Biodiversität

Wie Streuobstwiesen in Kappel-Grafenhausen wiederbelebt werden

Wie können Streuobstwiesen wieder zur Heimat vieler Arten werden? Dieser Frage ging eine Veranstaltung des Landratsamts in Kappel-Grafenhausen nach.  

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Ein Apfelbaum wird durch gezielte Schnitte revitalisiert.  | Foto: Erika Sieberts
Ein Apfelbaum wird durch gezielte Schnitte revitalisiert. Foto: Erika Sieberts
"Eine Streuobstwiese ist ein Hotspot der Biodiversität", hat Kristina Paleit vom Offenburger Landratsamt am Samstag in Kappel-Grafenhausen gesagt. Dort trafen sich Besitzer von Streuobstwiesen und Akteure vom BUND Ettenheim und Umland, um mit der Landschaftsplanerin Eingriffe und Pflege zu besprechen und einiges direkt umzusetzen.

Situation

Der Wunsch der Teilnehmenden war es, ein funktionierendes Ökosystem zu schaffen. Doch wie sollte das gehen, wenn die Bäume entweder die Last der Früchte nicht mehr tragen können oder wenn sie kaum noch tragen, weil sie alt sind, und wenn auf der Wiese nur noch Löwenzahn sprießt und fettes Gras? Vor dieser Situation finden sich viele Besitzer von Streuobstwiesen. Manche Privatleute sind zu Landwirten geworden, weil sie entweder Flächen gekauft, geerbt oder erhalten haben, jedoch aufgrund der wirtschaftlichen Lage nicht viel mit dem Ertrag anfangen können.

Revitalisierung der Bäume

Hardy Scheer vom BUND, der bereits einen Kurs zum Schnitt von zu üppig tragenden Bäumen im Herbst organisiert hatte, hat auf Wunsch der damals Teilnehmenden nun eine Wiese ausgesucht, auf der alte, verwachsene Bäume standen. Scheer erläuterte eingangs den Schnitt des Stockaustriebs am Stamm und langer, verwachsener Äste in der Krone, um die Kraft des Baumes zu konzentrieren und ihn anzuregen, wieder strukturiert zu wachsen.

Im vorangegangenen Kurs ging es darum, die Obstbäume vor zu viel Ertrag und drohenden Astabbrüchen zu schützen, indem man möglichst viele stärkere Äste herausnimmt und kürzt. Am Samstag hieß es, aus einem alten Baum wieder einen Schmuck in der Landschaft zu machen. Dazu müssen tote Stellen abgeschnitten und noch weiche, bewegliche Äste eingekürzt werden, damit sie sich entwickeln. Licht und locker soll die Krone bleiben. "Altbaubestände sind wertvoll", sagte Kristina Paleit. Die Landwirte ergänzten, dass das Obst im Herbst eingesammelt werden solle, damit sich Schädlinge, wie der Apfelwickler im Obst nicht rasant vermehrten und keine Mäuse angezogen werden.

Keltereien würden inzwischen wieder ordentlich zahlen, sagte ein Landwirt. Außerdem könne man Bäume mit Bändern für die Bevölkerung zum kostenlosen ernten markieren. Solche Aktionen hätten viele Gemeinden gestartet, jedoch funktionierten sie teilweise nicht gut. An- und Abfahrten mit den Auto störten, und es sei teilweise nicht klar, ob nur aufgelesen oder auch gepflückt werden dürfe.

Wiese

Besondere Aufmerksamkeit sollten Besitzer von Streuobstwiesen auf die Wiesen lenken. "Denn nur wenn die Wiese auch artenreich ist, entwickeln sich Insekten, Vögel oder Kleinsäuger", sagte Kristina Paleit vom Landratsamt Offenburg. Der BUND hat mit seiner Steinkauzbetreuung bereits auf die Relevanz der Wiesen aufmerksam gemacht. Um das Überleben von Steinkauz und anderen Arten zu sichern, sollten die Wiesen zum einen stehen gelassen und nur zwei Mal im Jahr gemäht werden, zum anderen brauche etwa der Kauz für seine Jagd niedrige Vegetation, die nicht höher ist als er selbst. Ein Widerspruch? Nein, sagt die Frau vom Amt. Die Lösung für den Erhalt oder die Ansiedlung möglichst vieler Arten sei ein Mosaik oder Streifen. "Die Baumscheibe muss frei sein", ergänzte ein Landwirt, "damit der Baum keine Konkurrenz an den Wurzeln hat". "Und es ist wichtig, nicht zu mulchen, sondern das Mähgut abzufahren", sagte Kristina Paleit. Früher sei gemäht worden, wenn die Margeriten verblüht waren, zu Johanni und dann noch einmal zu Michaeli, also Ende Juni und Ende September. Indikatoren für eine intakte Magerwiese seien Flockenblumen, Wiesensalbei und Glatthafer. Er wolle eine Blumenwiese einsäen, sagte ein Landwirt. "Aufpassen bei der Mischung", mahnte Kristina Paleit. Sie sollte "regiozertifiziert" sein.

Insektenhotels

Ob man noch ein Insektenhotel in den Baum hängen sollte? Dazu sagte Paleit: "95 Prozent sind für die Katz", weil Materialien verbaut werden, wie Stirnholz oder Porotonsteine, die Insekten nicht nutzten, weil sie zu dicht seien oder zu große Öffnungen vorfinden. Wildbienen etwa lebten im Boden und blieben gerne unter sich. Besser als Insektenhotels zu bauen sei es, die natürliche Umgebung zu pflegen oder wiederherzustellen, für Bienen kleine Bereiche, auf denen nichts wächst.

Stimmen

"Hut ab vor denen, die eine Streuobstwiese intakt halten", lobte ein Kursteilnehmer. "Wir wollen unsere Streuobstwiesen so sinnvoll wie möglich gestalten", sagte ein Frau, die mit ihrem Bruder von den Eltern geerbte Flächen pflegt. Die Wiesenbesitzer waren sich einig, dass es wunderschön sei, wenn man wieder Spechte und Meisen höre.
Schlagworte: Kristina Paleit, Hardy Scheer
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