Nilgänse werden zu Nervensägen
Die aggressive Vogelart breitet sich rasant aus und vertreibt Konkurrenten aus ihrem Revier / Ärger mit den Hinterlassenschaften .
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KARLSRUHE (dpa). Nilgänse werden in Baden-Württemberg nach Angaben der Stelle für Wildtierforschung Baden-Württemberg zu einem ernsten Problem. Denn die aggressive Gans vermehre sich stark und bedrohe einheimische Arten und Lebensräume. Inzwischen dürfen die Tiere gejagt werden.
Das sei "ein relativ aggressiver Vogel", sagt Nabu-Sprecher Hannes Huber. Eine gezielte Bekämpfung sei jedoch nicht nötig, da wären "Kollateralschäden" zu hoch. Soll heißen: Durch die Schüsse könnten versehentlich andere Vögel getroffen oder durch Lärm gestört werden.
Auch andere Gänsearten – die einheimische Graugans und die eingewanderte Kanadagans – bereiteten Kopfzerbrechen. Denn sie fressen die keimende Saat von Ackerflächen und verursachen Schäden in der Landwirtschaft. Nach Angaben von Vogelkundler Hans-Günther Bauer vom Max-Planck-Institut für Ornithologie leben in Baden-Württemberg inzwischen 150 bis 210 Kanadaganspaare und 400 bis 600 Grauganspaare.
Klagen etwa von Parkbesuchern oder Badegästen über Kot auf Liegewiesen hält Bauer aber für übertrieben und "in höchstem Maße subjektiv". Es gebe keinen Grund, sich vor Verdrängung einheimischer Vogelarten durch die Gänse zu fürchten. "Bestände anderer Vogelarten nehmen vielmehr deshalb ab, weil der Mensch drastisch in die Natur und die Lebensräume eingreift", sagt Bauer. Die Stuttgarter Ornithologin Friederike Woog sieht Nilgänse gelassen. "Sie haben sich zwar deutlich vermehrt, aber ihr Bestand ist noch vergleichsweise niedrig."
Eine Sprecherin der Stadt Mannheim beklagt hingegen, die Nilgänse hätten "durch ihre Hinterlassenschaften immer wieder Badeseen verunreinigt". Am Vogelstangsee habe mehrfach der Sand ausgetauscht werden müssen. In Stuttgart watscheln Nilgänse durch den Schlossgarten. In Heidelberg nerven Kanadagänse und Schwanengänse – "zahlenmäßig am gravierendsten sind aber tatsächlich die Nilgänse", sagt eine Sprecherin. Das größte Problem sei Gänsekot auf Wiesen, etwa am Neckar.
Gänse sind in Baden-Württemberg im Zuge des neuen Jagdgesetzes seit April nicht mehr ganzjährig geschützt, sondern dürfen außerhalb der Schonzeiten gejagt werden. Zuvor bedurfte es dafür aufwendiger Sondergenehmigungen. Doch die Gänsejagd sei zeitintensiv: "Die Tiere sind sehr wachsam und reagieren auf Annäherung sehr empfindlich", sagt Experte Thierer. In Parks oder siedlungsnahen Gebieten dürfe ohnehin nicht geschossen werden. Ob die Jagd überhaupt was bringt, ist zudem umstritten: "Wenn Tiere getötet werden, wird ein Revier frei, und andere Tiere rücken dann nach", sagt Ornithologin Woog. "Es ist aus unserer Sicht nicht so, dass die Zunahme der Nilgänse zu einer Ausweitung des Jagdgesetzes führen soll", sagt eine Sprecherin des Agrarministeriums.
Aus Sicht der Landes-Tierschutzbeauftragten Cornelie Jäger sollten die Behörden ein "Populationsmanagement" prüfen, bei dem Eier gegen Attrappen ausgetauscht werden. Nilgänse nisten zwar häufig in höheren Lagen, also in Bäumen und auf Gebäuden, was die Eierentnahme erschwere. Aus Jägers Sicht könnte so eine Methode dennoch praktikabel sein.
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