Wandern im Schwarzwald
Das sagt der Präsident des Schwarzwaldvereins zur Debatte über die Ruhebänke
Müssen Ruhebänke im Schwarzwald reihenweise abgebaut werden? Darüber ist eine Debatte entbrannt, denn für deren Sicherheit sind die Waldbesitzer verantwortlich. Ein Interview mit Meinrad Joos, Präsident des Schwarzwaldvereins.
So, 17. Nov 2024, 10:00 Uhr
Südwest
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BZ: Herr Joos, haben Sie im Schwarzwald eine Lieblingssitzbank?
Ja, die habe ich. Auf dem Glashof Köpfle im Münstertal gibt es eine schöne alte Bank mit Blick ins Tal bis nach Staufen. Es ist ein sehr ruhiger Ort, wo ich immer mal wieder hingehe. Das Plätzchen hat auch einen Vorteil: Die Bank steht auf einem Felskopf und dort gibt es keine großen Bäume (lacht).
BZ: Damit spielen Sie auf die Diskussion an, dass Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer für die Verkehrssicherheit von Ruhebänken verantwortlich sind. Das heißt: Sitze ich auf einer Bank und mir fällt ein Ast von einem maroden Baum auf den Kopf, ist die Waldeigentümerin oder der Waldeigentümer verantwortlich. Was sagen Sie als Präsident des Schwarzwaldvereins zu dieser Debatte?
Für uns sind die Ruhebänke ein ausgesprochen wichtiger Bestandteil unserer Natur-Sport-Infrastruktur. Wenn man im Wald wandert, ist jeder auf sein eigenes Risiko hin unterwegs. Das halten wir vom Schwarzwaldverein für richtig. Etwas kompliziert ist es mit Einrichtungen, die Menschen zum Aufenthalt einladen. Zum Beispiel Ruhebänke. Da wird eine erhöhte Verkehrssicherung konstruiert und mit dem Eigentum verbunden. Ich denke, unsere Rechtsnormen müssen an dieser Stelle angepasst und neue Regelungen gefunden werden – auch wegen des Klimawandels. Man kann die Waldbesitzer, die genug damit zu tun haben, ihre Wälder zu bestocken und klimafit zu machen, nicht mit der Verkehrssicherung allein lassen.
BZ: Was bedeutet die Verkehrssicherung für die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer denn konkret? Wie oft müssen sie Ruhebänke auf ihrem Grund und Boden kontrollieren?
Nach bisheriger Rechtsprechung muss der Eigentümer ein- bis zweimal im Jahr den Baum, unter dem eine solche Bank steht, auf dürre oder bereits abgebrochene Äste prüfen. Wenn das der Fall ist, muss er dafür sorgen, dass die Gefahr beseitigt wird.
BZ: In Schömberg im Nordschwarzwald ist das ja bereits passiert. Dort sollen 60 von 400 Ruhebänken beseitigt werden. Welche Bedeutung haben die Bänke für den Schwarzwald?
Die Ruhebänke sind Teil unserer Kulturlandschaft. Ich sage immer: Jede gute Wanderung braucht ein Ziel. Das kann entweder eine Waldgaststätte oder ein besonderer Aussichtspunkt sein. Solche Orte sind oft mit Ruhebänken versehen und gehören zu einer Wanderung genauso dazu wie der Ausblick. Wanderungen ohne ein schönes Plätzchen, wo man sein Vesper einnehmen kann, wollen wir uns als Schwarzwaldverein nicht vorstellen. Und die Infrastruktur mit den Wanderwegen ist ein wichtiger und oft unterschätzter Motor des Tourismus im Schwarzwald.
BZ: Wie kam es denn überhaupt zu den Bänken im Wald?
