Bundesliga-App
Manager-App für Fans begeistert auch die Profis des SC Freiburg
Die Fußball-App Kickbase erfreut sich seit Jahren rasant wachsender Beliebtheit. Das Erfolgsgeheimnis sind die Live-Daten aus der Bundesliga, die die App auswertet. Auch Profis des SC Freiburg zocken mit.
So, 5. Dez 2021, 13:00 Uhr
Deutschland
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Insgesamt hätten sich mehr als zwei Millionen Nutzer in Deutschland registriert, seit er die Manager-App, die sich über eine Mischkalkulation aus Werbung und Abonnements finanziert, mit Freunden 2013 gegründet hat, sagt der Produktdesigner Anatol Korel. Die Zahl der aktuell in Ligen aktiven Manager will er nicht benennen, sie dürfte zumindest mehrere Hunderttausend betragen.
Vom Start weg bestach das Spiel mit einer Idee, die es von Konkurrenten wie dem Kicker-Managerspiel oder Comunio abhob. Nicht nur Tore und Spielernoten finden Eingang in die Bewertung der Leistungen von Kickern – und heben so den Punkteschnitt ihrer Manager. Jeder einzelne Pass in der gegnerischen Hälfte, jede Flanke, jedes verlorene Kopfballduell zählt – und verändert am Smartphone live verfolgbar den Kontostand der Nutzer.
Zu diesen zählen nicht wenige Profis selbst. Thomas Müller, Mats Hummels und Max Kruse haben sich als Kickbase-Anhänger geoutet. Als Stuttgarts Mittelstürmer Saša Kalajdžic, der in einem Spiel gegen Union Berlin zwei Tore erzielte, im Interview nach dem Spiel gefragt wurde, warum er die ganze Zeit auf sein Handy starre, antwortete er: "Ich Trottel habe mich heute bei Kickbase nicht selbst aufgestellt."
Der SC Freiburg darf gar zu den Kickbase-Hochburgen unter den Bundesligisten gezählt werden. Derzeit messen sich sieben SC-Profis in einer Kickbase-Neuner-Liga, die von Busfahrer Stefan Spohn und Zeugwart Max Beckmann komplettiert wird. "Ich liebe es, das Freitag-Spiel zu schauen, wenn zwei Spieler von mir am Start sind. Ich habe dann immer das Handy neben der Fernbedienung liegen", verrät SC-Innenverteidiger Nico Schlotterbeck. "Schlotti" ist derzeit Dritter in der SC-internen Liga. "Als Haaland-Besitzer hat mir seine Verletzung halt wehgetan", erzählt er. Vorne in der SC-Liga stehen Nicolas Höfler und Lucas Höler. "Die tun alles für den Erfolg, sie sind wahnsinnig disziplinierte Manager", verriet Nils Petersen einmal im Podcast von Kickbase.
Nur um die Ehre geht es in der SC-Liga, darum, den Mannschaftskameraden für deren Fehlkauf einen nervenden Spruch reinzudrücken. Nein, er denke nicht darüber nach, ob er den gegnerischen Stürmer in seinem Kickbase-Team habe, wenn der einen Treffer gegen den SC erzielt hat, sagt Schlotterbeck. Erst nach dem Spiel. Man kann sich auch lebhaft die Reaktion von Trainer Christian Streich ausmalen, wenn dem nicht so wäre.
SC-Zeugwart Max Beckmann, der mit Schlotterbeck zum Gespräch gekommen ist, hat in der neuen Spielvariante "Championship" Beachtliches geleistet. Unter 40 000 Managern, die sich hier messen, liegt Beckmann auf Rang 31. Zwischenzeitlich war er Zweiter. "Das habe ich auch dem Aufstellen von Nico und Vince Grifo zu verdanken, sie spielen eine Sahnesaison", lobt Beckmann. In der Tat lässt sich der starke Saisonstart des SC auch in den Kickbase-Statistiken ablesen: Vincenzo Grifo taucht dort nach diversen Bayern- und Dortmund-Stars auf Rang acht auf, Philipp Lienhart ist 18., Nico Schlotterbeck 21. und Lucas Höler 24.
"Wir waren zum Erfolg verdammt", blickt der 34-jährige Anatol Korel, der heute Kickbase-Geschäftsführer ist, zurück. Denn mit der Unternehmensgründung wurde die Opta-Lizenz von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) gekauft. Vom nach den Kriterien der DFL erstellten Opta-Index bekommt Kickbase Rohdaten, bewertet diese mit Punkten. Die Torvorlage eines Mittelfeldspielers gibt 35 Punkte, ein "Pass des Todes" 15, ein geblockter Schuss 10.
