Merdingen sucht neuen Himmelsträger

Mit Gottesdienst, Prozession und Pfarrfest feiert die katholische Gemeinde Merdingen immer am ersten Oktobersonntag ihr Patrozinium. Dieses Jahr standen auch die "Himmelträger" im Blickpunkt.

Anton Belledin (rechts) trägt seit 40 ...arald Selinger (links) seit 20 Jahren. | Foto: Christine Weirich — Anton Belledin (rechts) trägt seit 40 Jahren den „Himmel“ bei Prozessionen in Merdingen, Harald Selinger (links) seit 20 Jahren. Foto: Christine Weirich

Das Gemeindeteam der Merdinger Pfarrei St. Remigius organisierte auch in diesem Jahr das Pfarrfest bei der Zehntscheune. Dorthin führte die Prozession mit dem Allerheiligsten, vom Priester getragen, unter dem Schutz eines Baldachins, in Merdingen auch "Himmel" genannt. Seit 40 Jahren als Baldachinträger mit dabei ist Anton Belledin. In diesem Jahr jedoch zum letzten Mal: Am Pfarrfest wurde er mit einer Urkunde und vielen lobenden Worten verabschiedet. Aus dem Viererteam der Baldachinträger wurde auch Harald Selinger für 20 Jahre Dienstzeit geehrt, er macht diesen Dienst weiter.

Der Merdinger Kirchenpatron Remigius gilt als Schutzheiliger vor Pest, Schlangenbissen, Fieber und Halskrankheiten. Er soll aber auch vor Verzagtheit, Versuchungen und religiöser Gleichgültigkeit bewahren, heißt es in einem religiösen Lexikon. Remigius wurde im Jahr 436 in Frankreich geboren. Er soll bereits mit 22 Jahren zum Bischof der Stadt Reims geweiht worden sein. Gestorben ist er am 13. Januar 533. Seine Gebeine wurden dann am 1. Oktober 533 zunächst der Abtei St. Remi übergeben, später dann in die Kathedrale von Reims überführt. Deshalb wird der Remigi-Tag in Merdingen immer am ersten Oktoberwochenende gefeiert.

Anton Belledin ist seit 40 Jahren dabei: Mit drei weiteren Trägern hält er einen kostbar bestickten Baldachin über dem Allerheiligsten, einer geweihten Hostie in einer strahlenförmigen Monstranz. Er gehöre dem Pfarrgemeinderat seit 1984 an, erzählt er. Damals sei das Glockengeläut der Kirche in Merdingen von drei auf fünf Glocken erweitert worden. Die beiden neuen Glocken seien in Karlsruhe gegossen worden. "Glocken werden traditionell immer freitags um drei gegossen, zur Sterbestunde des Herrn", weiß Belledin zu berichten. Er sei beim Gießen dabei gewesen. Danach habe er sich in den Pfarrgemeinderat wählen lassen, seitdem trage er auch den Baldachin. Er habe immer dafür plädiert, dass das Patrozinium erst am Tag des Festes wegen Schlechtwetter abgesagt wird. Aber das sei nur einmal passiert, dass die Prozession nach der ersten Station abgebrochen wurde und man gleich wieder zur Kirche ging. Und nur einmal in den 40 Jahren habe er den Baldachin nicht getragen. Da sei einer der zwei Träger der Figur des Remigius, die wie eine Madonna auch bei der Prozession mitgeführt wird, ausgefallen, für den sei er eingesprungen, erzählt Belledin. Aber zur Ehre Gottes sei ihm keine Arbeit zu viel, sagt der heute 78-jährige gebürtige Merdinger, der bis zu seiner Berentung als Wassermeister im Ort arbeitete. Auch bei der Kirchenrenovierung habe er mitgeholfen und bei vielen sonst anfallenden Arbeiten.

Gedankt wurde auch seitens der Pfarrgemeinde Harald Selinger, der seit 20 Jahren den Baldachin mitträgt. Er sei damals durch seine Schwägerin Isolde Selinger zu diesem Ehrenamt gekommen, sagt er. "Ich habe schon immer gerne unsere Gottesdienste besucht und bin bei Prozessionen in Vereinen mitgelaufen", sagt Selinger. Wenn ein Nachfolger für ihn gefunden werden könnte, reiche er den Baldachinstab gerne weiter. Leider sehe es mit der Nachfolge nicht so gut aus, sagt die Sprecherin des Gemeindeteams Merdingen, Isolde Selinger, in einem Telefonat. Die Bereitschaft für derartige Dienste sei leider nicht mehr so groß. Dabei sei die Traditionswahrung wichtig. Gerade im Hinblick auf die Kinder der Pfarrgemeinde, die mit kleinen Basteleien während der Zeit des Gottesdienstes sich mit dem Leben des Heiligen Remigius befasst haben.

Wer gerne "Himmelträger" werden möchte, kann sich unter 07668/241 oder bei Isolde Selinger 07668/7292 melden. Die nächste Prozession findet an Fronleichnam, am 19. Juni 2025, statt.

Die Redaktion empfiehlt

Wie ist es, auf der Straße zu leben? Zwei Menschen aus Südbaden erzählen ihre Geschichte und aus ihrem Alltag. Bärbel Metzke hat beim Amt nicht lockergelassen - mit Erfolg. Für Joker ist seine Fitness wichtig.

Ressort: Merdingen