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Wie sieben Mal auf den Mount Everest

Jakob Schönhagen
  • So, 30. Juni 2024
    Radsport

     

Kai Saaler hat es geschafft. Der Südbadener hat in sieben Tagen 65.000 Höhenmeter auf dem Fahrrad zurückgelegt und damit einen Rekord aufgestellt. Wie geht sowas?.

Foto: Achim Keller
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Um zu beschreiben, was er vorhatte, hat Kai Saaler einen neuen Begriff erfunden: Severesting nennt der 37-jährige Extremsportler das Kunststück, das er in der Nach vom Sonntag auf Montag vergangener Woche vollendet hat.

Sieben Tage lang am Stück hat er dabei mit dem Fahrrad die Höhenmeter des Mount Everest bewältigt, also mindestens 8848 Höhenmeter pro Tag. Insgesamt kam der Radsportler auf 65.000 Höhenmeter in einer Woche – ein Rekord. Zum Vergleich: Bei der Tour de France werden innerhalb von drei Wochen 55.000 Höhenmeter erklommen.
Unter dem Motto "Sieben Tage, sieben Berge" hat der Mann aus dem südbadischen Hasel es so ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft. Everesting kam als Rad-Challenge in der Corona-Krise auf. Wenn schon nicht auf den höchsten Berg der Welt radeln, so dachten sich die ambitioniertesten Pedal-Treter der Welt, dann doch wenigstens die entsprechenden Höhenmeter abspulen. Ein Trend war geboren. Und Saaler kann sich nun durchaus als König dieses Trends bezeichnen.
Hochblauen, Belchen, Schauinsland, Kandel, Zuflucht, Hornisgrinde, Rote Lache – diese Schwarzwälder Gipfel waren Saalers Everest-Ersatz. Damit dabei die nötigen Meter aufs Tacho kamen, erklomm der Radfahrer die Gipfel mehrmals hintereinander.

Am Montag ging es 14 Mal auf den Hochblauen, am Dienstag zwölf Mal auf den Belchen. 14 Mal erklomm er die Zuflucht, zehn Mal den Kandel, zwölf Mal den Schauinsland (allein das waren zwölf Mal 800 Höhenmeter auf elfeinhalb Kilometern am Mittwoch). Zum Abschluss ging es 24 Mal die auf die Rote Lache. Brennende Oberschenkel garantiert. Begleitet wurde Saaler bei seinem Weltrekord von einem Team, das ihn mit Essen versorgte und ein Basecamp an seinen jeweiligen Übernachtungsstandorten errichtete. Wobei von Schlaf kaum die Rede sein konnte.

Durchschnittlich kam der Extremsportler auf gerade einmal vier bis fünf Stunden Schlaf pro Nacht. Geschlafen wurde im Van. Und zwischen manch einem Anstieg gönnte sich der 37-Jährige einen Powernap – Luxus auf der Rekordreise. Erholung sieht anders aus. 14 Stunden saß der Radfahrer dadurch pro Tag im Sattel. Kalorienverbrauch – rund 10.000 pro Tag. Das per Nahrungsaufnahme wieder reinzuholen, ist eine schwere Aufgabe. Morgens Haferflocken, mittags Powergel, abends Nudeln. Und zwischendurch mal eine Brezel. Und doch reicht all das kaum, um den Energiehaushalt zu decken. Saalers Severesting war ein Husarenstück.
Mit langen Strecken kennt sich der erfahrene Radrennfahrer aus. Im Amateurbereich ist der gebürtige Bad Säckinger Weltmeister im 24-Stunden-Mountainbiken und mehrfacher Europameister in derselben Disziplin. 2019 hatte er binnen 24 Stunden 17.391 Höhenmeter auf unbefestigten Wegen zurückgelegt. Und scheiterte damit nur knapp am Weltrekord.

Eine Long-Covid-Erkrankung aber unterbrach seine Karriere anschließend lange. Erst seit einer erfolgreichen Herz-OP 2022 kann Saaler wieder seiner Passion nachgehen. Das Severesting war der Höhepunkt seines langen Genesungswegs.

Die Idee hinter der ganzen Sache hat indes ideelle Gründe. Saaler wollte mit seiner Tour Spenden sammeln für Menschen mit Multipler Sklerose und neurologischen Erkrankungen. "Diese Menschen können nicht aufgeben", sagt er. "Denn das bedeutet für sie den Tod." Deswegen war es für Saaler auf seiner Rekordjagd auch keine Option, aufzugeben.

Ressort: Radsport

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