"Anfangen ist das Schwierigste"
BZ-SERIE: Mit gerade einmal 23 Jahren startet Elisabeth Zeller aus Breisach-Gündlingen in ein Berufsleben als Künstlerin.
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
BREISACH. Dort, wo Gündlingen schon fast wieder zu Ende ist, in einem beschaulichen Wohngebiet am Ortsrand mit Blick auf den Kaiserstuhl, entsteht Kunst. Im Garten ihres Elternhauses hat Elisabeth Zeller ihr Atelier eingerichtet – ein ehemaliges Gartenhaus wurde mit großen Fenstern und einer kleinen Küchenzeile versehen. Ein Tisch mit zwei Stühlen, ansonsten nur Raum – für Kreativität und die Ideenwelt einer jungen Künstlerin, die gemalt, gezeichnet, gefaltet, gebunden, gebastelt oder geklebt daherkommt.
Elisabeth Zellers Anfänge als Künstlerin lagen in der Familie und damit ganz nah. "Mein Vater wollte selber Kunst studieren", erzählt sie. Letztlich hatte sich dieser dann aber doch aus rationalen – sprich wirtschaftlichen – Gründen für den zumindest artverwandten Beruf des Kommunikationsdesigners entschieden. "Mich hat er dann fast zum Kunststudium gedrängt. Ich habe extremes Glück", bekennt die Künstlerin, die zunächst auch mit dem Designerberuf geliebäugelt hatte. "Aber man sitzt dabei zu viel am Computer", findet sie. Was sie glücklich macht, wurde ihr dann kurz vor dem Abitur endgültig klar. Während einer Studienfahrt ins spanische Cuenca besuchte sie einen Workshop am dortigen Museum für abstrakte spanische Kunst, und die Würfel in Richtung Studium der freien Kunst waren gefallen. Welche Hochschule es werden würde, stand schnell fest. "Ich bin ein Heimattyp, ich wollte nicht weg, und Basel ist vor der Haustür und optimal für Kunst", gesteht Zeller freimütig.
Zunächst war die Studienanfängerin dann doch ein wenig überrascht, was sie an der Hochschule erwartete: viel Freiheit. "Ich war geprägt vom Kunstunterricht an der Schule und erwartete eine Aufgabenstellung", erinnert sie sich an die ersten Wochen. Was die Kunstschule jedoch in ihren Studierenden erwecken möchte, ist nicht primär das Vermitteln von Handwerkszeug und Theorie, sondern der Weg zur eigenen Ästhetik, den eigenen Bildwelten und letztlich dem eigenen Thema. Also machte Elisabeth Zeller sich auf die Suche und stieß zunächst recht zielstrebig auf das Thema Raum.
Sie arbeitete mit Fotokollagen, dem Aufspüren und wieder Verbergen von "interessanten Strukturen", bastelte räumliche Systeme, experimentierte mit Licht und Schatten, schob Prozesse an und brachte sie wieder zum Stillstand – und diesen erlangte sie schließlich irgendwie auch.
"Das war es nicht", sagt Elisabeth Zeller über ihre erste ernsthafte künstlerische Krise. Weitere hatte sie, wie sie schmunzelnd gesteht, in den vergangenen Monaten zu überwinden. "Ich musste immer vor mir selber rechtfertigen, warum ich das jetzt so mache", beschreibt sie den steinigen Weg von der Idee zum Werk, von der Ahnung zum Thema, den sie während des Studiums immer aufs Neue zu bewältigen hatte. "Mein Kernthema ist der Mensch", weiß Elisabeth Zeller inzwischen mit absoluter Gewissheit. "Es ist der Mensch im Raum, es sind Zeugnisse des menschlichen Lebens, ein kulturelles Gedächtnis, das einen großen Schatz an Bildwelten birgt, die nicht sprachlich-rational funktionieren", versucht Zeller ihre Faszination in Worte zu fassen.
Der Mensch, als eine Art wiederkehrendes Suchbild auf Hartfaserplatten, stand folgerichtig auch im Mittelpunkt von Elisabeth Zellers erster Einzelausstellung Anfang April dieses Jahres im Haus am Stockbrunnen in Merdingen. "Ein toller Einstieg in kleinem Rahmen", resümiert sie. Inzwischen ist sie selbst Mitglied des Merdinger Kunstforums, "um den Kunstbetrieb von der anderen Seite zu sehen und auch anderen Künstlern eine Chance zu geben", wie sie sagt. "Die Ausstellung hat viel an Erfahrung gebracht und ich hatte sehr gute Rückmeldungen", sagt Zeller strahlend. Und ganz nebenbei konnte sie die Hälfte der ausgestellten Werke verkaufen. Das Schicksal eines Vincent van Gogh, der zeitlebens nur ein einziges Bild verkaufen konnte und dann auch noch an seinen Bruder, wird ihr also erspart bleiben.
Der Kunstbetrieb macht der jungen Frau ohnehin keine Angst. "Man muss sich kümmern, sich zeigen und interessieren, dann interessieren sich die Leute auch für dich", umschreibt Zeller das, was man neudeutsch Networking nennt. Und wenn es nicht klappt mit der freien Kunst? "Dann vielleicht doch ein wenig mehr Grafikdesign oder ins Lehramt", entgegnet Elisabeth Zeller entspannt. "Meine großen Burnouts habe ich schon hinter mir", sagt sie lachend. An der Wand im Atelier lehnen zwei große, fast anstrengend leere Hartfaserplatten und warten darauf, mit eingefangenen Ideen zu Kunstwerken zu werden. Aber das Anfangen ist eben das Schwierigste.