Landtagswahl
Wie die Parteien um Wähler mit Sprachproblemen werben
Parteien wollen verstanden werden – auch von Menschen, die schlecht lesen können oder kaum Deutsch sprechen. Deshalb gibt es Wahlprogramme in simpler Sprache. Außer bei der AfD.
Di, 23. Feb 2016, 0:00 Uhr
Südwest
Thema: Landtagswahl
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Auf 28 Seiten hat ein Expertenbüro der Arbeiterwohlfahrt die wichtigsten Thesen der sozialdemokratischen Landespartei zusammengefasst, in einfachen Sätzen mit jeweils nur einer einzigen Aussage, großer Schrift, schmalem Satzbild und Bindestrichen zwischen den einzelnen Teilen zusammengesetzter Hauptwörter. Parteisprecher Andreas Reissig sagt: "Das machen wir seit Langem, es gehört zum Standard." Die Rückmeldungen aus den Verbänden Betroffener seien positiv. Die SPD steht damit nicht allein, alle Landtagsparteien arbeiten mit derartigen Hilfen.
Für die CDU hat die Lebenshilfe die Kernthesen zur Landtagswahl in einer Broschüre zusammengefasst, die man ebenfalls aus dem Internet herunterladen kann: "Am 13. März 2016 wird der Land.Tag von Baden-Württemberg neu gewählt. Dabei entscheiden Sie, welche Partei Sie im Land vertreten soll. Für diese Wahl hat die CDU ein Programm gemacht. In diesem Heft finden Sie die wichtigsten Dinge aus dem Regierungs.Programm. In Leichter Sprache. CDU ist eine Abkürzung für: Christlich Demokratische Union." Statt Strichen nutzt die CDU Punkte innerhalb langer Hauptwörter, und natürlich auch Bilder und Fettdruck zur Hervorhebung. Am Ende wird der Leser allerdings vor allzu viel Verbindlichkeit gewarnt: "Aber nur das Original Regierungs.Programm ist wirklich gültig."
Um die Barriere zu senken, verwenden die Parteien die Leichte Sprache und nicht die sogenannte Einfache Sprache. Diese ist noch weniger geregelt. Bei der Leichten Sprache werden kurze Aktivsätze verwendet, jeder Satz enthält nur eine Aussage. Der Konjunktiv findet nicht statt, der Genetiv wird vermieden, ebenso fehlen Sprachbilder. Fremdwörter, so sie denn unvermeidlich sind, werden erklärt. Energiewende übersetzt die FDP etwa so: "Es soll weniger Strom aus Kohle gemacht werden. Sondern es soll viel mehr Strom mit dem Wasser und Sonne gemacht werden." Im Internet gehen solche Erklärungen sehr einfach: Mit der Maus drüberfahren, schon poppt die Übersetzung eines Fremdworts auf. In allen Leichte-Sprache-Programmen gibt es Bilder. Bei der CDU und der FDP fallen diese etwas komplexer aus als bei der SPD, die sich dafür ausführlicher sozialen Fragen widmet. Die FDP arbeitet in ihrer Kurzfassung zusätzlich mit Rähmchen und mehr Farbe, analog zu ihren bunten Wahlplakaten.
Die Grünen geben ihren Lesern philosophische Lebensbetrachtung mit auf den Weg. Auch werden diese nicht einfach geduzt. Das liest sich so: "Winfried Kretschmann sagt: Ich frage mich: Was hält unsere Gesellschaft zusammen? Die Menschen ändern sich. Alle Menschen in der Gesellschaft haben früher ähnlich gelebt. Heute gibt es mehr unterschiedliche Menschen. Und diese Menschen haben ein sehr unterschiedliches Leben. Wir müssen diese unterschiedlichen Menschen anerkennen. Und wir müssen verstehen: Diese Menschen sind gut für unsere Gesellschaft." Die Regierungspartei geht aber noch einen Schritt weiter und präsentiert ihr Programm auch in Gebärdensprache. Das allerdings funktioniert nur im Internet und dauert 21 Minuten.
Die Linke fasst ihre Thesen auf 33 Seiten zusammen und nutzt dabei die gleichen Bilder wie die FDP. Nur bei der AfD findet sich nichts in Leichter Sprache.
Leichte Sprache ist keine ganz neue Entwicklung, einen Verein für den deutschen Sprachraum gibt es bereits seit 2006 (http://www.leichtesprache.org Mitglieder sind vor allem Behindertenverbände, darunter die Lebenshilfe, die mit http://www.leichte-sprache.de einen eigenen Webauftritt hat. Zahlreiche Behörden und Institutionen bieten Leichte Sprache als barrierefreien Zugang an, darunter der Bundestag, der Landtag und die Landesregierung. Auch Kommunen wie die Stadt Stuttgart haben Broschüren in Leichter Sprache. Wer sie in seinen Alltag einbinden will, kann sich beim Bundessozialministerium einen Ratgeber herunterladen (http://www.bmas.de
- Kommentar zur Landtagswahl: Demokratie ist kein Wunschkonzert – auch nicht für Guido Wolf
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