BZ-Interview

Ganz viel Musik im Kopf

Hattest du schon mal einen Ohrwurm? Also ein Lied, das dir lange im Kopf geblieben ist – und nicht mehr raus wollte? Wie entsteht ein Ohrwurm? Wie geht er wieder weg? Musikmediziner Eckart Altenmüller hat die Antworten.  

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Eckart Altenmüller Foto: HMTM Hannover, Presseabtlg.
BZ: Herr Altenmüller, wann wurden Sie letztmals von einem Ohrwurm geplagt?
Altenmüller: Erst gestern Abend. Da habe ich auf YouTube ein altes Video des Musicals "West Side Story" gesehen. Das Lied "Maria" ging mir anschließend nicht mehr aus dem Kopf: (singt) Maria, Maria, Mariiia, da, da, di, di, di, da …

BZ: Und dann konnten Sie die halbe Nacht nicht schlafen…
Altenmüller: Im Gegenteil! Ich kann ganz wunderbar schlafen, wenn ich einen Ohrwurm im Kopf habe. Es gibt aber auch Menschen, die nicht zum Schlaf kommen, weil der Ohrwurm sie die ganze Nacht verfolgt.

BZ: Zu dieser Sorte Mensch gehöre ich! Jetzt mal ehrlich: Krabbelt da wirklich ein richtiger Wurm durch mein Hirn?
Altenmüller: Zum Glück nicht. Es ist vielmehr ein Gedanke, der einen verfolgt – ein Musik-Gedanke. Ich erkläre es mal: Man hört ein Lied mit einer interessanten Melodie. Die Melodie gelangt über Nervenbahnen ins Gehirn. Im Gehirn gibt es das Zentrum fürs Hören, das die Melodie einspeichert. Gleichzeitig wird beim Hören von Musik aber auch das Zentrum fürs Singen aktiviert. Dieses summt dann die Melodie leise vor sich hin, auch wenn das Lied längst schon rum ist. Dadurch kommt das Zentrum fürs Hören ganz durcheinander, weil es die Melodie erneut einspeichert und diese Info noch mal ans Zentrum fürs Singen sendet.

BZ: Und so entsteht ein richtig fieser Kreislauf, der niemals endet.
Altenmüller: Vor allem Menschen, die viel Musik hören und viel Musik machen, sind besonders anfällig für Ohrwürmer – die Songs werden im Kopf dann regelrecht zur Dauerschleife.

BZ: Manche Lieder bleiben eher im Ohr, wieso?
Altenmüller: Richtige Ohrwürmer bestehen aus gut singbaren Melodien, einem einfachen Rhythmus und leichten oder emotionalen Texte. Ich denke dabei an "Yesterday" von den Beatles – eure Eltern sollen euch das mal vorspielen. Die meisten Kinderlieder sind so komponiert, dass sie Ohrwürmer werden können. Denkt mal an "Alle meine Entchen" oder "Aramsamsam" – diese Lieder hat man sofort im Ohr.

BZ: Und wie kriegt man diese Lieder wieder raus aus dem Ohr? Wie also bekämpft man einen Ohrwurm?
Altenmüller: Einfacher Tipp: Kaugummi kauen. Das Kauen kann helfen, die Verbindung zwischen dem Hörzentrum und dem Singzentrum zu durchbrechen. Zudem hilft es, schnell eine Treppe hochzurennen, damit man außer Atem kommt, quasi nicht mehr singen kann. Manche raten auch dazu, einfach an ein anderes Lied zu denken – mit der Gefahr allerdings, dass dann das neue Lied zum Ohrwurm wird.

BZ: Oder aber man hört einfach keine Musik, damit der Ohrwurm erst gar nicht entstehen kann.
Altenmüller: Ja, aber das wäre doch schrecklich! Ein Leben ohne Musik wäre unfassbar traurig. Denken Sie nur mal an so bezaubernde Lieder wie "Maria" aus dem Musical "West Side Story". (singt) Maria, Maria, Mariiia, da, da, di, di, di, da. – Lang leben die Ohrwürmer!
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