Leserbrief: Das Thema wurde weitestgehend verfehlt
Hanjo Schild (Offenburg)
Mi, 18. September 2024
Offenburg
Als erstmaligem Teilnehmer der Salmengespräche, in diesem Jahr zum Artikel 9 (Bildung) der 13 Forderungen des Volkes in Baden aus dem Jahr 1847, kann ich dem kritischen Tenor des Artikels und des Kommentars von Juliana Eiland-Jung nur zustimmen. Am Ende habe ich die Veranstaltung etwas ratlos und einem flauen Gefühl verlassen, gerade auch wegen des guten Rufs der Salmengespräche als demokratische "Denkforen". Dafür kann man die Teilnehmerinnen des Podiumsgesprächs, Autorin Gorelik und Moderatorin Wilke, nur bedingt verantwortlich machen, war es doch offensichtliche Absicht der verantwortlichen Stellen der Stadt eine "niedrigschwellige", wenn zugegebenerweise auch unterhaltsame Dampfplauderei zu veranstalten. Jedenfalls wurde das von Oberbürgermeister Steffens gut eingeführte Thema später weitestgehend verfehlt.
Dabei wäre zum Thema Bildung und Bildungsgerechtigkeit in Deutschland so viel mehr zu sagen gewesen, als über ‘Herzensbildung’, einen(!) empathischen Lehrer und die Rolle des Vaters als Schachlehrer zu philosophieren. Das Versagen der Bildungspolitik, welches dazu führt, dass im deutschen (dreigliedrigen) Bildungssystem Kinder aus sozial schwachen Schichten seit Jahrzehnten strukturell benachteiligt werden, blieb ebenso unerwähnt, wie die Tatsache, dass Bildung ein entscheidender Schlüssel für die wirtschaftliche, soziale, kulturelle und politische Teilhabe darstellt.
Erhellend wäre es auch gewesen, systematischer über umfassende und ganzheitliche Bildungskonzepte und -effekte nachzudenken, über die Rolle formaler, informeller und nicht-formaler Bildung in Kindergarten, Schule, Berufsschule, Betrieb, in Sport- und Kulturvereinen, in der Jugendarbeit, in der Familie und den "peer-groups". Das hätte dazu beitragen können, die erwähnte Herzensbildung, die Empathie und die Lerneffekte beim Schachspielen entsprechend einordnen zu können. Die Frage geeigneter und kompetenter Referentinnen und Referenten hätte in diesem Zusammenhang sicherlich kein Problem dargestellt, denkt man alleine an die Arbeiten des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) zum Thema Bildung. Auf diese Art hätte ein anspruchsvolles politisches Rede- und Denkforum sichergestellt werden können, wie es offenbar bei bisherigen Salmengesprächen der Fall gewesen ist. Hanjo Schild, Offenburg
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