Sich treiben und reinziehen lassen

Multidisziplinär: "Zeitverschwendung!" nennt sich die dritte Kunstnacht im E-Werk Freiburg.  

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Grenzüberschreitend: die Kunstnacht im E-Werk  | Foto: Tom Schneider
Grenzüberschreitend: die Kunstnacht im E-Werk Foto: Tom Schneider
Eigentlich kann man sie ja gar nicht verschwenden, die Zeit: Wie soll das gehen, wenn man doch gar nicht weiß, wie sie existiert, geschweige denn welche hat? "Zeitverschwendung!" heißt die dritte Kunstnacht im E-Werk Freiburg. Die theatrale Arbeitsgemeinschaft OFF deluxe lädt ein zum Zeit verprassen, mit Performances, Ausstellungen, Tanz und Konzerten, die Bildhauerhalle ist geöffnet. Viel Programm, und doch soll sich das E-Werk in "eine zeitlose Zone" verwandeln: "Wir müssen uns noch genau überlegen, wie wir die Abfolge kommunizieren, vielleicht läuft ein Hase durch das Haus...", sagt Regisseur Tom Schneider, mit Anna Shumaylova (Produktionsleitung und Performance) und Dramaturg Tobias Ergenzinger drei Fünftel von OFF deluxe.

Wer also schlicht und einfach ein Konzert sehen will, der muss womöglich ein wenig Zeit mitbringen – zum Ausweichen und Trödeln. Oder Abhängen. "Auch das Wohnzimmer ist so ein Ort der Zeitverschwendung", sagt Ergenzinger, "das Wohnzimmer bei OFF deluxe bietet herausragende Tanz-Videos zur Entspannung", während an anderer Stelle ein Solo-Tanzwettbewerb stattfindet: "Es haben sich so viele Leute beworben, dass wir sogar auswählen konnten", sagt Regisseur Schneider, "aus drei Ländern und ganz Deutschland", ergänzt Anna Shumaylova, die bei der Eröffnung des Abends durch OFF deluxe selbst auftritt. In einer Art theatralischen Installation, zu der Regisseur Schneider nur so viel verrät: "Man schleicht sich so in den Abend."

Überhaupt: Schleichen, sich treiben und reinziehen lassen sind so Schlagworte für die Kunstnacht, bei der auch eine quasi schon legendäre Truppe wie das Schweizer Beerdigungsorchester Dead Brothers mitmischt. Die Truppe hat die aktuelle Konzert-Performance "Inside the Black Apple" mit der Band produziert, Regisseur Tom Schneider und Bandchef Alain Croubalian kennen sich schon länger. Doch wie passt so eine groteske Americana-Kapelle zu einem radikalen Konzept wie das des Duos Ganzfeld, dessen Akteure zwischen Video-Installationen und imposanter Geräuschkulisse quasi verschwinden? "Es geht darum, dass die Projekte über das Gewöhnliche hinausgehen", sagt Ergenzinger. "Bei den Dead Brothers ist es das theatralische Moment", sagt Schneider. "Ganzfeld ist unter den zehn besten von 130 weltweiten Bewerbern des "Visual Music Awards", erzählt Schumaylova. Außerdem schadet es ja nicht, wenn nicht nur die Sparten unterschiedlich sind und sich vermischen, sondern auch die Musikstile.

Wenn der Besucher mit was ganz anderem als dem Gewohnten konfrontiert wird, kann das eine heilsame Erfahrung sein. Heilsam passt auch zur Wirkung von Easter, einem minimalistischen Elektronik-Duo aus Berlin, das mit androgynem Sprechgesang und vorsichtig getupfter Musik klar und beruhigend klingt. Ein gutes Beispiel dafür, dass sich Musik am besten dafür eignet, Zeit vergessen zu machen und zu verschwenden. Dagegen experimentiert das Tanz-Kollektiv Koma ganz bewusst mit Zeit-Erfahrung. Bei der Langzeit-Performance während der Kunstnacht spielt ein Radiergummi eine tragende Rolle. "Zeitverschwendung!" Das Ausrufezeichen markiert die Aufforderung. Noch besser: Als Amateurzeitverschwender können wir auch Zeit verschenken, zum Beispiel den Akteuren dieses Abends. Es ist auf jeden Fall keine vergeudete Zeit.
– "Zeitverschwendung!", Freiburg,
E-Werk, Samstag, 20. Juni, ab 19 Uhr.
BZ-Kartenservice Tel. 0761/4968888.

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