Diskussion um Farben
Zwei Farbpigmente für Tätowierfarben könnten verboten werden
Werden Tattoos bald weniger bunt? Zwei Farbpigmente, die als Grundstoffe vieler Farben dienen, könnten in der EU bald verboten werden. Gegen die Forderung formiert sich Widerstand.
Marie Reichenbach und Steffen Trumpf (dpa)
So, 16. Feb 2020, 18:00 Uhr
Panorama
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Bei der Frage nach Sinn und Ästhetik von Tätowierungen gehen die Meinungen auseinander. Während die einen nicht verstehen, warum man Tinte als Körperkunst unter der Haut trägt, ist der Gang zum Tätowierer für andere fast so normal wie ein Friseurbesuch. Dabei sind Tattoos schon längst nicht mehr nur Kennzeichen bestimmter Gruppen. Der Fantasie scheinen bei Motiv und Gestaltung fast keine Grenzen gesetzt. Was die Auswahl der Farben angeht, könnte es zumindest in der EU mit der großen Freiheit aber bald vorbei sein.
Die Tattoo-Szene schlägt schon jetzt Alarm: "Sollte es zu einem Verbot kommen, werden über 60 Prozent der Farbmotive zumindest offiziell nicht mehr möglich sein", sagt Tätowierer Jörn Elsenbruch aus Nordrhein-Westfalen. Aus seiner Sicht ist das Verbot unsinnig. Dass die Farbpigmente gesundheitsschädlich sind, sei wissenschaftlich nicht bewiesen. "In 25 Jahren habe ich nicht ein schwerwiegendes Problem mit den Pigmenten erlebt", so Elsenbruch.
Die bedenklichen Substanzen sind laut einer EU-Regulierung bereits in Kosmetika tabu. Die ECHA-Position ist klar: Was nicht auf der Haut verwendet werden darf, dürfe auch nicht unter der Haut verwendet werden. Im konkreten Fall von Blue 15 und Green 7 geht es der Behörde um zwei Dinge: Zum einen hängen die Bedenken mit dem Blasenkrebsrisiko der Stoffe zusammen, zum anderen ist ein Ausschuss der ECHA zu der Einschätzung gekommen, dass die Informationen über die Pigmente unzureichend seien, um einen sicheren Gebrauch zu garantieren.
Argumente, die aus Sicht vieler Tätowierer kein Verbot rechtfertigen. Elsenbruch hat eine Online-Petition initiiert unter dem Titel #tattoofarbenretten. Mehr als 150 000 Unterstützende, darunter nach eigenen Angaben auch einige prominente Fußballer, hat er überzeugt.
Das bedeutet, dass der Petitionsausschuss des Bundestags in einem ersten Schritt über die Forderungen der Unterzeichner öffentlich beraten wird. "Wir fordern von Bundesregierung und Bundestag, ein EU-Verbot abzuwenden", sagt Elsenbruch. Außerdem fordert er die Politik auf, mit der Tattoo-Szene in den Dialog zu treten. "Wir wollen nichts Gefährliches in Tätowierfarben", betont der 53-Jährige. "Sollten Untersuchungen bestätigen, dass die besagten Pigmente gesundheitsschädlich sind, können wir über ein Verbot sprechen."
Die Pigmente einfach so zu verbieten, würde die in den vergangenen Jahren mühevoll aufgebauten Gesundheitsstandards zerstören, befürchtet Elsenbruch. "Wegen eines Verbots wird die Szene nicht auf die Pigmente Green 7 und Blue 15 verzichten." Tätowierer würden sich die Farben aus dem Ausland besorgen oder der Schwarzmarkt würde die Lücke mit Farben füllen, die nicht gelabelt sind. "Dann sind wir in Sachen Regulierung wieder auf dem Stand von vor 25 Jahren", ist sich der Tätowierer sicher.
Der ECHA geht es laut eigenen Angaben vor allem um das Wohl der Bürgerinnen und Bürger. "Weder die Kommission noch die ECHA schlägt vor, Tätowierungen oder Tattoo-Farben zu verbieten oder auch nur blaue und grüne Farben in Tattoos zu verbieten", teilte ein ECHA-Sprecher mit. "Unser Ziel ist es, das Tätowieren sicherer für den Verbraucher zu machen."
Dieses Ziel verfolgt auch die Bundesregierung. Der gesundheitliche Verbraucherschutz auf wissenschaftlicher Basis sei ihr zentrales Anliegen, heißt es aus dem zuständigen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. "Die Bundesregierung wird sich in diesem Sinne bei den Beratungen in den zuständigen Gremien in Brüssel einsetzen."
Im April wollen die EU-Staaten über ein Verbot beraten. Kurzfristig muss die Tattoo-Szene auf Green 7 und Blue 15 aber keinesfalls verzichten. Bevor das Verbot greift, soll es eine mehrjährige Übergangsfrist geben, um Alternativen für die beiden Pigmente zu finden. Die wird es laut Elsenbruch aber nicht geben, "danach wurde bereits zehn Jahre ohne Erfolg geforscht". Die geplante Übergangsphase ist für den Tätowierer ohnehin ein Widerspruch, der die Unsinnigkeit des Verbots verdeutliche: "Wenn doch etwas gefährlich sein soll, darf man sich doch keine zwei Jahre Zeit nehmen, um nach Alternativen zu suchen."
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