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"Diese Pfähle sagen uns, wer wir sind"

Mehr als 100 Jahre stand ein Artefakt des Volks der Nuxalk in einem Museum in Victoria. Zur großen Freude des indigenen Volks wurde der Totempfahl nun zurückgegeben.  

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Der Totempfahl ist nun wieder beim Volk der Nuxalk.  | Foto: Gerd Braune
Der Totempfahl ist nun wieder beim Volk der Nuxalk. Foto: Gerd Braune
Mit Gesang, Tanz und Trommeln feiert das Volk der Nuxalk im Nordwesten der kanadischen Provinz British Columbia die Heimkehr ihres Totempfahls. Mehr als 100 Jahre war das Kunstwerk im Royal B.C. Museum in Victoria ausgestellt worden. Nun wurde der mehr als fünf Meter hohe Totempfahl in die Gemeinde Bella Coola gebracht, wo er Ende des 19. oder Anfang des 20. Jahrhunderts aus einem gewaltigen Baumstamm geschnitzt worden war. "Unser Totempfahl ist jetzt zuhause", sagte Chief (Häuptling) Deric Snow, dessen Nuxalk-Name Chief Snuxyaltwa lautet. "Die Pfähle sagen uns, wer wir sind und woher wir kommen."

Mehrere Hundert Menschen versammelten sich vergangene Woche in der Turnhalle der Acwsalcta-Schule von Bella Coola zu der Zeremonie. Zuvor hatte das Museum in Victoria, der auf der Vancouver-Insel liegenden Provinzhauptstadt, den Totempfahl übergeben. Unter Trommelklängen und Gesang wurde er aus dem Museum gebracht und auf einen Schwerlaster geladen. Die etwas mehr als 2000 Einwohner zählende Gemeinde liegt nordwestlich von Vancouver – etwa 500 Kilometer Luftlinie entfernt, auf den Highways sind es allerdings rund 1000 Kilometer.

"Alles, was auf diesem Totempfahl dargestellt ist, hat eine Bedeutung", erklärt Chief Snuxyaltwa. Mit der Rückkehr des kulturell wichtigen Artefakts kehrten auch die damit verbundenen Geschichten seines Volks zurück. "Meine Familie ist glücklich, unsere Vorfahren jubeln."

Totempfähle prägen das Bild vieler indigener Gemeinden an der Pazifikküste Kanadas. Sie können stilisierte Raben, Adler, Bären, Wölfe und Schwertwale zeigen. Die indianischen Völker des Westens – darunter die Nuxalk, Tlingit, Haida, Tsimshian, Nisga´a, Heiltsuk und Haisla – stellten damit Familien- und Gemeindegeschichte dar. Sie sagten auch etwas über die Stellung der Familie, vor deren Haus der Pfahl stand, in der Gesellschaft aus. Sie haben somit eine soziale und politische Bedeutung.  

Der Totempfahl war nach Angaben von Chief Snow von seinem Urgroßvater Louie Snow, der ebenfalls den Titel des Chief trug, in der zweiten Hälfte des 19. oder zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschnitzt worden. Er stand zunächst vor dem Langhaus der Familie in Talleomy, etwa 40 bis 50 Kilometer von Bella Coola entfernt. Dann tötete eine Pockenepidemie einen großen Teil des Küstenvolkes der Nuxalk. Überlebende flohen nach Bella Coola in der Hoffnung auf medizinische Hilfe. Etwa zu dieser Zeit wurde der Totempfahl nach Victoria gebracht und seitdem dort im Museum gezeigt.

Ob er gegen den Willen der Bevölkerung weggenommen oder gekauft wurde, ist umstritten. Nach Angaben des kanadischen Senders CBC hatte das Museum vor wenigen Jahren erklärt, das kulturell bedeutende Werk sei gekauft worden. Dies stellt Clyde Tallio, ein Kenner traditioneller Nuxalk-Kultur, aber laut CBC in Frage. Ein Gegenstand von solcher Bedeutung würde niemals verkauft werden, erklärte Tallio demnach.

Das Museum hatte 2019 mündlich zugesagt, den Totempfahl zurückzugeben, nachdem mehrere Chiefs das Museum besucht hatten. Wegen Verzögerungen im Prozess erhoben sie vor einem Jahr eine Zivilklage. Das Museum führte die Verzögerungen auf logistische Probleme und die Einschränkungen durch Covid-Maßnahmen zurück.

  Viele Museen in Kanada zeigen Totempfähle, inzwischen werden sie eigens dafür angefertigt. Sie sind weiterhin ein Merkmal kultureller Identität. Sie werden vor Wohnhäusern, Gemeinde- und Verwaltungszentren errichtet. Sie sind ein Beleg für die Revitalisierung der Kultur der indigenen Völker und für territoriale Souveränität.

Viele Länder mit indigenen Völkern erlebten in den vergangenen Jahrzehnten eine Stärkung des Selbstbewusstseins der Ureinwohner und ihrer Kultur. Museen in aller Weltstellen stellen Kunst, Kultur- und Gebrauchsgegenstände indigener Völker aus. Ein erheblicher Teil davon war in der Vergangenheit aber ohne Zustimmung der jeweiligen Völker konfisziert, gesammelt, aufgekauft oder geraubt worden. Heute fordern viele indigene Völker die Rückführung dieser Gegenstände, manchmal auch der sterblichen Überreste von Angehörigen.

Ressort: Ausland

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 27. Februar 2023: PDF-Version herunterladen

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