"Es ist Persönlichkeitsarbeit"
BZ-INTERVIEW mit den Lehrern Hiltrud Hainmüller und Mathias Lauck über Schultheater im Hier und Jetzt.
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In Freiburg starten die Schultheatertage mit dem Ziel, die Theaterarbeit an Schulen zu fördern. Vom 12. bis 15. Juli können Gruppen ihre Stücke im Theater Freiburg und im Theater Marienbad aufführen. Wie hilfreich Theaterspielen für die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler ist, darüber hat Susanne Ehmann mit Hiltrud Hainmüller und Mathias Lauck gesprochen. Sie haben 2002 die Theater AG an der Richard-Fehrenbach-Gewerbeschule gestartet.
Hainmüller: Die musische Bildung ist Persönlichkeitsarbeit. Die Schüler müssen sich mit sich selbst und anderen auseinandersetzen. Es ist ein Spannungsfeld mit zwei Polen: dem Gemeinschaftsbedürfnis und dem Kampf um die eigene Verortung im Leben. Auf der Bühne entwickeln die Schüler ein anderes Selbstbewusstsein, lernen, sich zu präsentieren.
Lauck: Und auch inhaltlich. Die Richard-Fehrenbach-Gewerbeschule ist eine technische Schule. Der musisch-ästhetische Bereich kommt da oft ein wenig zu kurz. Durch das Theater lernen die Schüler, sich mit Literatur auseinanderzusetzen. Mit Kultur. Und dass es verschiedene Kanäle gibt, sich zu äußern.
BZ: Wie sucht man für eine Theater AG ein passendes Stück aus?
Hainmüller: Die Herausforderung bei der Auswahl ist, dass die Stücke für Jugendliche handhabbar sein müssen. Es darf kein klassisches Bildungsbürgertum-Theater sein. Sie sollten aufzeigen, dass es im Leben viele alternative Möglichkeiten gibt. Dadurch kann Fantasie freigesetzt werden, das eigene Leben zu leben.
Lauck: Es soll möglichst auch humorig sein. Ein Stück, das zeigt: Auch Humor kann ein Ausweg aus einer schwierigen Situation sein.
BZ: Und thematisch?
Lauck: Die Persönlichkeitsentwicklung und die eigene Identität sind grundlegende Themen. Und aktuelle Ereignisse.
Hainmüller: Die Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und die damit einhergehende Veränderung der Gesellschaft gewinnen auch im Theater immer mehr an Bedeutung. Dabei spielen Themen wie kulturelle Vielfalt, Geschlechterrollen und Tabus eine wichtige Rolle.
BZ: Die Schüler bringen sicher auch viele Geschichten und Schicksale mit …
Hainmüller: Man kriegt vom biografischen Hintergrund viel mit. Wir sind oftmals zu Vertrauten geworden.
Lauck: Auch, weil wir nicht die sind, die benoten.
Hainmüller: Daher ist es wichtig, in den Stücken die Realität nicht platt abzubilden, sondern dafür eine Symbolik, eine Kunstsprache zu finden. Ich arbeite an der Walter-Rathenau-Gewerbeschule zurzeit mit einer Flüchtlingsklasse. Da würde ich jetzt kein Stück aussuchen, das zu nah an ihrem Schicksal ist, die zum Teil bedrückenden Fluchterfahrungen darf man aber auch nicht ausklammern. Sondern versuchen, für ihre Gefühle, dieses "Ich-lebe-zwischen-den-Stühlen", eine Sprache zu finden.
BZ: Was würden Sie sagen, hat sich seit Ihren Schultheater-Anfängen verändert?
Lauck: Der hohe Stellenwert des Schultheaters ist mehr erkannt worden. Und dass die Schüler dadurch in der Schule nicht schlechter werden – sondern besser. Es wird nicht mehr als eine Spielwiese für Verrückte abgetan. Leider ist aber vieles immer noch eine Geldfrage.
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