"Der Nikolaus ist kein Erziehungshelfer"

Für viele gehört der Besuch des Nikolauses am 6. Dezember zur Weihnachtszeit wie das Christkind an Heiligabend. Doch gibt es genug Freiwillige, die ins Gewand schlüpfen? Tobias Aldinger von der Erzdiözese Freiburg weiß die Antwort.  

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Der Nikolaus ist heutzutage kein bestr...gshelfer, sondern vielmehr ein Freund.  | Foto: Michael Saurer
Der Nikolaus ist heutzutage kein bestrafender Erziehungshelfer, sondern vielmehr ein Freund. Foto: Michael Saurer

BZ: Herr Aldinger, in der kommenden Woche werden wieder die Nikoläuse zu Kindern kommen und Geschenke verteilen. Gibt es genug Freiwillige dafür?

Es gibt da keine Personalstatistik, da es sich ja um ein Ehrenamt handelt. Aber zum Glück wird die Tradition noch von vielen hochgehalten. Und es gibt nach wie vor unzählige Menschen in Vereinen, Schulen oder auch Einzelpersonen, die ins Gewand schlüpfen. Natürlich ist die Zahl der ehrenamtlich tätigen Menschen rückläufig und das betrifft auch die Organisationen und Vereine, die für den Nikolausbesuch am 6. Dezember zuständig sind. Aber einen großflächigen Fachkräftemangel sehe ich beim Nikolaus nicht.

BZ: Das heißt die Massenaustritte aus den Kirchen oder der Zuzug muslimischer Kinder sorgen nicht für ein allmähliches Aussterben dieser Tradition?

Meines Eindrucks nach ist das Brauchtum nach wie vor lebendig. Besonders in den Dörfern. Gerade in Zeiten, in denen vieles im Wandel ist, spüre ich eine Sehnsucht nach Beständigkeit und Tradition.

BZ: An welchen Verein oder welche Organisation muss man sich wenden, wenn man möchte, dass der Nikolaus am 6. Dezember nach Hause kommt?

Das ist nicht so ganz leicht zu beantworten, es gibt da kein flächiges Versorgungsnetz. Es gibt sehr viele unterschiedliche Vereine und Einrichtungen, die das organisieren. Mein Tipp ist, sich zunächst einmal an die eigenen Kirchengemeinden vor Ort zu wenden, egal ob das eine katholische oder evangelische ist. Und wenn es da niemanden gibt, muss man weiterschauen. Es gibt viele Vereine, etwa das Kolping-Werk, die Nikolausbesuche anbieten. Und wenn alle Stricke reißen: Es gibt immer auch die Möglichkeit, selbst ins Nikolausgewand zu steigen.

BZ: Welche Voraussetzungen muss man denn dafür erfüllen?

Es geht nicht um Kirchenmitgliedschaft, sondern darum, dass man gerne die Botschaft des Nikolauses weitergibt: Nächstenliebe, Gottvertrauen und Mitgefühl für Menschen in Not. Eine Voraussetzung ist, dass man Menschen mag und Kindern eine Freude machen will.

BZ: Und wenn man selbst einen Nikolaus ins Haus bestellen möchte? Anders gefragt: Würde ein Nikolaus auch zu einer muslimischen Familie kommen?

Das würde er sicher machen, wenn die Familie mit dem christlichen Nikolaus zurechtkommt. Allerdings habe ich noch nie davon gehört, dass das schon einmal angefragt wurde. Dabei würde das sogar gut passen, schließlich stammt der Heilige Nikolaus ja aus Myra, das in der heutigen Türkei liegt.

BZ: Inwiefern hat sich das Bild des Nikolauses gewandelt? In meiner Erinnerung stand früher der Aspekt des strafenden Nikolauses im Vordergrund: Der Nikolaus drohte zusammen mit dem Knecht Ruprecht mit der Rute.

Von genau diesem Bild wollen wir wegkommen. Wir bieten ja regelmäßig Kurse an, in denen wir vermitteln wollen, auf was es als Nikolaus ankommt – einer hat erst vor einer Woche im Europa-Park stattgefunden. Und in diesen Kursen weisen wir darauf hin, dass der Nikolaus ganz bestimmt kein Erziehungshelfer ist. Der strafende Nikolaus ist ein Relikt des 19. Jahrhunderts, als die schwarze Pädagogik immer mehr aufkam.

BZ: Wird das von manchen Eltern heutzutage dennoch manchmal noch eingefordert?

Das wird tatsächlich noch von manchen eingefordert. Unsere Antwort ist dann immer, dass der Nikolaus eine würdevolle Person ist, der ein Freund der Kinder ist. Ab und zu muss er ohnehin nicht nur den Kindern Orientierung geben, sondern auch den Eltern. Manchmal läuft da etwa noch der Fernseher im Hintergrund. Hier muss der Nikolaus eher die Eltern erziehen, als die Kinder.

BZ: Und dennoch hat er sein Buch stets dabei, in dem auch die Verfehlungen des Kindes aufgelistet sind.

Natürlich kriegen die Nikoläuse im Vorfeld des Besuchs oft eine Lob- und Tadelliste. Wir empfehlen aber eher, das man eine Liste macht, auf der steht, woran das Kind Freude hat, was es Besonderes und Schönes erlebt hat, um auf diese Weise die Stärken des Kindes hervorzuheben. Aber natürlich wollen wir uns nicht in lokale Traditionen einmischen. In Endingen etwa gibt es eine etwas gruselige Knecht-Ruprecht-Figur, die hat eine schwarze Maske mit einer roten Zunge. Wir empfehlen dann nur, dass die Figur nicht zum Angstmachen da ist, sondern etwa zum Überreichen der Geschenke, als Helfer des Nikolauses.

BZ: Das heißt, der Knecht Ruprecht ist nicht gesetzt, der muss nicht dabei sein.

Der Nikolaus braucht ihn auf jeden Fall nicht, aus unserer Sicht sollte er auch nicht dabei sein. Letztlich hat sich das aus der Vorstellung entwickelt, dass der Nikolaus sogar die Dämonen und dunklen Gestalten im Griff hat. Doch das braucht es nicht, der Nikolaus steht für sich!

BZ: Was kostet so ein Hausbesuch des Nikolauses?

Die meisten Nikoläuse kommen kostenfrei oder gegen Spende ins Haus. Und die Spenden werden bei den großen Vereinen und Organisationen für den guten Zweck eingesetzt oder aber für die Pflege der Gewänder und die Reparatur der Utensilien wie dem Bischofsstab. Ich kenne keine Gruppe, die damit den Reibach machen will.

BZ: Wo bekommt man die Gewänder überhaupt her?

Mittlerweile kann man das sogar im Internet bestellen, etwa bei Shops, die echte liturgische Gewänder machen. Die meisten Nikoläuse greifen aber auf ein ausgedientes Messgewand zurück. Viele Kirchen oder Sakristeien haben noch alte Gewänder auf Lager und sind bereit, diese für den Zweck zur Verfügung zu stellen. So suchen sich viele ihr Gewand zusammen.

Tobias Aldinger arbeitet als Pastoralreferent bei der Erzdiözese Freiburg. Dort ist er unter anderem für das Seelsorgeamt und das Bonifatiuswerk zuständig.

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