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Wo Generationen das Tanzen lernten

Mit einer Matinee am 10. November feiert Sonia Kmitta den 50. Geburtstag ihrer Ballettschule. Sie hat es geschafft, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Dass sie diesen Weg gehen konnte, war nicht selbstverständlich.  

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Sonia Kmitta blickt auf 50 Jahre Tanzschule. Foto: Bettina Schaller
Für Sonia Kmitta ist ihre Ballettschule wie ihr zweites Wohnzimmer. Denn die gebürtige Straßburgerin lebt ihren Traumberuf. Dass dies möglich wurde, hat die heute 75-Jährige auch ihrem Vater zu verdanken. Er stammt aus Algerien und war als Fremdenlegionär im Dienst für Frankreich. Er hat es ihr ermöglicht, in Kehl in die Ballettschule zu gehen und später die Ausbildung an der Berufsfachschule in Frankfurt abzuschließen.

Auf die Frage, ob sie sich noch an ihren ersten Auftritt erinnert, kramt sie einen alten Schuhkarton hervor und sucht nach Fotos vergangener Tage. Sie erinnert sich an "Eine Nacht in Venedig" und an ihr an ihr erstes Engagement in Saarbrücken als Tänzerin am Theater. Der Lohn: 400 Mark. Beim zweiten Engagement in Augsburg gab es 600 Mark Künstlergage. "Es war schwierig, über die Runden zu kommen, man ist halt Künstler", erzählt sie. Sie bereut keine Minute, Tanz zu ihrem Lebensinhalt gemacht zu haben.

Noch heute residiert Sonia Kmitta mit ihrer Ballettschule in der Lotzbeckstraße. Nachdem eine Krankenkasse die Räumlichkeiten freigemacht hatte, habe sie ein Immobilienmakler an die Familie Hauer verwiesen. Bis heute sei sie dort Mieterin. Ursprünglich habe sie nach einem Engagement am Theater in Freiburg gesucht, sei dann aber mit ihrem Mann von Straßburg in den Lahrer Ortsteil Sulz gezogen, wo sie lange mit ihren beiden Töchtern gelebt habe. Als offizieller Gründungsmonat der Schule wird auf der Homepage September 1973 angegeben. Eigentlich sind es also schon 51 Jahre, der runde Geburtstag wird aber nachgefeiert.

1973 ist sie von Straßburg weggegangen, dort habe sie in fast jeden Stadtteil gewohnt, sei auch mit Kindern von Europaabgeordneten in die Schule gegangen, habe erste Kontakte zum Ballett geknüpft. "Mein Vater war Fabrikarbeiter, eigentlich unmöglich, dass ich ins Ballett gehen konnte", blickt sie auf ihre Kindheit in Straßburg zurück. Ihr Glück: Der Umzug ins Stadtviertel Pont du Rhin. Von dort war der Weg kurz nach Kehl ins Ballett. Für die damalige Zeit sei es bemerkenswert gewesen, dass ausgerechnet der Vater die Tochter bei dem Berufswunsch Tänzerin unterstützt habe.

Die ersten fünf Jahre nach der Gründung ihrer Ballettschule in Lahr sei es "knallig gewesen, bis es gelaufen ist". In dem Altbau an der Lotzbeckstraße seien die Heizungskosten sehr hoch gewesen. "Wir haben viel gefroren. Die Firma Günther ist immer sehr kulant gewesen", sagt sie dankbar. Sie kramt ein altes Schwarz-Weiß-Foto hervor, das die Eleven aus der Anfangszeit zeigt. Sie kennt noch jedes Mädchen und jeden Jungen ("ja, es waren zwei dabei") mit Namen. Später habe sie auch teilweise deren Kindern Ballettstunden gegeben. Diese sind heute bei ihr im Frauenballett.

Die Zeit der Stationierung der Kanadier sei gut für die Ballettschule gewesen, denn viele kanadischen Kinder seien dorthin gekommen. Ein Interview, das sie dem kanadischen Rundfunk gegeben hat, habe damals für Zulauf gesorgt. Mit Pamela Fralick, die früher für die kanadischen Streitkräfte gearbeitet hat, ist sie heute noch befreundet.

Vom klassischen Spitzentanz bis Jazz-Tanz unterrichtete Sonia Kmitta und brillierte alle zwei Jahre mit einer Aufführung auf der Bühne der Lahrer Stadthalle. "Jedes Mal habe ich sechs Wochen vor der Aufführung Panikattacken bekommen", berichtet sie und gesteht, dass sie immer geträumt habe, dass keiner zur Aufführung komme und sie nur acht Karten verkauft habe. "Ich hatte immer Angst vor der Blamage." Doch jedes Mal sei es rappelvoll gewesen und ihre Ängste umsonst. "Peter und der Wolf" habe sie an ihrem ersten Ballettabend in der Stadthalle aufgeführt. Etwas Besonderes sei auch immer der Rosenabend gewesen, blickt sie zurück. "Eine tolle Veranstaltung im Stadtpark mit Ballett, Gesang von Gabriele Breger in der Orangerie, viel Musik, der legendären Rosenbowle und Köstlichkeiten der Metzgereien Lehmann und Schätzle." Auch der Rosenball in der Stadthalle sei eine exklusive Veranstaltung gewesen. Das "Fest der leisen Töne" sei dann der Chrysanthema zum Opfer gefallen, bedauert sie.

Und wie sieht der Blick in die Zukunft aus? "Ich lasse es auf mich zukommen. Gesundheit ist ein Luxusgut", sagt Sonia Kmitta. Sie freut sich, dass mit Annette Gündel und einer neuen Mitarbeiterin von Bauchtanz über Ballett bis hin zum Modern Dance alles im Programm steht. Mittlerweile gibt es fünf Ballettschulen in Lahr. Da sei es notwendig, sich entsprechend aufzustellen.

Die Matinee beginnt am Sonntag, 10. November, 11 Uhr, im Parktheater. Das Weihnachtsmärchen "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern" wird getanzt von der Ballettschule Kmitta und dem Ensemble Annette Gündel, erzählt von André Blum (Théâtre Alsacien Alsacien de Strasbourg), gesungen von Tatjana Charalgina-Wilson und Schülern.

Ressort: Lahr

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 31. Oktober 2024: PDF-Version herunterladen

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