Fall Maria L.
Plädoyers im Fall Hussein K. könnten ohne Öffentlichkeit stattfinden
Es geht dem Ende zu: Im Mordprozess gegen Hussein K. sollen am Freitag die Plädoyers gehalten werden. Das wird wohl unter Ausschluss der Öffentlichkeit geschehen.
Do, 8. Mär 2018, 8:54 Uhr
Südwest
Thema: Fall Maria L.
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Aus Fragen von Rechtsanwalt Bernhard Kramer an Zeugen lässt sich vermuten, dass es bei K.'s nicht-öffentlicher Aussage um Selbstmordanschläge von Kindern im afghanischen Ghazni – nach Aussage des Angeklagten seine Geburts- und Heimatstadt – und um kleine Jungs in Koranschulen ging, die als Mädchen verkleidet vergewaltigt wurden. Ob und inwiefern Hussein K. solche Erlebnisse widerfahren sind, ist der Öffentlichkeit nicht bekannt. Auch nicht, ob es Beweise gibt, die K.’s nicht-öffentliche Aussage stützen.
In jedem Fall sieht Paragraf 171b des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG)vor, dass für Schlussanträge die Öffentlichkeit auszuschließen ist, wenn zuvor im Prozess ebenfalls die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde wie in diesem Fall zum Schutz des Angeklagten Hussein K. Eine Rechtsvorschrift, mit der dieser Ausschluss für die Plädoyers wieder aufgehoben werden kann, gebe es nicht, wie Michael Mächtel, Sprecher der Staatsanwaltschaft, bestätigt. Es sei denn, der Betroffene, hier K., widerspräche dem Ausschluss für die Plädoyers explizit.
Dennoch beantragte Oberstaatsanwalt Eckart Berger am vergangenen Freitag in der Verhandlung, dass die Öffentlichkeit bei den Plädoyers zugelassen wird. Nebenklage-Anwalt Bernhard Kramer, der die Familie des Opfers Maria L. vertritt, schloss sich dem Antrag an. Er werde, sagte Berger, darlegen, dass die Angaben des Angeklagten unrichtig waren und es sich deshalb gar nicht um geheimhaltungsbedürftige Angaben handle.
In der Tat gibt es bei Hussein K.’s Angaben viele Widersprüche zu Herkunft (es gibt deutliche Hinweise, dass er aus dem Iran stammt), Biografie und Alter. Sie passen weder zu den Aussagen, die K. zum Beispiel gegenüber seiner Schwester per Whatsapp gemacht hat, noch zu Zeugenaussagen. Berger geht davon aus, dass K.’s Schutzwürdigkeit, mit der der Ausschluss der Öffentlichkeit im September begründet wurde, nicht gegeben ist, weil es sich um Lügen handele. Lässt das Gericht die Öffentlichkeit zu – verkündet wird seine Entscheidung morgen zu Prozessbeginn –, könnte dies indes aufgrund von Paragraf 171b GVG ein Revisionsgrund sein.
Die Verkündung des Urteils am 22. März muss aber in jedem Fall öffentlich sein. Sollte das Gericht in der Urteilsbegründung Bezug auf den nicht-öffentlichen Teil von K.’s Aussage nehmen, hat es die Möglichkeit, Details auszusparen oder zu umschreiben, um die Intimsphäre des Angeklagten zu schützen.
- Der erste Prozesstag: Hussein K. sagt aus – aber macht noch kein Geständnis am ersten Prozesstag
- Der zweite Prozesstag: Hussein K. hat möglicherweise auch im Iran ein Mädchen vergewaltigt
- Der dritte Prozesstag: Zeugen nahmen Hussein K. nicht als erkennbar betrunken wahr
- Der vierte Prozesstag: Zellengenosse verstrickt sich in widersprüchlichen Aussagen
- Der fünfte Prozesstag: Pflegemutter und Jugendamt sagen aus
- Der sechste Prozesstag: Ex-Mitbewohner erzählt von Hussein K.s Drogenkonsum
- Der siebte Prozesstag: Pflegevater sagt aus, Hussein K. habe nach der Tat in den Iran reisen wollen
- Der achte Prozesstag: Freund von Hussein K. beschreibt dessen Verhalten nach der Tatnacht
- Der neunte Prozesstag: Urteil im Mordprozess Maria L. voraussichtlich erst 2018
- Der zehnte Prozesstag: Altersgutachterin: Hussein K. ist mindestens 22 Jahre alt
- Der zwölfte Prozesstag: Hussein K. hat erneut einen Suizidversuch unternommen
- Der 13. Prozesstag: Zellengenosse sagt aus, Hussein K. sei im Iran geboren
- Der 14. Prozesstag:Ermittler sagt über Hussein K.s Facebook-Fotos aus
- Der 15. Prozesstag: Vater von Hussein K. nennt Geburtsdatum – Übersetzer geht von Fehler aus
- Der 16. Prozesstag: Verhandlung dauert nur eine Viertelstunde
- Der 17. Prozesstag: Cybercrime-Firma hackte für die Polizei Hussein K.s Handy
- Der 18. Prozesstag: Griechische Ermittler sagen über versuchten Mord auf Korfu aus
- Der 21. Prozesstag: Urteil im Mordprozess gegen Hussein K. soll am 21. März verkündet werden
- Der 22. Prozesstag: Psychiater beurteilt Hussein K. als schuldfähig und rückfallgefährdet
- Dossier: Alle Texte zum Fall Maria L.
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