Account/Login

Rechtsformen der Profifußballclubs

Rechtsexperte über Strukturen wie beim SC Freiburg: "Ein e.V. als Proficlub ist rechtlich heikel"

Hinter den Kulissen gibt's beim SC Freiburg viel Unruhe, seit der ehrenamtliche Präsident nicht zur Wiederwahl zugelassen wurde. Ist der SC als e.V. noch richtig aufgestellt? Der Jurist Alexander Scheuch, Experte für Rechtsformen im Profifußball, gibt Antworten.  

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Der SC Freiburg ist sportlich auch unt...en den Kulissen, im Verein, rumort es.  | Foto: Achim Keller
Der SC Freiburg ist sportlich auch unter dem neuen Trainer Julian Schuster hervorragend im Rennen, aber hinten den Kulissen, im Verein, rumort es. Foto: Achim Keller

BZ: Herr Scheuch, es gibt in dieser Saison sechs Clubs mit e.V.-Struktur in der Bundesliga. Warum sind die eingetragenen Vereine in der Minderheit?

Es gibt ja seit Ende der 90er-Jahre die Möglichkeit, die Lizenzspielerabteilung, also den Profibereich, in eine Kapitalgesellschaft zu übertragen unter Berücksichtigung der ominösen 50-plus-1-Regel. Davon haben viele Clubs Gebrauch gemacht, weil es letztlich die einzige Möglichkeit ist, Kapitalgeber als Investoren ins Boot zu holen. So etwas geht bei einem eingetragenen Verein nicht, da kann man zwar Mitglied werden und bekommt dann den gleichen Anteil wie jedes andere Mitglied auch, das ist aber anders als bei einer Kapitalgesellschaft kein Investment, durch das versucht wird, eine Eigenkapital-Rendite zu erzielen. Viele Vereine haben sich damals dem neuen Konzept geöffnet, ohne sofort einen Investor zu beteiligen. Viele haben aber auch Gebrauch davon gemacht.

Alexander Scheuch, 39, ist Jurist und war Justiziar beim 1. FC Köln. Er ist Professor an der Uni Bonn und dort Direktor des Instituts für Handels- und Wirtschaftsrecht.

BZ: Zum Beispiel?

Bayern München hatte als Aktiengesellschaft von Anfang an Partner und hat seine Partnerschaften immer weiter ausgebaut. Auch der VfB Stuttgart hat eine AG, inzwischen mit den Anteilseignern Porsche und Daimler. Borussia Dortmund ist als einziger Bundesligist an die Börse gegangen.

Bei der Mitgliederversammlung des SC F...r Vorsitzende des Ehrenrats abgewählt,  | Foto: Achim Keller
Bei der Mitgliederversammlung des SC Freiburg, zu der etwa 1000 der mehr als 70.000 Mitglieder kamen, ging es vor zwei Wochen hoch her. Das Präsidentenamt ist vakant, der Vorsitzende des Ehrenrats abgewählt, Foto: Achim Keller

BZ: Wie genau geht so eine Ausgliederung vonstatten?

Ein Teil der Vermögensgegenstände und Vertragsbeziehungen wird aus dem e.V. "rausgeschnitten" und auf eine Ebene nach unten verlagert, in eine eigene Gesellschaft. Man schafft so eine neue juristische Person. Nach der Ausgliederung gehören erst einmal 100 Prozent der Anteile, ob das nun Aktien oder GmbH-Geschäftsanteile sind, dem e.V. Der hat somit eine hundertprozentige Tochtergesellschaft und in dieser finden wir dann zumindest die abgeschlossenen Spielerverträge, die Verträge mit Trainern und den Leitern des operativen Geschäfts, also GmbH-Geschäftsführer oder AG-Vorstand. Wenn einem Verein das Stadion gehört, wird das vielleicht auch noch mit in diese Gesellschaft gepackt. Der eigentliche Mutter- oder Stammverein bestimmt die Geschicke dieser Tochtergesellschaft fortan nur noch mittelbar.

BZ: Gibt es noch einen Grund für die Umwandlung des Profibereichs, außer dass es "frisches" Geld gibt?

Meines Erachtens ist es rechtlich heikel, in der Rechtsform des e.V. einen professionellen Fußballclub zu betreiben. Viele würden sagen, dass es sogar rechtswidrig ist.

BZ: Inwiefern?

