Baselbiet
Zwei Muslime wollen der Lehrerin die Hand nicht geben
Dass zwei muslimische Schüler an einer Dorfschule ihrer Lehrerin nicht die Hand geben, empört die schweizerische Justizministerin. Warum ist der verweigerte Handschlag zum Politikum geworden?
Mi, 6. Apr 2016, 13:14 Uhr
Südwest
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Ein Muslim dürfe keine andere Frau außer der Ehefrau berühren, hieß es. Nachdem der Fall bekannt wurde, kocht das Thema hoch. Jetzt hat sich sogar Justizministerin Simonetta Sommaruga in Bern eingeschaltet. Sie nennt die Weigerung "inakzeptabel", kritisiert die aufgebliebenen Sanktionen und fordert Konsequenzen.
Mit welchen Mitteln, mit welcher Begründung? Die Schulleitung könne schlecht die Polizei rufen und den Handschlag erzwingen. "Was sicher nicht geht ist, dass der Handschlag nur Frauen verweigert wird", sagt Murith. Die Schüler wurden also vorerst nicht gemaßregelt, dürfen aber ab sofort auch männliche Lehrkräfte nicht per Handschlag begrüßen.
Die beiden Brüder besuchen nach Recherchen der Basler Tageswoche die König-Faysal-Moschee, wo ihr Vater Imam sei. Die Faysal-Stiftung vertritt einen sehr konservativen Islam saudischer Prägung. Nach Angaben der Zeitung Blick hat sich einer der Brüder als Anhänger des deutschen Salafistenpredigers Pierre Vogel bekannt, er hat zudem bereits im Herbst 2014 auf seiner Facebook-Seite ein Video der Terrororganisation IS gepostet. Ein anderer Post enthält die Aufforderung, Frauen müssten sich verschleiern. Nach dem Auftauchen dieser Botschaften beteiligen sich vermehrt Islamkritiker an den Diskussionen im Netz.
Diskussionen um die Einhaltung von Regeln an den Schulen sind auch in der Schweiz nicht neu. Der Nachbarkanton Basel-Stadt streitet sich seit Jahren mit einem Vater, der seine Töchter nicht zum Schwimmunterricht lässt. Die Schulbehörde hat ein Bußgeld verhängt, alle nationalen Gerichtsinstanzen haben die Teilnahmepflicht anerkannt. Nun liegt der Fall beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.
In einem anderen Fall streiten sich die Behörden mit einer muslimischen Familie wegen der Teilnahme ihrer Töchter am Sexualkundeunterricht. Zugleich weist das Basler Erziehungsdepartement daraufhin, dass es Konflikte nicht nur mit Muslimen gebe, sondern auch mit anderen religiösen Gruppen. Dazu zählten sowohl orthodoxe Juden wie auch evangelikale Gruppierungen.
In Baden-Württemberg sind laut Kultusministerium keine Fälle bekannt, die dem in Therwil ähneln. Allerdings dringe nicht alles bis ins Ministerium vor, so eine Sprecherin. Wichtig sei, dass Schulen sich Schulordnungen gäben und deren Einhaltung durchsetzten. So stehe es in einer Präventionsempfehlung des Ministeriums.
Auch in den Schulverwaltungen sind keine Fälle dieser Art bekannt, sollte es Konflikte zum Beispiel im Umgang mit weiblichen Lehrkräften geben, würden diese auf der Schulebene geklärt. Ein Sprecher der Lehrergewerkschaft GEW verweist darauf, dass oft etwa pietistische Elternhäuser sich gegen Schullektüren oder Unterrichtsinhalte wehrten. Solche Konflikte auszutragen gehöre zum pädagogischen Auftrag der Lehrer.
Der Dachverband der Muslime in der Schweiz hat inzwischen betont, aus religiöser Sicht spreche nichts gegen einen Handschlag. Vielmehr gebiete die Religion Höflichkeit – und jede Kultur definiere selbst, wie man diese ausdrücke.
- Islamwissenschaftler Ourghi: "Muslime brauchen den Mut zur Selbstkritik"
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