Eine zeitgenössische Écriture automatique
Die Performance "Brain writes sounds" mit Annette Pehnt, Harald Kimmig und Ephraim Wegner im Freiburger E-Werk.
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Entstanden ist die künstlerische Zusammenarbeit an ungewöhnlichem Ort: Die Freiburger Schriftstellerin und der experimentelle Violinist haben sich als Artists in Residence beim Freiburger Exzellenzcluster BrainLinks-BrainTools aus ihrer Perspektive ein Bild von der Arbeit der dort forschenden Neurowissenschaftler gemacht. Auf den ersten Schritt einer versuchten Annäherung – einer Lesung von Annette Pehnt im Kommunalen Kino – folgte nun der gewagte zweite: Die beiden Künstler improvisierten mit ihren jeweiligen Instrumenten – der Violine und dem PC – zur optisch-akustischen Darstellung der Hirnströme. Ob eine "Poetik des Gehirns" ästhetisch erfahrbar gemacht werden könnte: Diese Frage liegt ihrer Performance zu Grunde.
Sie ist schwer zu beantworten. Das materielle Substrat der Denk- und Bewusstseinsprozesse entzieht sich künstlerischer Darstellung: Über diese Erfahrung hat Annette Pehnt bei ihrem Auftritt im Kommunalen Kino – unter dem Motto "Ich habe mich in mein Gehirn verliebt" – eindrücklich gesprochen. Live auf der Bühne ging es nun darum, durch die live erhobenen Messdaten inspirierte kreative Prozesse – beim Schreiben, beim Musizieren – zu demonstrieren. Harald Kimmig ist ein geübter Improvisator, der sein Talent, auf Impulse von außen – seien es malerische, tänzerische oder literarische – zu reagieren, schon oft beeindruckend unter Beweis gestellt hat. Annette Pehnt hingegen probiert sich als Schriftstellerin in der Regel in der Einsamkeit der Schreibsituation aus. Hier nun ist das ganz anders: Pehnt tippt in ihren PC hinein, was ihr spontan in den Sinn kommt: Sätze, Bilder, Vergleiche, die sich dem Sinn und der allgemeinen Logik zunächst entziehen. Oder wie soll man solche Sätze verstehen: "Eingelegte Vorgänge sind nicht gut für Katzen"?
Es ist höchst erstaunlich, welche Kapriolen das sprachgeübte Hirn der Autorin binnen 60 Minuten zu schlagen in der Lage ist: Triviale Formulierungen und abgeschmackte Bilder sind nicht darunter. Und es ist spannend, der Entstehung einer Art zeitgenössischer – in Echtzeit teilbarer – Écriture automatique zu folgen. Wie allerdings dieser kreative Prozess funktioniert, bleibt das Rätsel von Annette Pehnts Gehirn. Sich dermaßen ungeschützt dem Publikum auszusetzen, nötigt größten Respekt ab. Bravourös.
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