Zwei Kulturen im Spiegel der Comedy

Serhat Dogan macht sich im Ettenheimer KKW zum zweiten Mal auf Spurensuche nach Unterschieden zwischen der Türkei und Deutschland. Und wundert sich.  

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Serhat Dogan  | Foto: Sandra Decoux
Serhat Dogan Foto: Sandra Decoux
Auch wenn die Türkei nicht gar zu bald von der EU aufgenommen wird, sind Kultur, Lebensweise, politische Einstellung der Türkei schon vertraut – auch dank Serhat Dogan, der am Samstagabend nun zum zweiten Mal im Ettenheimer KKW auftrat. 2004 ist ihm mit einem Comedy-Visum die Einreise nach Deutschland und somit die Flucht vor dem heimischen Militärdienst gelungen, berichtet er. Belobigungsschreiben von Unterhaltungskünstlern an die Einwanderungsbehörde hatten ihm dazu verholfen. Seither erweist er sich auf Kleinkunstbühnen als amüsanter Botschafter des Landes am Bosporus.

Sein Tagebuch hilft ihm, die ersten Eindrücke nach der Ankunft in Deutschland, bar jeglicher Sprachkenntnisse, auch 21 Jahre danach parat zu haben und sein Publikum daran teilhaben zu lassen. Schnell wird die Strategie seiner Unterhaltung klar: Er hält seinem Geburtsland wie seiner neuen Heimat ebenso humorvoll wie schonungslos den Spiegel vor.

Eigentlich wollte er ja nach Deutschland, aber er landet in Bayern, wo er sein erstes Bier in einem Glas serviert bekommt, das ihn eher an ein Aquarium erinnert. Mit dem "Grüß Gott" weiß er nichts anzufangen. Auch seine Weiterreise nach Sachsen ist noch mit vielen Verunsicherungen verbunden – nicht nur wegen der nun ganz anderen Sprache, sondern weil er nicht weiß, warum er in Hoyerswerda Männern begegnet, die "Türken klatschen" wollen. Wieso klatschen? So gut kann er doch noch gar nicht Deutsch.

Die Tatsache, dass Alice Schwarzer die Patin seines Schwagers ist, dient ihm als Beweis, dass er kein Macho ist. Immer wieder versichert er, dass er seine Frau liebt. Die Zahl, mit der er die nächtlich-eheliche Pflichterfüllung benennt, löst ein Raunen im Auditorium aus, außer, wenn halt ein Fußballspiel von Fenerbahce Istanbul übertragen wird. Das Publikum im abgedunkelten Gewölbekeller biegt sich immer wieder vor Lachen, wenn er von seinen Erfahrungen berichtet: auf der Reeperbahn, bei den Schwaben und von seiner Überraschung, dass in Berlin-Kreuzberg fast ausschließlich Türkisch gesprochen wird.

"Warum?" ist seine Lieblingsfrage. Warum bekommen Deutsche den Nobelpreis und Türken Kinder? Warum muss bei den Deutschen alles so minutiös durchgetaktet sein – und wieso fahren sie trotzdem mit der Deutschen Bahn? Warum machen Deutsche sogar noch im Urlaub Stress, ganz im Gegensatz zu den Türken.

Neben dem Tagebuch spielt für Serhat Dogan seine Song-Sammlung eine wichtige Rolle im Programm. "Dieser Weg wird kein leichter sein" – diese Erfahrung hat er bei seiner Ankunft in Deutschland wahrlich gemacht, obwohl doch schon Ina Deter wusste: "Neue Männer braucht das Land". Bei Herbert Grönemeyers Song hat er so seine Verständnisschwierigkeiten: "Der spricht so Deutsch wie Lothar Matthäus Englisch", findet er.

Und weil die Beobachtung der Unterschiede zwischen beiden Ländern seine große Stärke ist, führt er in der Zugabe vor, wie sich türkische Männer und deutsche Männer in der Disco verhalten. Gut zu wissen, denn immer mal wieder weist er darauf hin: "Passt gut auf – bald sind wir in der EU."
Schlagworte: Serhat Dogan, Lothar Matthäus, Herbert Grönemeyers
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