Juristen nennen das eine "Rechtsformverfehlung": Es ist nicht vorgesehen, dass große Wirtschaftsunternehmen die Rechtsform eines Vereins haben. Vor allem, weil es da keine Gläubiger-Schutzmechanismen in dem Umfang gibt, wie es diese im Kapitalgesellschaftsrecht, zum Beispiel bei einer GmbH oder Aktiengesellschaft, gibt, wo dafür gesorgt werden muss, dass das Stamm- bzw. Grundkapital erhalten bleibt. Das alles gibt es im Vereinsrecht nicht, es ist ganz klassisch einfach auf kleine Vereine ausgelegt. Wer ein Wirtschaftsunternehmen sein möchte, soll eine GmbH, Aktiengesellschaft oder Genossenschaft werden, aber kann kein eingetragener Verein sein. Es ist die ziemlich herrschende Rechtsmeinung, dass man durch die Ausgliederung in eine Kapitalgesellschaft diesen Bedenken Rechnung trägt und die Ausgliederung rechtlich sicherlich die sicherere Variante ist.

Der Jurist und Hochschulprofessor Alex...echtsformen im deutschen Profifußball.  | Foto: Y. Mester  (Fakultät für Rechtswissenschaft Uni Bonn)
Der Jurist und Hochschulprofessor Alexander Scheuch von der Universität Bonn ist Experte in Vereinsrecht und Rechtsformen im deutschen Profifußball. Foto: Y. Mester  (Fakultät für Rechtswissenschaft Uni Bonn)

BZ: Wenn das Vereinsrecht gar nicht für Erstliga-Fußballclubs passt, was bedeutet das für die verbliebenen e.V.s?

In letzter Konsequenz müsste das Registergericht eigentlich sagen: "Hört zu, wenn jetzt nicht bald die Ausgliederung kommt, löschen wir euch irgendwann als Verein." In Mainz war das so, aber irgendwann ist das Registergericht dort doch eingeknickt und hat gesagt: "Wenn das Finanzamt sagt, mit eurer Gemeinnützigkeit ist alles in Ordnung, dann könnt ihr auch e.V. bleiben." Aber streng genommen ist beides nicht miteinander verknüpft. Natürlich wäre es auch ein Politikum, wenn das lokale Registergericht anfinge, den lokalen Profi-Club zu löschen.

BZ: Ein e.V. im Profifußball ist also juristische Grauzone?

Dunkelgrauzone.

BZ: Aber gekoppelt an Umsatzzahlen ist diese Rechtsform nicht? Dass zum Beispiel ein Verein mit über 100.000 Euro Umsatz – der SC Freiburg hat die 200-Millionen-Grenze überschritten – kein e.V. mehr sein kann.

Nein, sie ist nicht gekoppelt an bestimmte Summen. Aber will ein e.V. selbst wirtschaftlich tätig sein, muss er vor allem zwei Dinge beachten: Er darf keine Gewinne ausschütten und die wirtschaftliche Aktivität muss einem übergeordneten ideellen Zweck dienen. Man muss aber – wenn wir ehrlich sind – sehr daran zweifeln, dass die Profiabteilung eine Bundesligaclubs der gemeinnützigen Förderung des Sports dient. Sportlichen Erfolg auf Bundesliga-Level zu haben, ist zum Großteil ein Selbstzweck.

BZ: Wie können die Mitglieder trotz Ausgliederung noch mitreden?

