Aus dem Nobelhotel geholt

Das Vorgehen der Schweizer und der US-Amerikaner gegen die Fifa ist ein Dammbruch im Kampf gegen die Korruption im Sport.  

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Hier logieren Fifa-Funktionäre: ein Wa...gen vor dem Zürcher Hotel Baur au Lac   | Foto: dpa
Hier logieren Fifa-Funktionäre: ein Wagen der Schweizer Polizei am Mittwochmorgen vor dem Zürcher Hotel Baur au Lac Foto: dpa
Es war nicht nur für den Fußball, sondern für den gesamten Weltsport ein historischer Tag. Die Auswirkungen dieses 27. Mai 2015, an dem in Zürich sieben hochrangige Offizielle des Weltfußballs verhaftet wurden und in den USA Anklage gegen weitere Funktionäre und Vertreter von Marketingfirmen erhoben wurde, sind noch nicht abzusehen.

Gerade in der Schweiz konnten Millionenbetrüger aus dem Sport bislang meist sicher sein, nicht juristisch belangt zu werden. Viel haben Fifa, Internationales Olympisches Komitee (IOC) und andere in Lobbyarbeit investiert und lange Zeit Gesetzesverschärfungen und Razzien verhindert. Nun marschierten Kriminalbeamte in den Morgenstunden ins Nobelhotel Baur au Lac, das der Inbegriff der Fifa-Dekadenz ist, und setzten die Verdächtigen fest. Obwohl: Was heißt "Verdächtige"? Viele Vorgänge sind längst bewiesen.

Es geht um schwere Vergehen im amerikanischen Fußball bei der Vergabe von Marketingrechten, um Korruption in dreistelliger Millionenhöhe, Geldwäsche und allerlei andere schmutzige Deals. Gemäß US-Justizministerin Loretta Lynch, die gemeinsam mit FBI-Chef James Comey, Bundesanwalt Kelly Currie und hochrangigen Vertretern der Steuerbehörde IRS in Brooklyn eine Pressekonferenz gab, geht es auch um Vorgänge rund um die bislang letzte Wahl des amtierenden Fifa-Präsidenten Joseph Blatter im Mai 2011. "Diese Personen haben den Weltfußball korrumpiert", sagte Lynch.

Verhaftet wurden in Zürich unter anderem die beiden Fifa-Vizepräsidenten Eugenio Figueredo (Uruguay) und Jeffrey Webb (Kaimaninseln) sowie der gerade ins Exekutivkomitee beförderte Eduardo Li aus Costa Rica. Webb, Präsident der Konföderation der nordamerikanischen Fußballverbände (Concacaf), wurde von Blatter seit 2011 als Saubermann aufgebaut und gilt als möglicher Nachfolger des Fifa-Bosses, sollte dieser doch einmal von der Macht lassen wollen.

Ebenfalls auf der Anklagebank sitzt Jack Warner, langjähriger Fifa-Vize aus Trinidad, der Blatter bei Kongressen stets die 35 Stimmen aus Nordamerika im Paket servierte. Hochinteressant, was die US-Behörden nun bekanntgaben: Die Söhne Warners, Daryan und Daryll, die 2013 in den USA festgesetzt worden waren, haben sich zu vielen Anklagepunkten bekannt, etwa zu Geldwäsche und großflächigem Betrug. Als Kronzeugen des FBI versuchten sie seither zu retten, was zu retten war, um nicht lebenslang ins Zuchthaus gehen zu müssen.

Im Rahmen der Ermittlungen von IRS, FBI und Justice Department haben die Schweizer Behörden Amtshilfe geleistet. In der Schweiz selbst wiederum hat die Bundesanwaltschaft am 10. März ein Strafverfahren wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung und Geldwäsche im Zusammenhang mit den Vergaben der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 eröffnet.
Blatter will weitermachen,
als sei nichts gewesen
Die Ermittler haben dazu am Mittwochmorgen im Fifa-Hauptquartier Datenmaterial sichergestellt. Zehn Exekutivmitglieder, die am 2. Dezember 2010 die Entscheidung über diese Weltmeisterschaften fällten, sollen in Kürze vernommen werden. Dabei haben Joseph Blatter und seine Getreuen doch nicht nur einmal erklärt, dass die Weltmeisterschaften in Russland und Katar stattfinden würden, komme, was wolle.

Dieser 27. Mai 2015 aber könnte vieles verändern. Es war ein Dammbruch in der Korruptionsbekämpfung im internationalen Sport. Bislang waren es meist nur Journalisten, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten ermittelten. Staatliche Organe und Kriminalbehörden standen oft auf der Seite der Sportkonzerne. Die Fifa beispielsweise hat 2011 in einer Nacht- und Nebelaktion ein spektakuläres Joint Venture mit der internationalen Kriminalbehörde Interpol verabschiedet und wurde seinerzeit für 20 Millionen Dollar der größte private Spender, den Interpol je hatte. Auch derlei krude Allianzen erscheinen nun in einem anderen Licht.

Die aufgescheuchte Fifa-Administration bemühte sich am Mittwoch verzweifelt um Schadensbegrenzung. Auf einer Pressekonferenz wies Propagandachef Walter de Gregorio darauf hin, es sei die Fifa gewesen, die im November 2014 in der Schweiz wegen Russland und Katar Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt habe. Dass gegen Präsident Blatter nicht ermittelt werde, wiederholte de Gregorio gefühlte tausend Mal. Blatter will weitermachen, so als wäre nichts gewesen. Er will sich am Freitag auf dem Fifa-Kongress mit 79 Jahren zum fünften Mal zum Präsidenten küren lassen.
Schlagworte: Fifa-Präsidenten Joseph Blatter, Loretta Lynch, Jeffrey Webb
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