Rechtsanspruch
Wie Schulen aus der Region Ganztagesbetreuung gestalten und welche Probleme sie haben
Von 2025 an soll es einen Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung im Grundschulalter geben. Doch selbst Schulen, die in der Region Vorreiter in Sachen Ganztagsbetreuung sind, kämpfen mit Problemen.
Do, 22. Feb 2018, 8:32 Uhr
Südwest
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"Der Bedarf ist da." Cornelia Huber, Rektorin der Grundschule im Lörracher Stadtteil Tumringen, weiß aus Erfahrung, wie sehr Eltern auf Betreuungsangebote außerhalb der Schulzeiten angewiesen sind. Allerdings sieht die Schulleiterin das Problem nicht beim Rechtsanspruch, vielmehr hänge es von den Kosten ab, wie viele Eltern solche Angebote wahrnehmen könnten.
Die Diskussion um Betreuungszeiten wurde in Lörrach in den vergangenen Monaten intensiv geführt, besonders im Stadtteil Tumringen, wo die Nachfrage traditionell groß ist. Die Grundschule Tumringen deckt einen Bezirk ab, zu dem ein Wohngebiet mit vielen wirtschaftlich nicht so gut gestellten Familien ebenso gehört wie ein traditioneller Dorfkern und Straßenzüge mit gut situierten Doppelverdienern. 2017 hat die Stadt Lörrach eine ausgeklügelte, von vielen Eltern jedoch als zu teuer kritisierte Gebührenstaffel für die Betreuungszeiten eingeführt. Ziel der Kommune war es, über die Gebühren die Eltern bei den reinen Betreuungszeiten mehr in die Pflicht zu nehmen und dafür an Ganztagsschulen das Angebot außerhalb der Unterrichtszeiten zu verbessern.
Die Betreuungsstunden kosten je nach Einkommen pro gebuchter Stunde und Monat zwischen 6 und 15 Euro – offenbar zu viel für viele Eltern, wie Cornelia Huber vermutet. An der Grundschule Tumringen jedenfalls wurden zum Schuljahresbeginn mit der neuen Regelung deutlich weniger Stunden gebucht. Die Zahl der Kinder in den Betreuungsangeboten blieb zwar gleich, doch die Eltern belegen nur noch 413 statt bisher 640 Betreuungsstunden. "Das Angebot bestand, doch wenn es für die Eltern zu teuer ist, würde auch ein Rechtsanspruch nichts ändern", sagt Cornelia Huber.Die um etwa ein Drittel zurückgegangene Nachfrage hat bereits Folgen. Morgens zwischen 7 Uhr und dem Schulbeginn um 8 Uhr gibt es kein Angebot mehr. Und der freie Träger hat wegen der geringeren Auslastung bereits Fachpersonal abgebaut. Aber gerade in der pädagogischen Qualität liegt nach Einschätzung von Cornelia Huber die Bedeutung der außerunterrichtlichen Angebote. Es sei mehr als nur ein reines Beaufsichtigen.
Ganztagesschule, meint Huber, sollte dagegen nur in Maßen und mit Rücksicht auf die Kinder stattfinden. Die Grundschule Tumringen bietet die Ganztagesschule in der Wahlform an und dies auch nur an drei Tagen bis 15 Uhr. Cornelia Huber versteht die Nachmittagsbetreuung als eine Ergänzung zur Ganztagesschule.
Willkommen im Bungalow. Bungalow – so heißt die Containeranlage der Anne-Frank-Grundschule im Freiburger Stadtteil Betzenhausen und sie ist nicht gerade das, was man sich als Bungalow vorstellt. Dort findet die außerunterrichtliche Betreuung (AUB) statt – in schlichten, aber funktionalen Räumen. Und damit ist die Leiterin der AUB, Monika Engelmann, ziemlich zufrieden. "Früher haben die Kinder in den Klassenzimmern gegessen", sagt Engelmann, "das hier ist eine deutliche Verbesserung."
Nun wechseln die Schüler nach dem Unterricht in die Containerräume, dort gibt es Mittagessen und Spielangebote, die Kinder machen Hausaufgaben und bekommen Hilfe beim Lernen. Betreut werden die Kinder von ausgebildeten Fachkräften – keine Selbstverständlichkeit, wie Monika Engelmann anmerkt. Ohnehin läuft hier alles ziemlich professionell: Die Erzieher bilden mit den Lehrkräften jeweils ein Klassen-Team, beim Essen wünschen sich die Kinder einen guten Appetit, nachmittags gibt es Zirkusangebote.