Trotz Ausgliederung gibt weiterhin der Verein den Ton in der Tochtergesellschaft an. Er wird dort vom Vereinsvorstand vertreten. Die Mitgliederversammlung des Vereins könnte nun theoretisch den Vereinsvorstand anweisen, auf Ebene der Tochtergesellschaft bestimmte Dinge zu tun oder auch nicht. In der Praxis sehen die meisten Vereinssatzungen aber vor, dass die Mitgliederversammlung normalerweise nicht in den Profibereich reinregieren darf. Man findet aber für besonders wichtige Sachen Ausnahmen davon. Zum Beispiel haben viele in ihrer Vereinssatzung stehen, dass der Vereinsvorstand in der Tochtergesellschaft nur dann zustimmen darf, Anteile zu verkaufen, wenn vorher im eingetragenen Verein die Mitgliederversammlung dem zugestimmt hat, zum Beispiel im Fall einer Abgabe von mehr als 25 Prozent der Anteile. Sobald man die Kapitalgesellschaft gegründet hat, kann man grundsätzlich externe Geldgeber als Gesellschafter mit reinholen gemäß 50 plus 1, also bei einer GmbH oder AG bis zu 49,9 Prozent. Ein Sonderfall, den viele in der Bundesliga gewählt haben, ist die GmbH und Co. KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien). Bei diesem Modell gibt es noch eine Gesellschaft mehr: Die GmbH ist dabei die persönlich haftende Gesellschafterin in der KGaA, macht auch die Geschäftsführung und muss in so einem Fall – siehe Dortmund, Köln, Bremen – zu 100 Prozent vom Verein beherrscht sein. Dafür darf man aber auch alle Aktien an Dritte abgeben, also das komplette Kapital, zum Beispiel über die Börse. Trotzdem bestimmt die GmbH als Komplementärin, als persönlich haftende Gesellschafterin, die Geschicke, also das operative Geschäft. Das macht diese auf den ersten Blick komische Mischrechtsform "Kommanditgesellschaft auf Aktien" so attraktiv und verbreitet in der Bundesliga.

Unter den Fans wird über den nicht wie...s an einen eingetragenen Verein".  | Foto: Achim Keller
Unter den Fans wird über den nicht wieder zur Wahl nominierten Präsidenten Eberhard Fugmann debattiert. Noch immer ist nicht bekannt, warum die Clubspitze nach seiner dreijährigen Amtszeit unzufrieden mit ihm war. Die "Süddeutsche Zeitung" schrieb zum Streit im SC: Was Transparenz und Debattenkultur angeht, erinnere der SC "eher an einen Geheimbund als an einen eingetragenen Verein". Foto: Achim Keller

BZ: Wo also haben die Mitglieder noch wirklich Einfluss in einem ausgegliederten Modell?

Die Mitglieder haben grundsätzlich nur in einem e.V. Einfluss und Mitspracherecht, außer man ermöglicht zum Beispiel auf der Ebene der Kapitalgesellschaft eine Mitgliederbeteiligung. Beim Hamburger SV war das ein Ziel der letzten Umstrukturierung, einen Supporters Trust einzurichten, sodass sich Fans auch auf Ebene der operativen Lizenzspieler-Gesellschaft Anteile sichern können.

Ressort: SC Freiburg

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare (1)

Um Artikel auf BZ-Online kommentieren zu können müssen Sie bei "Meine BZ" angemeldet sein.
Beachten Sie bitte unsere Diskussionsregeln, die Netiquette.

Sie haben noch keinen "Meine BZ" Account? Jetzt registrieren

Anton Behringer

10354 seit 14. Apr 2018

Wenn es darum geht, dass der SC in Freiburg für über 130 Mio. ein neues Stadion inkl. Anbindung bekommen hat, welches zum größten Teil die Stadt bezahlt hat und er das neue und sein altes Stadion und weitere Spielstätten relativ günstig nutzen kann, dann wird einem sofort entgegnet: ja, aber der SC bringt Freiburg und der Regio wahnsinnig viel und er zahlt viel Steuern usw.

Das „Millionenunternehmen“ SC Freiburg fortdauernd als e.V. zu führen dürfte wohl maßgeblich auch steuerliche Gründe haben, aber das wird in der BZ nicht mal in Erwägung gezogen.

Ich freue mich über den sportlichen wie wirtschaftlichen Erfolg des SC. Was mich ärgert, ist, dass man seitens der Stadt dem hochprofitablen Club unnötig das Ergebnis aufpoliert und an anderer Stelle dafür jemand die Zeche bezahlt.
Der Eissportgemeinde hat man vor Jahren ein neues Stadion versprochen. Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.
Die Universität muss ausbaden, dass der SC das alte Stadion absprachewidrig vollständig behalten darf.
Die Bürger zahlen seit letztem Jahr viel mehr für den Badeintritt, weil die Stadt lieber dort sparen will. Wegen 500.000 €, die man am Ende nicht mal einspart, hat man massiv an der Preisschraube gedreht. Den reichen SC fasst das arme FR grundlos mit Samthandschuhen an. Eine Pachtregelung, die bei Abstieg zur Pachtreduktion führt aber bei klingender Kasse nicht zu einer Erhöhung, ist ein weiterer Beleg dafür, dass für die Stadtgesellschaft schlecht verhandelt wird.


Weitere Artikel