Harte Worte und Streicheleinheiten

Beim Bürgerdialog versucht Angela Merkel, eine junge Palästinenserin zu trösten / Im Internet löst das Video heftige Debatten aus.  

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Die Kanzlerin tröstet Reem (Mitte), di...mt und in Deutschland bleiben möchte.   | Foto: dpa
Die Kanzlerin tröstet Reem (Mitte), die aus dem Libanon stammt und in Deutschland bleiben möchte. Foto: dpa

BERLIN. Es war ein emotionaler Moment im sonst eher nüchternen Bürgerdialog von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Die Reaktion der Kanzlerin auf ein weinendes Flüchtlingsmädchen hat vor allem im Internet für kontroverse Debatten gesorgt.

Mit echten Menschen reden, das ist für Politiker wie Hochseil ohne Netz – ein Schritt daneben und man kann sich übel verletzen. Am Donnerstag sah es so aus, als würde die Bundeskanzlerin sich eine Blessur zuziehen: Angela Merkel ist zur Zeit unterwegs, um zu signalisieren, dass sie wissen will, was Menschen von der Politik erwarten. Diesen "Bürgerdialog" führte sie am Mittwoch mit 32 Schülern zwischen 14 und 17 Jahren in Rostock. Eine davon war Reem.

Ein knapp dreiminütiges NDR-Video aus der Veranstaltung verbreitete sich am Donnerstag im Netz: Darin berichtet das Mädchen aus dem Libanon von seinem Flüchtlingsschicksal. Es entsteht der Eindruck, die Familie stehe vor der Abschiebung. "Ich weiß nicht, wie meine Zukunft aussieht", sagt Reem. Zu sehen ist eine Kanzlerin, die um Worte ringt: "Das ist manchmal auch hart – Politik." Es entfaltet sich eine beklemmende Situation. Merkel spricht Wahrheiten aus. Nur tut sie es diesmal ins Gesicht einer Jugendlichen hinein, für die diese Worte das Zerbrechen ihrer Welt bedeuten. "Du bist ja ein unheimlich sympathischer Mensch", sagt Merkel, "aber du weißt auch, in palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon gibt es noch Tausende und Tausende. Und wenn wir jetzt sagen: Ihr könnt alle kommen und Ihr könnt alle aus Afrika kommen (...) Das können wir auch nicht schaffen." Statt Hoffnung liefert Merkel schonungslose Sachlichkeit. Und Reem weint. Da geht die Kanzlerin auf das Mädchen zu und versucht, sie zu trösten. Sie sagt auf einen Einwurf des Moderators den fatalen Satz: "Ich weiß, dass das eine belastende Situation ist – aber ich möchte sie einmal streicheln." Man sieht eine Angela Merkel, die angesichts der Situation einfach betroffen ist. Der Clip endet.

Unter dem Hashtag #Merkelstreichelt erlebte die Kanzlerin daraufhin einen Sturm der Entrüstung im Internet: Ihr wurde Kaltherzigkeit und Empathielosigkeit vorgeworfen. Am Mittag stellte die Bundesregierung die Langversion des Videos ins Netz. Dort entstand ein anderer Eindruck: Offensichtlich ist die Familie nicht akut von Abschiebung bedroht, sondern hat eine "Genehmigung", wie das Mädchen berichtet. Der genaue Status bleibt unklar. Im folgenden geht es eher um Pässe, die die Familie braucht, um Verwandte im Libanon zu besuchen. Knapp zwölf Minuten spricht Merkel mit Reem, die nur auf Aufforderung des Moderators ihre Geschichte erzählt. Merkel hakt nach, will es genau wissen. Die Kanzlerin trifft auf die Wirklichkeit. Und die ist manchmal einfach sehr traurig.

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