BZ-Interview
Wie nimmt man Kindern die Angst vor Horrorclowns?
Auch in Südbaden tauchen sogenannte Horrorclowns auf und erschrecken Leute massiv. Wie Eltern und Kinder damit umgehen sollten, erklärt ein Psychotherapeut aus Offenburg.
Mi, 26. Okt 2016, 19:06 Uhr
Offenburg
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BZ: Was passiert dann bei Menschen?
Fischer: Man weiß erst mal nicht, wie man sich verhalten soll. Es gibt einen Schreckmoment, die Psychologie nennt das "Freezing", in dem man nicht weiß: Soll ich flüchten, soll ich angreifen, was soll ich tun? Diesen Moment empfinden viele im Nachhinein als sehr quälend.
BZ: Können solche Begegnungen für Kinder traumatisch sein?
Fischer: In der Regel stecken Kinder diese Erfahrungen gut weg. Eltern sollten Kinder zunächst in den Arm nehmen und vermitteln, dass sie in Sicherheit sind. Wenn sich das Kind beruhigt hat, kann darüber ruhig und sachlich gesprochen werden. Wichtig ist, dass die Eltern Halt geben und den Kindern vermitteln: Das ist jetzt vorbei.
BZ: Zum Glück hat es in Südbaden noch nicht viele Begegnungen gegeben. Aber viele Kinder und Jugendliche haben Youtube-Filme mit Horrorclowns geteilt. Warum rufen die auch schon Angst hervor?
Fischer: Es ist eben nicht eindeutig Fiktion wie in einem Horrorfilm, wenn ich eine möglicherweise reale Szene auf Youtube sehe. Die Unterscheidung zwischen gespielt und echt ist dann nicht leicht zu treffen. Das verunsichert.
BZ: Was sollen Eltern machen, wenn ihre Kinder vorm Einschlafen einen Stock neben das Bett stellen, um sich in der Nacht gegen böse Clowns wehren zu können?
Fischer: Letztendlich ist es immer gut, wenn man Rituale hat, die böse Geister vertreiben oder böse Träume fernhalten. Das kann ein Traumfänger sein, das Kuscheln im Bett, eine Zauberformel gegen Angstwesen. Und natürlich brauchen Kinder das Wissen, dass die Eltern auch in der Nacht für sie da sind.
BZ: Traumfänger wirken aber bei älteren Kindern nicht mehr.
Fischer: Ihnen kann man zeigen: Dieser Raum, in dem du dich befindest, ist ein sicherer Ort. Das Fenster ist geschlossen, der Rollladen zu. So wird die Gefahr nach draußen verlagert: Du kannst dir sicher sein, hier kommt kein böser Clown rein.
BZ: Eltern machen sich auch Sorgen, weil bald an Halloween die Kinder selbst verkleidet unterwegs sind. Sollte da immer ein Erwachsener mitgehen?
Fischer: Es ist immer sinnvoll, dass ein Erwachsener im Hintergrund dabei ist. Halloween ist bei uns noch nicht so verankert wie etwa die Fasnacht, die alle kennen und bei der man einschätzen kann, was passiert.
BZ: Was halten Sie davon, dass Eltern ihre Kinder wegen der Horrorclowns in Selbstverteidigungskurse schicken?
Fischer: Die Polizei rät deutlich davon ab. Weglaufen ist nicht feige, sondern richtig. Selbstverteidigung ist nicht der richtige Weg, wir wissen ja nicht, wer sich hinter diesen Gruselfratzen verbirgt.
(36) ist promovierter Psychologe und arbeitet als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut an der Offenburger Mediclin-Klinik an der Lindenhöhe.
Die baden-württembergische Polizei hat sich wegen der Vorfälle mit Horrorclowns an die Öffentlichkeit gewandt. Sie appelliert daran, bei einer Begegnung mit einem Horrorclown besonnen zu bleiben. "Denn in den meisten Fällen handelt es sich um schlechte Scherze". Ihre Empfehlung: Man soll dem Clown aus dem Weg gehen und ihn nicht provozieren. Wenn man von ihm verfolgt oder bedroht wird, soll man Umstehende zur Hilfe auffordern. Auf jeden Fall soll man Anzeige bei der Polizei erstatten. Mögliche Täter weist die Polizei darauf hin, dass sich strafbar macht, wer Menschen verfolgt, nötigt oder angreift. Auch bloßes Erschrecken kann strafrechtlich relevant sein, wenn sich Erschreckte verletzen oder in lebensgefährliche Situationen geraten. Auch wer Menschen zum Schein mit Hammer, Messer oder einem anderen Gegenstand bedroht, müsse mit Strafverfolgung rechnen.