Die Bänke kamen mit dem Beginn des Tourismus im Schwarzwald auf. Ich muss dazu ein bisschen ausholen: Der Schwarzwaldverein ist vor 160 Jahren von Gastronomen und Touristikern gegründet worden, mit dem Ziel, die Schönheit unserer Landschaft und die Bedeutung der Erholungsfunktion bekannter zu machen. Eine der Strategien war es, die schönsten Plätze für Wanderer zu finden. Dort wurden Ruhebänke aufgestellt, um den Sommerfrischlern nach einer anstrengenden Wanderung die gebotene Ruhe und Erholung zu bieten. Später sind viele Bänke aus verschiedenen Anlässen gespendet oder gestiftet worden.
BZ: Kommen wir zurück zur aktuellen Debatte. Sollten die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer die Ruhebänke jetzt einfach abmontieren, um auf Nummer sicherzugehen?
Der Abbau wäre der falsche Weg. Die Ruhebänke sind unverzichtbar. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir die Bänke erhalten. Ich denke, dass da auch die Tourismusgemeinden eine Verantwortung haben. Zum Beispiel könnten die Risiken über die Gemeindeunfallversicherung abgedeckt werden.
BZ: Im Schwarzwald gibt es ja noch andere Waldinfrastruktur, zum Beispiel Hütten, Informationstafeln oder Grillplätze. Wie sieht es da aus?
Zunächst ist der Eigentümer, auf dessen Grund eine solche Einrichtung steht, für die Verkehrssicherung zuständig. Deshalb stehen solche Hütten, Infotafeln und Grillplätze fast ausschließlich in Staats- und Kommunalwäldern. Die Erholung im Wald ist nämlich eine im Landeswaldgesetz verankerte gleichrangige Funktion bei den Bewirtschaftungszielen der Staats- und Gemeindewälder. Diese Waldbesitzer sind dort für den Betrieb und die Verkehrssicherung zuständig und können dafür auch öffentliche Gelder einsetzen. Das sollte nach unserem Verständnis auch weiterhin so bleiben. Wenn es im Privatwald Hütten, Infotafeln oder Grillplätze gibt – was seltener der Fall ist –, ist zunächst auch der Eigentümer verantwortlich. Der verbindet die Erlaubnis, solche Einrichtungen aufzubauen, oft mit der Übertragung der Verkehrssicherung an den Betreiber.
BZ: Wen sehen Sie in der aktuellen Debatte über die Ruhebänke in der Pflicht?
Ich sehe vor allem den Gesetzgeber und die Rechtsprechung in der Pflicht. Ich bin mit Blick auf die Risiken des Klimawandels der Meinung, dass wir den Rechtsschutz dahingehend anpassen müssen, dass auch beim Sitzen auf der Ruhebank mehr Vorsicht und Eigenverantwortung angezeigt sind. Wir müssen von dieser Vollkasko-Mentalität wegkommen und pragmatische Lösungen finden. Es gibt einfach Risiken, wenn ich im Wald unterwegs bin, und die muss ich tragen. Im Moment wird über eine Novellierung des Bundeswaldgesetzes diskutiert. Im Nachzug muss dann auch das Landeswaldgesetz überarbeitet werden. Das wären gute Gelegenheiten, die Waldbesitzer in dieser schwierigen Situation der Wälder zu schützen und angemessene Lösungen zu finden. Ich finde aber, wir sollten auch den gesunden Menschenverstand nicht außer Acht lassen. Wenn ich mich an einem Ort unsicher fühle, dann setze ich mich eben nicht auf diese Bank. Mein Wunsch an diese Diskussion ist, dass wir das gesellschaftspolitisch gemeinsam klären.
BZ: Was würden Sie Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern raten?
Wenn Bänke von bestimmten Bäumen dauerhaft gefährdet werden, dann würde ich dazu raten, einen solchen Baum auch mal zu entfernen. Wenn das nicht machbar ist, kann man auch die ein oder andere Bank entfernen oder umsetzen. Grundsätzlich sollten wir den Ball flach halten und im Gespräch mit den Gemeinden und Forstverwaltungen gute und tragfähige Lösungen suchen.
Meinrad Joos, 69 Jahre, ist Präsident des Schwarzwaldvereins. Außerdem war der Staufener Forstpräsident beim Regierungspräsidium Freiburg.
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