuss Düngemittel reagierte er jedes Mal entfesselt und trieb aus wie verrückt.
Dass ich ihn vor geraumer Zeit an einen weniger prominenten Ort umzog – zugunsten einer kanarischen Dattelpalme (ich berichtete) – nahm er mir in keiner Weise übel. Und da er von seinem aktuellen Standort nicht ins Wohnzimmer gucken kann, plane ich, seine Konkurrenz aus dem Nordmanntannenbereich einfach heimlich im Dunklen an ihm vorbeizuschmuggeln. Einen erneuten Ortswechsel samt mutmaßlichem Temperaturschock will ich ihm einfach nicht zumuten.
Wenige Tage vor Weihnachten plagen mich nun jedoch Gewissensbisse. Aus demselben Grund, warum ich Schnittblumen nicht mag, will ich eigentlich auch keinen zum Vertrocknen verdammten Hackbaum. Schnittlauch dagegen mag ich sehr, und auch Thymianstängel rupfe ich auf dem Balkon völlig ungerührt ab und esse sie sogar.
In all meiner Widersprüchlichkeit ertappe mich dabei, wie ich mir den Standardspruch begeisterter Schnitzelesser passend mache. Frei nach dem Motto "Das Schwein ist ja eh schon tot", sage ich mir "Die Nordmanntanne kann ich eh nicht retten", fahre zum Baumarkt und kaufe im ersten Schritt einen Christbaumständer. Der Plan ist nun, dass es am Wochenende schneit und meine Mitbewohner und ich bei Glühwein und Crêpes einen wunderschönen Weihnachtsbaum aussuchen und ihn dann auf dem Schlitten heimfahren. Die Realität wird wahrscheinlich eher was mit Dauerschiff und Fahrradanhänger zu tun haben, aber wenn man schon mit Vorsatz sündigt, kann man sich wenigstens volle Kanne drauf freuen.
Und Schönreden geht eh immer: Längst gibt es schlaue Menschen, die sich überlegt haben, was man mit einem Christbaum so alles anstellen kann. Dem Vernehmen nach sind Tannennadeln wahre Aromabomben. Von Tannennadeltee bis Fichtenbutter ist da einiges möglich – vorausgesetzt der Baum ist bio. Und aus dem Holz lassen sich scheinbar hervorragend Knöpfe herstellen. Hoch motiviert wünsche mir nun also ein Schnitzmesser zu Weihnachten und blicke dieser Zweitverwertung gespannt entgegen.
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