Dass sich an der Schule in Betzenhausen in den vergangenen Jahren viel in der Betreuung der Grundschüler getan hat, hängt in erster Linie damit zusammen, dass die Stadt Freiburg das Konzept der Schulkindbetreuung vor knapp vier Jahren professionalisiert hat und dafür viele Millionen Euro in die Hände nimmt. Die Anne-Frank-Grundschule ist Teil dieses Konzepts.
Die Eltern nehmen es an, seit Jahren wird die Betreuung von Jahr zu Jahr stärker nachgefragt. Derzeit sind 200 von 260 Schüler in unterschiedlichen Betreuungsmodulen angemeldet, die meisten davon bis 17 Uhr, manche bis 18 Uhr. Kostenpunkt für die Eltern: Je nach Zeiten zwischen 45 und 125 Euro im Monat.
Trotz der vielen Verbesserungen: Bliebe an der Anne-Frank-Grundschule alles, wie es jetzt ist, würde es eng. Die Betreuung ist so stark nachgefragt, dass der Platz nicht reicht. "Wenn der Rechtsanspruch jetzt kommen würde, hätten wir ein Problem", sagt Engelmann. Doch die Schule hat dem Rechtsanspruch ein Schnippchen geschlagen. Aufgrund der großen Nachfrage entstand vor einigen Jahren der Gedanke der gebundenen Ganztagesschule. "Und, weil wir der Überzeugung sind, dass mehr Zeit in der Schule die Chancengleichheit für die vielen Kinder aus benachteiligten Familien maßgeblich erhöht", sagt die Schulleiterin Karoline Schiafone. Das Schulgebäude wird saniert, um- und angebaut inklusive Mensa. Kostenpunkt: 27 Millionen Euro. Baubeginn ist Ende des Jahres.
In das frühere Lehrerwohnhaus der Schule der französischen Streitkräfte hat die Anne-Frank-Grundschule in der Offenburger Nordoststadt ihre Schülerbetreuung ausgelagert. Bis zu 150 Kinder lernen, spielen, essen und lärmen hier werktäglich durch das Bunte Haus. So heißt die Immobilie, seit 1995 der Verein der Ausländerinitiative Offenburg hier die Schülerbetreuung im Auftrag der Stadt übernahm. Die Anne-Frank-Schule ist nur 200 Meter entfernt.
Offenburg ist Ganztagesschulstadt. Wenn die Georg-Monsch-Schule im September ebenfalls auf Ganztagesbetrieb umstellt, ist das Bunte Haus die einzige Einrichtung, die dann noch ein Betreuungsangebot unterhält, für das die Groko einen Rechtsanspruch plant. Der brächte das Bunte Haus an Kapazitätsgrenzen. "Schon heute sind alle Hortplätze in Offenburg ausgebucht", sagt Philipp Basler, Leiter des Bunten Hauses. "Wir auch", sagt Basler, "für unsere 100 Hortplätze gibt es eine Warteliste. Und die Nachfrage steigt ständig." Weil in Offenburg quasi Vollbeschäftigung herrsche, suchen viele einen Betreuungsplatz. Deshalb hätten etliche Eltern signalisiert, dass sie einen Rechtsanspruch gut finden, so Basler. Ein Ausbau der Kapazitäten wäre möglich, wenn die Erich-Kästner-Realschule, die sich momentan mit der Anne-Frank-Schule unter einem Dach befindet, wie geplant ausziehen würde.
Die ersten der aktuell 102 betreuten Kinder kommen bereits um 7.25 Uhr ins Bunte Haus. Nach Schulende gibt es Betreuung bis 13 Uhr. 27 Euro kostet das die Eltern im Monat. In den Ferien können die Eltern Betreuung von 7.25 bis 17 Uhr für 4 Euro pro Tag zukaufen. Familienpassbesitzer erhalten Ermäßigungen auf diese Gebühren. Das gilt auch für die im Hort betreuten Kinder. Für Mittagessen, Hausaufgaben- und Freizeitbetreuung von 13 bis 17 Uhr zahlen Eltern aktuell 61 Euro im Monat, falls nicht der Familienpass die Kosten mindert oder das Jugendamt sie ganz übernimmt. Bei rund 60 Schulferientagen hat der Hort nur an 26 Tagen geschlossen.
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