Brand durch Feuerwerk
Wie Familie Romane aus Lahr-Kippenheimweiler in der Silvesternacht alles verlor
Eine Silvesterrakete hat das Leben einer Lahrer Familie dramatisch verändert. Trotz schwerer Verluste durch den Wohnungsbrand bleibt Sarmite Romane optimistisch – und wird von einer Welle der Solidarität getragen.
Mi, 29. Jan 2025, 13:00 Uhr
Lahr
Thema: Aktion Weihnachtswunsch 2024
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Am Abend des 31. Dezember war die 50-jährige Sarmite Romane bei einer Silvester-Veranstaltung in Kenzingen, als ihr Telefon gegen 21 Uhr Sturm läutete. "Mehrere Nachbarn haben angerufen", erinnert sie sich. Da es auf dem Fest recht laut war und sie davon ausging, dass es sich um Neujahrswünsche handelt, ging sie zunächst nicht ran. Doch dann folgten Video-Nachrichten: Aufnahmen ihres brennenden Balkons im Ortsteil Kippenheimweiler. Im Schockzustand verließ sie das Fest und fuhr zurück zu ihrem Wohngebäude, das bereits von Feuerwehrkräften und Polizei umzingelt war. "Es war wie im Film. Das Ausmaß wurde mir da erst so richtig bewusst", erinnert sich Romane.
Die Wohnung war bereits gelöscht, als sie eintraf, dennoch musste sie mit der Feuerwehr verhandeln, um kurz hinein zu dürfen. "Ich hatte ja nichts dabei, als ich auf das Fest bin", schüttelt sie den Kopf. Außerdem vermutete sie noch ihre Katze in der Wohnung. Nachdem sie sich wenige Minuten in der Wohnung erkämpft hatte, fand sie die Katze im Kleiderschrank versteckt. "Ein Wunder. Ihr ging es gut".
"Das Fotobuch meiner Tochter ist verbrannt. Auch die Medaillen, die meine Kinder gewonnen haben, sind eingeschmolzen."Sarmite Romane
Die Erleichterung darüber ist ihr auch heute noch anzumerken. Ohnehin wirkt Romane sehr gefasst, während sie die vergangenen vier Wochen schildert, in denen sich ihr Leben um 180 Grad wendete. Das Feuer auf dem Balkon, auf dem der Feuerwehr zufolge eine Rakete gelandet sein muss, griff an diesem Abend auf das Wohnzimmer über. Fensterscheiben zersprangen aufgrund der Hitze. Durch die starke Ruß-Entwicklung wurden auch die anderen Zimmer stark beschädigt. Nachbarn hätten noch die Tür eingetreten, um zu helfen, berichtet die 50-Jährige gerührt. Doch kaum etwas konnte erhalten werden: "Ruß in jeder Ritze. Selbst im Besteckkasten war alles schwarz. Das Fotobuch meiner Tochter ist verbrannt. Auch die Medaillen, die meine Kinder gewonnen haben, sind eingeschmolzen", sagt sie traurig. "Schockierend war, dass um mich herum weiterhin Silvester gefeiert wurde."
Romane und ihr 21-jähriger Sohn kamen in der Nacht auf den ersten Januar zunächst bei einer Freundin unter, ihre 23-jährige Tochter bei Verwandten. Der Feiertag erschwerte es, die Situation zu handhaben, denn weder Behörden noch wichtige Einkaufsgeschäfte hatten geöffnet. "Wir hatten ja nicht einmal Kleidung oder eine Zahnbürste", schildert Romane den Tag danach. An diesem sei sie lange auf der Bushaltestelle vor ihrem einstigen Zuhause gesessen und habe versucht, die Situation zu begreifen. Viele Nachbarn und Bekannte boten ihr direkte Hilfe an, doch sie wusste nicht, wo sie überhaupt anfangen sollte. Ihre Wohnung, von einem Tag auf den anderen unbewohnbar – und eine Kernsanierung dauert.
"Ich möchte da bleiben, wo ich hingehöre."Sarmite Romane
Längerfristig untergekommen sei sie nun bei einer engen Bekannten, die in der Nähe ihrer alten Wohnung lebt. Die Stadtverwaltung habe ihr eine Wohnung in einem anderen Ortsteil angeboten, doch diese wollte und konnte sie nicht annehmen. "Ich möchte da bleiben, wo ich hingehöre", sagt die gebürtige Lettin, die seit 2014 in Kippenheimweiler lebt. "Ihr Leben hat sich vom einen auf den anderen Tag komplett geändert. Da kann man verstehen, dass sie in ihrer gewohnten Umgebung bleiben möchte", pflichtet Arbeitskollegin und Pflegedienstleitung Natalie Lauer der Entscheidung Romanes’, bei ihrer Freundin wohnen zu bleiben, bei.
Lauer erinnert sich genau an den zweiten Januar, den zweiten Tag nach der Katastrophe: "Sie stand wie gewohnt und pünktlich auf der Arbeit. Wir waren alle schockiert, sie direkt nach diesem Ereignis zum Dienst zu sehen", erzählt die Mitarbeiterin des Pflegedienstes Aktiv-Pflege in Langenwinkel. "Aber so ist Sarmite. Sie denkt immer zuerst an alle anderen und dann an sich selbst", sagt Lauer gerührt. Lauer und ihre Kolleginnen waren es, die zu einer Spendenaktion aufgerufen haben, um Romane zu helfen. "Die Spendenbereitschaft und die Anteilnahme sind groß. Damit haben wir nicht gerechnet." 3500 Euro sind zum Zeitpunkt des Interviews bereits gesammelt worden, unzählige Sachspenden lagern in einem Kellerabteil.
Romane spricht sich gegen Feuerwerk in Wohngebieten aus
Die große Hilfsbereitschaft, gerade die ihrer Patienten, geht der Hauswirtschafterin sehr nah: "Ich bin doch dafür da, anderen zu helfen. Jetzt sind sie plötzlich für mich da. Das macht mir eine Gänsehaut", sagt Romane gerührt. Die Herzlichkeit der Menschen, die ihr auch auf der Straße entgegen schwappt, sei immer wieder deutlich zu spüren. "Ich würde am liebsten jeden umarmen", ergänzt sie lachend.
Doch obwohl die Spendenaktion auf so viel Resonanz stießt, möchte sie auf ein anderes Herzensanliegen aufmerksam machen: Das Silvester-Böllern in Wohngebieten. "Eine kurze Freude durch das Schießen von Raketen bereitet so großes Leid", schüttelt sie den Kopf. Es sei ein Wunder, dass durch den Brand nicht auch noch Personen zu Schaden gekommen sind. "Ich würde mir wünschen, dass es Feuerwerke nur noch an öffentlichen, zentralen Orten gibt. Damit so etwas nicht nochmal passieren muss."
Die BZ-Weihnachtsaktion unterstützt Familie Romane mit einer Spende von 1500 Euro.