Nilgänse werden zu Nervensägen

Die aggressive Vogelart breitet sich rasant aus und vertreibt Konkurrenten aus ihrem Revier / Ärger mit den Hinterlassenschaften .  

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Nilgänse breiten sich vor allem an der Rheinschiene aus.   | Foto: dpa
Nilgänse breiten sich vor allem an der Rheinschiene aus. Foto: dpa

KARLSRUHE (dpa). Nilgänse werden in Baden-Württemberg nach Angaben der Stelle für Wildtierforschung Baden-Württemberg zu einem ernsten Problem. Denn die aggressive Gans vermehre sich stark und bedrohe einheimische Arten und Lebensräume. Inzwischen dürfen die Tiere gejagt werden.

Seit 2006 stieg die Zahl der Jagdreviere, in denen die Tiere gesichtet wurden, von 29 auf 228; die der Gemeinden von 24 auf 149. "Vor allem die Rheinschiene ist betroffen", sagte Joachim Thierer, Leiter des Veterinäramtes im Kreis Karlsruhe. "Es gibt eine klare Tendenz, dass die Population rasant wächst." Auch Vogelschützer beobachten die Zunahme, raten aber zur Gelassenheit. Der Naturschutzbund Nabu schätzt die Zahl der Nilgänse auf derzeit etwa 100 bis 150 Brutpaare im Südwesten. Da aber nur ein kleiner Teil des Gänsebestands brütet, dürfte die Zahl aller Nilgänse deutlich höher sein.

Das sei "ein relativ aggressiver Vogel", sagt Nabu-Sprecher Hannes Huber. Eine gezielte Bekämpfung sei jedoch nicht nötig, da wären "Kollateralschäden" zu hoch. Soll heißen: Durch die Schüsse könnten versehentlich andere Vögel getroffen oder durch Lärm gestört werden.

Auch andere Gänsearten – die einheimische Graugans und die eingewanderte Kanadagans – bereiteten Kopfzerbrechen. Denn sie fressen die keimende Saat von Ackerflächen und verursachen Schäden in der Landwirtschaft. Nach Angaben von Vogelkundler Hans-Günther Bauer vom Max-Planck-Institut für Ornithologie leben in Baden-Württemberg inzwischen 150 bis 210 Kanadaganspaare und 400 bis 600 Grauganspaare.

Klagen etwa von Parkbesuchern oder Badegästen über Kot auf Liegewiesen hält Bauer aber für übertrieben und "in höchstem Maße subjektiv". Es gebe keinen Grund, sich vor Verdrängung einheimischer Vogelarten durch die Gänse zu fürchten. "Bestände anderer Vogelarten nehmen vielmehr deshalb ab, weil der Mensch drastisch in die Natur und die Lebensräume eingreift", sagt Bauer. Die Stuttgarter Ornithologin Friederike Woog sieht Nilgänse gelassen. "Sie haben sich zwar deutlich vermehrt, aber ihr Bestand ist noch vergleichsweise niedrig."

Eine Sprecherin der Stadt Mannheim beklagt hingegen, die Nilgänse hätten "durch ihre Hinterlassenschaften immer wieder Badeseen verunreinigt". Am Vogelstangsee habe mehrfach der Sand ausgetauscht werden müssen. In Stuttgart watscheln Nilgänse durch den Schlossgarten. In Heidelberg nerven Kanadagänse und Schwanengänse – "zahlenmäßig am gravierendsten sind aber tatsächlich die Nilgänse", sagt eine Sprecherin. Das größte Problem sei Gänsekot auf Wiesen, etwa am Neckar.

Gänse sind in Baden-Württemberg im Zuge des neuen Jagdgesetzes seit April nicht mehr ganzjährig geschützt, sondern dürfen außerhalb der Schonzeiten gejagt werden. Zuvor bedurfte es dafür aufwendiger Sondergenehmigungen. Doch die Gänsejagd sei zeitintensiv: "Die Tiere sind sehr wachsam und reagieren auf Annäherung sehr empfindlich", sagt Experte Thierer. In Parks oder siedlungsnahen Gebieten dürfe ohnehin nicht geschossen werden. Ob die Jagd überhaupt was bringt, ist zudem umstritten: "Wenn Tiere getötet werden, wird ein Revier frei, und andere Tiere rücken dann nach", sagt Ornithologin Woog. "Es ist aus unserer Sicht nicht so, dass die Zunahme der Nilgänse zu einer Ausweitung des Jagdgesetzes führen soll", sagt eine Sprecherin des Agrarministeriums.

Aus Sicht der Landes-Tierschutzbeauftragten Cornelie Jäger sollten die Behörden ein "Populationsmanagement" prüfen, bei dem Eier gegen Attrappen ausgetauscht werden. Nilgänse nisten zwar häufig in höheren Lagen, also in Bäumen und auf Gebäuden, was die Eierentnahme erschwere. Aus Jägers Sicht könnte so eine Methode dennoch praktikabel sein.

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