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Notrufzentralen in Südbaden: alle vier Minuten ein Anruf
Polizei, Rettungsdienste und Feuerwehren in Südbaden werden pro Jahr mehrere hunderttausend Male gerufen. Und die Zahl steigt seit Jahren. Die Mitarbeiter haben einen ziemlich stressigen Job – aber nicht jeder Notfall ist einer.
Mo, 13. Feb 2017, 0:00 Uhr
Südwest
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Beide sitzen im Besprechungsraum der Integrierten Leitstelle in Freiburg. Hinter einer Glasscheibe schauen Mitarbeiter mit Headsets im Ohr auf Monitore, vor diesen Disponenten flackern Landkarten und Einsatzmeldungen über die Bildschirme. Auf dem Tisch liegt ein Flyer. "Wähle 110 für die Polizei", steht darauf, "112 für Rettungsdienst und Feuerwehr." Zitzer leitet das Führungs- und Lagezentrum der Freiburger Polizei, Golecki ist für die Leitstelle von Rettungsdienst und Feuerwehr in Freiburg zuständig. Sie haben mit ihren Kollegen aus Lörrach, Waldshut und Emmendingen den Flyer in einer Auflage von 15 000 Stück drucken lassen, um zu sensibilisieren. "Wir wollen ermutigen, bei uns anzurufen – und wir wollen die Angst nehmen", sagt Zitzer.
134 000 mal hat im vergangenen Jahr das Telefon bei der Freiburger Leitstelle geklingelt, weil jemand die 112 gewählt hatte – sie deckt das Stadtgebiet und den Kreis Breisgau-Hochschwarzwald ab. "Alle vier Minuten ruft jemand an – im Schnitt", sagt Golecki. Das Führungs- und Lagezentrum der Polizei, das für ganz Südbaden zuständig ist, hat 192 000 Einsätze registriert . Die Zahl der Anrufe steigt seit Jahren. "Es sind drei bis fünf Prozent Zuwachs im Jahr", sagt Zitzer.
Gründe dafür gibt es mehrere. Die Region Freiburg ist eine Zuzugsregion, mit der Zahl der Menschen steigt die Zahl der Notfälle. Die Menschen werden aber auch immer älter. Gleichzeitig lösen sich klassische Sozialstrukturen auf: Wenn es den Eltern früher nicht gut ging, kamen die Kinder vorbei und fuhren sie ins Krankenhaus – heute wohnen die Kinder in Hamburg. "Es gibt auch ein Stadt-Land-Gefälle", sagt Roland Schmucker, der die Leitstelle in Emmendingen leitet. "Der Bürger auf dem Land hilft sich selbst, in der Stadt greift man zum Telefon." Der Freiburger Golecki erzählt diese Geschichte: "Nach einem Starkregen in der Innenstadt hatten wir mal ganz viele Anrufe wegen vollgelaufener Keller. Als die Kollegen vor Ort waren, haben sie kleine Pfützen gesehen. Es hätte gereicht, zum Lappen zu greifen. Auf dem Land gibt es solche Anrufe nicht."
Wer den Notruf wählt, ist oft in einer Ausnahmesituation. Er hat Angst, redet schnell, verhaspelt sich, wiederholt Dinge, vergisst andere. Der Disponent in der Leitstelle versucht dann, das Gespräch zu übernehmen und stellen Fragen: Wie heißen Sie? Sind Sie verletzt?
Gleichzeitig schickt er per Tastatur und Maus einen Rettungswagen oder eine Streife los. Oft muss er priorisieren: Ein Herzinfarkt ist dringender als ein Beinbruch, ein Banküberfall dringender als eine Ruhestörung. Dann wieder rufen Leute an und drohen, sich umzubringen. "Das sind stressbelastete Arbeitsplätze", sagt Polizist Zitzer. "Die Leute sind froh, wenn ihre Schicht zu Ende ist – die wollen daheim dann auch nicht mehr telefonieren."
Die Minuten nach dem Absetzen des Notrufs, bis die Sirene endlich zu hören und das Blaulicht endlich zu sehen ist, können lang sein. Die Polizei hat keine offiziellen Zeitvorgaben, die Rettungsdienste schon: Die Frist liegt bei 15 Minuten. Im Kreis Emmendingen funktionierte das im Jahr 2015 – neuere Zahlen hat das zuständige Innenministerium nicht – in 95,7 Prozent der Fälle, im ländlicheren Kreis Waldshut nur in 89,7 Prozent. Die Leitstellen in Offenburg, Freiburg/Breisgau-Hochschwarzwald und Lörrach liegen dazwischen. "Im Stadtgebiet ist es zeitlich grundsätzlich unproblematisch", sagt Zitzer, der Polizist. "Wir haben aber richtig große ländliche Reviere in Südbaden. Wenn wir von Schopfheim auf den Feldberg müssen, kann das dauern – auch mit Sondersignal."
- Wissenswertes: Wann muss man die 110 und wann die 112 wählen?