Mexiko
Drogenboss El Chapo: Auf dem Weg zum Rockstar
Eine fragwürdige Heldenverehrung macht sich in Mexiko breit: Seit einer Woche ist der Chef eines der mächtigsten Drogenkartelle der Welt, Joaquin Guzman, genannt El Chapo, auf der Flucht. Nun gibt es die ersten Fanartikel, die an Rockstars erinnern.
Di, 21. Jul 2015, 0:00 Uhr
Panorama
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Sein spektakulärer Ausbruch aus dem Hochsicherheitsgefängnis El Altiplano beherrscht seit Tagen die Schlagzeilen in ganz Lateinamerika und den USA. Viele Mexikaner sympathisieren heimlich mit dem Schwerverbrecher, der seinen Aufstieg an die Spitze des Sinaloa-Kartells nicht nur seiner innovativen Schmuggeltechnik mit unterirdischen Tunneln verdankt, sondern eben auch einer skrupellosen Politik, die die Mexikaner "Plomo o Plata" (Blei oder Geld) nennen. Die Bewunderung für El Chapo erstaunt, steht er doch für eine brutale Organisation, die ihre Opfer foltert, zerstückelt oder in Säurebädern auflöst.
Auch in der lateinamerikanischen Kulturszene wächst der Rückhalt für El Chapo. Sängerin und Schauspielerin Susana Zabaleta aus Mexiko bejubelt dessen Flucht öffentlich: "Es ist gut, dass er abgehauen ist", wird sie in den Medien ihres Heimatlandes zitiert. Ihre Zuneigung begründet sie damit, dass El Chapo auch viel Gutes für das Land getan habe. Vor gut einem Jahr, als Guzman in Mazatlán festgenommen wurde, habe sie weinende Menschen auf der Straße gesehen, erzählt Zabaleta. Guzman hat mit seinen Milliardengewinnen ganze Industriezweige finanziert. Vor allem das Baugewerbe diente als idealer Partner bei der Geldwäsche. Ob die Mexikaner, die nun über die Flucht El Chapos jubeln, auch an die Kinder oder Frauen denken, deren Väter oder Ehemänner grausam aus dem Weg geräumt wurden, weil sie sich als Polizist, Richter oder Staatsanwalt nicht kaufen lassen wollten – anders als viele mexikanische Politiker?
Und noch etwas beflügelt die bizarre Heldenverehrung El Chapos in Mexiko: Der republikanische US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump hetzte jüngst gegen mexikanische Einwanderer und die mexikanische Justiz. Natürlich hat Trump Recht, wenn er von einem durch und durch korrupten Mexiko spricht, wenn er von illegalen Banden berichtet, die über die Grenze kommen, um in den USA ihre schmutzigen Geschäfte zu betreiben. Aber das ist eben nur die halbe Wahrheit: Denn es sind eben auch US-amerikanische Waffen, die den Drogenkrieg in Lateinamerika befeuern und große Profite abwerfen. Und es sind US-amerikanische Stars wie Aerosmith-Sänger Steven Tyler, die in Talkshows unter dem Gejohle des Publikums ausplaudern, dass sie "halb Peru leer gekokst" haben. Diese Doppelmoral mancher US-Amerikaner führt dazu, dass viele Lateinamerikaner zusammenrücken und plötzlich Solidarität mit einem Drogenboss wie El Chapo zeigen.
Welch offene Wunde Trump da getroffen hat, machte auch Armando Christian Pérez alias "Pitbull" deutlich. Der in Miami geborene Rapper kubanischer Herkunft stellte klar, dass er sich zunächst einmal als Latino und nicht als US-Amerikaner fühle. Und Pitbull, der sich gerne mit der vermeintlichen Nähe zu zwielichtigen lateinamerikanischen Kreisen schmückt, schickte gleich noch eine Warnung an Trump hinterher: "Leg dich nicht mit El Chapo an."
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