Nicht weit vom Stamm

Kleine Obst-Kulturgeschichte zum Tag des deutschen Apfels

Schneewittchen wird er zum Verhängnis, Troja hat er quasi auf dem Gewissen und die Schweiz strickt eine Sage um die Frucht: Zum Tag des deutschen Apfels zeigen wir, was das Obst bedeutend macht.  

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Den Deutschen ist er die liebste Frucht.  | Foto: Annette Riedl (dpa)
Den Deutschen ist er die liebste Frucht. Foto: Annette Riedl (dpa)
Schneewittchen wird er zum Verhängnis. Auch Troja hat er quasi auf dem Gewissen. Und die Eidgenossen stricken ein Sagen-Brimborium um den Apfel. Es zeigt sich: Er ist mehr als nur Obst.

Die Obst- und Gemüse-Erzeuger rufen jährlich am 11. Januar den "Tag des deutschen Apfels" aus, um "auf die Qualität und Vielfalt heimischer Sorten aufmerksam" zu machen. Doch hat der Apfel auch in der Kultur einen besonderen Platz.
  • Für die Schönste: Eine goldene Frucht mit diesen eingravierten Worten wird zum Zankapfel zwischen den griechischen Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite. Der junge Paris soll entscheiden, wem er gebührt. Aphrodite erhält den Preis, weil sie den trojanischen Prinzen mit der Hand der schönsten Frau auf Erden, Helena, besticht. Das folgende Schicksal ist seit Homers "Ilias" viel erzählt: Helenas geprellter Ehemann Menelaos und seine griechischen Verbündeten ziehen gegen Troja, der Krieg dauert zehn Jahre. Am Ende ist die Stadt dem Erdboden gleichgemacht. Und das alles wegen eines Apfels.
  • Nicht weit vom Stamm: Der Legende nach grübelte Isaac Newton darüber, warum Planeten unentwegt umeinander kreisen. Erst durch einen vom Baum fallenden Apfel (Sorte: "Flower of Kent") soll der britische Physiker vor rund 350 Jahren erkannt haben, dass sich Massen gegenseitig anziehen: sowohl die Erde die Frucht als auch umgekehrt. Nur ist das Gewicht der Erde so gewaltig groß, dass man die Auswirkung der Anziehung durch den Apfel nicht beobachten kann. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Anekdote: Newtons Gesetze zur Schwerkraft und Gravitation erklären Welt und Universum seitdem.
  • Zielgerichtet angelegt: Dritter Aufzug, dritte Szene: "Das war ein Schuss!", heißt es zum Höhepunkt des berühmten Theaterstücks von Friedrich Schiller. "Davon wird man noch reden in den spätsten Zeiten." Wohl wahr. Regelmäßig geht es am Schauplatz in Altdorf (Kanton Uri) erneut um den berühmten Apfel auf dem Kopf seines Sohnes, den der Schweizer Freiheitskämpfer Wilhelm Tell mit dem Pfeil aus der Armbrust treffen muss. Die nächsten Tellspiele sind für 2024 geplant.
  • Adams Apfel: Es ist die Ursünde im Garten Eden. Die nach biblischer Überlieferung ersten Menschen Adam und Eva übertreten das Verbot Gottes und naschen vom Baum der Erkenntnis. Im Buch Genesis ist bloß von einer "Frucht" die Rede. Es wird davon ausgegangen, die Verengung auf den Apfel gehe wohl auf ein Wortspiel mit dem lateinischen Begriff "malum" zurück: Bei kurzem "a" bedeutet er "Unheil", mit langem Vokal "Apfel". Bei Christen ist er in Verbindung mit Jesus auch ein Symbol für die Hoffnung auf Erlösung.
  • Adamsapfel: Der hat natürlich auch irgendwie etwas mit dem Sündenfall im Paradies zu tun. Dem Volksglauben nach ist Adam das abgebissene Stück im Hals stecken geblieben und so zum Stigma der Männer geworden. Biologisch gesehen ist es der Teil des Schildknorpels am Kehlkopf. Dieser Knorpel besteht aus zwei Gewebeschichten, die bei Männern im Winkel von 90 Grad verbunden sind, bei Frauen von 120 Grad. Wegen des Testosterons wächst der Adamsapfel in der Pubertät und tritt stärker hervor als bei Frauen.
  • Es war einmal ein Apfel: "Den roten Backen iss, den weißen will ich essen", säuselt die böse Stiefmutter. Es scheint das Todesurteil für Schneewittchen im Märchen der Brüder Grimm zu sein. Vom giftigen Teil der angebotenen Frucht beißt sie ab und sinkt zu Boden. Bei den Grimms holt später aber nicht etwa der Kuss des Prinzen – wie bei Disney verklärt – das Mädchen ins Leben zurück, sondern ganz profan die Tollpatschigkeit seiner Diener: Mit dem Sarg auf den Schultern stolpern sie, und "der giftige Apfelgrütz" fährt aus dem Hals.
  • Der große Apfel: Warum New York überhaupt den Spitznamen "Big Apple" trägt, ist nicht mehr genau nachvollziehbar. Die Wortkombination wurde bereits zuvor unabhängig von der Metropole benutzt. In Verbindung mit New York ist der Begriff 1909 in einem Buch dokumentiert: Der Mittlere Westen neige zu der Ansicht, "dass der Big Apple einen unverhältnismäßig großen Anteil am nationalen Saft erhält". Doch erst als ein Sportjournalist in den 1920er Jahren eine Kolumne mit dem Titel "Around the Big Apple" startet, wird die Verwendung populär.
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