Das bringt Ungerechtigkeiten mit sich, speziell das Urteil "Großchance vergeben" sorgt stets für hitzige Debatten in den Kickbase-Foren. Die Zuhilfenahme der Technik funktioniert aber erstaunlich gut. Jedes Pünktchen und dessen Auswirkungen in der Tabelle ihrer Liga sehen die Nutzer Sekunden nach der Aktion im Spiel auf ihren Handy-Monitoren, vorausgesetzt, sie haben ein Abo für einen Euro im Monat gebucht. "Für die Freaks und die Supporter" (Korel) gibt es weitere Features für dann vier Euro pro Monat. Nach wie vor ist die App ohne Live-Daten aber auch kostenlos zu spielen.
Kickbase-Spieler haben ohnehin viele Möglichkeiten, ihren Kader außerhalb der App zu pflegen – wenn sie einer ambitionierten Liga angehören, müssen sie das auch. Sie können auf Medizinfachseiten recherchieren, wie lange die Ausfallzeit bei einem Außenbandriss im Sprunggelenk ist, wenn sie erwägen, einen verletzten Akteur zu erstehen. Sie können Kaufkandidaten in der Sportschau oder im Kicker scouten oder das Bietverhalten und die Risikofreude ihrer Mitspieler analysieren. Oder via Statistiken nach Trainern fahnden, die es mögen, ihr Team nahezu unverändert aufzustellen. Ein Startelfeinsatz ist schon die halbe Miete.
Auch via Spotify lässt sich montags ein Kickbase-Podcast hören, in dem ein Moderatoren-Trio aus Kickbase-Angestellten – der unerschütterliche Lauterer Janni, der Löwen-Nostalgiker Titi und die Eintracht Frankfurt-Anhängerin und Statistik-Expertin Elisa – launig über Spieler schnacken, die bald durchstarten könnten oder die man abstoßen sollte. Im "Maschinenraum" etwa werden dort die Bundesligaspieler gefeiert, die in der letzten Partie einen besonders guten Tag erwischten, also eine "Maschine" waren. Den Freiburger Innenverteidigern Philipp Lienhart und Nico Schlotterbeck wurde diese Ehre in der aktuellen Saison schon mehrfach zuteil.
Vor dem Freitagabend-Spiel gibt es zudem die Kickbase-Pressekonferenz von Titi und Janni, in der letzte Prognosen abgegeben werden, wer es noch oder wieder einmal nicht ("Kingsley Ehizibue ist in Köln unter Steffen Baumgart gefühlt das Gegenteil von einem Trainerliebling") in die Startelf schaffen könnte. Und mitgeteilt wird, wer sich im Abschlusstraining verletzt hat oder positiv getestet wurde und daher ausfällt. Denn nicht zuletzt gilt es für Kickbase-Spieler auch auf dem Laufenden zu bleiben, was das Coronavirus gerade im eigenen Kader so anrichtet. Joshua Kimmich-Besitzer standen hier zuletzt vor einer schweren Entscheidung.
25 Festangestellte hat Kickbase heute, in vielen sozialen Medien ist das Unternehmen aktiv, zieht größere Werbepartner an Land. "Ich bin der Überzeugung, jeder junge Fußballfan, der in ein Managerspiel einsteigt, entscheidet sich heute für uns", sagt Korel. Damit nicht genug. "Wir überlegen, in andere Ligen zu gehen, in die Türkei oder nach Italien. Außerdem wollen wir das Angebot auf Statistiken, Foren, Infos, ein klassisches Tippspiel erweitern." Also Komplettanbieter als Fußball-Plattform werden.
Sein Fußballkonsum habe sich mit Kickbase verändert, meint Anatol Korel. Damit ist er nicht allein. Kickbase-Spieler wechseln ihre Loyalitäten zu den Vereinen mitunter im Wochen-Turnus, sie schauen ein Spiel nicht mehr (nur) aus der Vereinsperspektive, sondern aus der von einzelnen Akteuren.
Letztlich kopieren sie mit ihren Feilschereien im Freundeskreis wenig hinterfragend dieses so knallhart kapitalistische Geschäft, könnten Kritiker sagen. Manche App-Manager lassen dabei mit ihrer Hire-and-Fire-Mentalität sogar einen Felix Magath auf Schalke alt aussehen. Und doch holen sie sich in Zeiten von fragwürdigen Sponsoren und teils exorbitanten Spielergehältern ein Stück Nähe zu den Berufsfußballern zurück – auch weil ein Teil der Profis mit ihnen die Zockerei am Handy teilt. Schließlich sind Kickbase-Spieler nicht nur Fans, sondern eine Mischung aus Sportdirektor und Trainer. Vor allem aber sind sie Mitbetroffene, die mit Daichi Kamada, Florian Grillitsch oder "Schlotti" in den Kickschuhen stehen – und jede vergebene Torchance auf ihrem digitalen Konto verschmerzen müssen.
Spieltagssiegerbesieger – Der Kickbase-Stammtisch mit Nico Schlotterbeck (damals noch als Spieler von Union Berlin): Podcast Schlotterbeck
Spieltagssiegerbesieger – Podcast: Grüne Balken sind nicht teuer (Tipps und Einschätzungen von Titi und Janni in dieser Woche): Podcast Grüne Balken sind nicht teuer
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