Klassik

Der Organist Martin Sturm spielte im Freiburger Münster

Er ist preisdekoriert und wird hoch gehandelt. Jetzt konzertierte der Organist Martin Sturm (Jahrgang 1992 sehr klangsinnlich im Freiburger Münster. Eine Entdeckung.  

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Martin Sturm Foto: Luisa Rapa
Leider: Die Nachtigallen ("Rossignols enrhumés") bei Mauricio Kagel sind erkältet beziehungsweise verschnupft. Und: Dem Komponisten Arnold Schönberg ("Variations on a Recitative") ist die Orgel letztlich fremd geblieben. Beim Konzert von Martin Sturm im Freiburger Münster herrschten somit verschärfte Bedingungen. Doch der 1992 in der bayerischen Oberpfalz geborene Gast an den Tasten machte das Beste daraus. Der preisdekorierte und hoch gehandelte Bossert- und Schmeding-Schüler spielte wie ein junger Gott. Bei Bachs Toccata und Fuge d-Moll BWV 565, diesem epidemischen, bekanntesten Hit der gesamten Orgelliteratur, veranstaltete der Interpret eine Entrümpelung sondergleichen: Alles Pathos, aller Schwulst, aller Missbrauch – sie wurden jetzt ungeahnt radikal in die Tonne getreten. Mit dem Ergebnis, dass man an der mechanischen Schwalbennestorgel ein Werk vernahm, das wie neugeboren klang. Eine rhapsodische, ungemein vife Tonkunst, die ganz aus ihrer kammermusikalischen Mitte heraus lebt. Bemerkenswert allein schon die Idee, die hurtig genommene Fuge auf eine prinzipalische Grundstimmenbasis zu stellen.

Überhaupt der Parameter Klangfarbe! Für Martin Sturm spielt er eine prägende Rolle. Doch keineswegs als Selbstzweck: Bezogen auf das vom Hauptspieltisch aus expressiv verabreichte komplexe Schönberg-Opus von 1941, diesen nachromantischen zehn Variationen plus Fuge um ein d-Moll-Zentrum herum, dienen die Farben vielmehr der Strukturerhellung. Eben bei diesem sperrigen, konstruktivistischen Werk, das aus dem Thema Motive abspaltet. Und im Kagel-Beitrag aus dem sogenannten Rrrrrrr. . . -Zyklus, bei dem (simple Erklärung!) alle Stücke mit dem Buchstaben "R" beginnen. In der Musik des Argentiniers ist der Witz ja oft nicht weit. So darf die Nachtigall, die holde Sängerin, hier husten und krächzen. Zur (gesunden) Nachtigall gab es dann ein mit Piano-Nuancen nett spielendes improvisiertes "Capriccio" am Hauptspieltisch. Ein das Prinzip der Variation involvierendes "Notturno" als Stegreifdarbietung im wohligen Flötenuhr-Gestus hatte zuvor an der Langschifforgel stattgefunden.

Eine sinfonische Suite in fünf Sätzen – als Improvisation

Man hört (und sieht) es: Martin Sturm ist ein eminent ausdrucksstarker Musiker, der sich reinhängt. Den Klangresultaten kommt dies zugute. Welch ein hervorragender Improvisator er ist, unterstrich der Organist an der gesamten Münsterorgelanlage mit einer sinfonischen Suite in fünf Sätzen. Der Stil: romantisch. Mal mehr deutsch im choralartigen, Mendelssohn-Nähe erreichenden und in Moll schließenden Kopfsatz, mal mehr französisch, wenn im lyrischen zweiten Satz César Franck um die Ecke schaute. Auch eine tänzerische Mitte tat sich auf. Und die finale Fuge mündete in einen pompösen Schluss, wie Max Reger ihn gern auftürmte. Schade nur, dass Sturm trotz unverkennbarer Affinität kein Originalwerk (etwa eine der sieben Choralfantasien) seines spätromantischen Landsmanns aus der Oberpfalz im Gepäck hatte...

Indes bot Sturm aus dem eigenen kompositorischen Schaffen eine Uraufführung: die "Fantasie über einen Schlusschoral". In einer moderneren Tonsprache der Farben, der Fetzen, des Aufbäumens und des Leisen. Der Choral blieb anonym. Kein Problem! An dem heißen Abend hatte man an den virtuos genutzten Münsterorgeln einen so hochbegabten wie klangsinnlichen Organisten kennen gelernt. Eine Entdeckung.

Weitere Infos unter muensterorgelkonzerte.de
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