Wenn aus dem Gast ein Dieb wird
Handtücher, Bademäntel, Gemälde – in Hotels wird oft geklaut was nicht niet- und nagelfest ist / Für Hoteliers geht das richtig ins Geld.
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SCHLUCHSEE (dpa). Handtücher, Bademäntel und Geschirr – viele Hotelgäste finden offenbar nichts dabei, Teile des Hotelinventars ungefragt einzustecken. Aber diese Diebstähle können auch für andere Gäste teuer werden. Denn viele Hoteliers sehen sich gezwungen, die Kosten für den Ersatz in die regulären Preise einzurechnen.
"Es trifft einen, wenn man sich besonders viel Mühe gemacht hat", sagt Thoma. Es nerve ihn, wenn andauernd aufwendige Tischdekorationen verschwinden. Er bietet die Tisch-Deko auch im hoteleigenen Shop an: "Aber es nützt nichts, die Leute klauen trotzdem."
Daniel Ohl, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Baden Württemberg (Dehoga), bestätigt: "Es wird geklaut, was nicht niet- und nagelfest ist." Doch meist handle es sich um Gegenstände mit geringem Wert: "Wenn die Gäste etwas mitnehmen, bedeutet das auch, dass ihnen das Konzept und das Design des Hotels gefallen haben." Diebstahl käme gerade in größeren und eher unpersönlichen Hotels vor. "Wenn das Bett von der Hotelmutter gemacht wird, die sie mit Namen begrüßt, halten sich die meisten Gäste zurück", sagt Ohl.
Der Verbandssprecher kennt viele Geschichten von kuriosen Hoteldiebstählen. Ein Konzertflügel verschwand über Nacht aus einem Hotel. Auch Flachbildfernseher oder teure Kunstgegenstände sind schon gestohlen worden. Teils brauche es für den Raub große handwerkliche Fähigkeiten. "Armaturen von WC-Einrichtungen, wie Wasserhähne, gehören auch zu den häufiger gestohlenen Dingen. Zum Abmontieren braucht man richtiges Werkzeug", sagt Ohl. Eine Folge der Diebeslust der Gäste sei, dass einige Hotels sich überlegen, ob sie auf aufwendiges Mobiliar oder Tischgedeck verzichten.
Es gibt keine verlässlichen Zahlen, wie häufig Gäste in deutschen Hotels tatsächlich zuschlagen. "Diebstähle durch Gäste werden in der Kriminalstatistik nicht explizit erfasst", sagt Dietmar Ernst, Sprecher des Polizeipräsidiums Freiburg. Seiner Erfahrung nach zeigen Hoteliers nur selten ihre eigenen Gäste an. Zudem müsse bei gestohlenen Wertgegenständen unter 50 Euro der Hotelier selbst einen Strafantrag stellen, erläutert Ernst: "Deswegen scheuen vermutlich viele den Aufwand und sehen von einer Anzeige ab." Die Dunkelziffer sei daher dementsprechend hoch.
Eine europaweite Umfrage von 2018 unter 1093 europäischen Hoteliers zeigt, dass Handtücher und Bademäntel die am häufigsten gestohlenen Gegenstände in Hotels sind. In 77 Prozent aller Fälle werde das Handtuch zum Diebesgut im Hotel – so die Studie des Hotel-Guides Wellness Heaven. Aber auch Kosmetik und Elektronik werde oft mitgenommen. Die Studie zeigt auch einen Unterschied zwischen 4 und 5-Sterne-Hotels. Gäste in hochwertigen Hotels tendieren im Vergleich neunmal häufiger dazu, teure Gegenstände wie Kunstwerke mitgehen zu lassen.
Ein Hotelbesitzer ließ sich deswegen eine kreative Lösung einfallen, erzählt Ohl. Da bei ihm regelmäßig Gemälde aus den Zimmern verschwanden, malte er ein großes rotes Kreuz auf die Wand hinter den Bildern. "So konnten die Zimmermädchen gleich am nächsten Morgen erkennen, wenn etwas fehlte", erläutert Ohl. Aber angezeigt habe der Hotelier die Gäste nicht: "Wenn tatsächlich klar ist, welcher Gast etwas mitgenommen hat, stellt man es einfach in Rechnung". Schließlich wolle man den Gast nicht vor den Kopf stoßen.
"Es gibt praktisch kein Unrechtsbewusstsein bei den Gästen", sagt Hotelier Ferdinand Thoma vom Schluchsee. Einmal erreichte ihn die Nachricht von einem Diebstahl, noch bevor der Gast abgereist war. "Der Gast stand bei mir an der Rezeption, da sagt mir das Personal, dass er 20 hölzerne Kleiderbügel mit Logo eingesteckt hat."
Thoma berechnete dem Gast 120 Euro extra. "Die Kleiderbügel kosten 7,50 pro Stück", habe er dem verdutzten Gast erklärt. Doch der sei ob der Rechnung außer sich geraten, erzählt Thoma. "Das ist doch vollkommen normal, dass die Leute etwas mitnehmen", sei die wütende Antwort des Gastes gewesen. Danach habe er die Kleiderbügel aus seinem Auto geholt und wutentbrannt mit lautem Getöse Thoma auf die Rezeption geschmissen. "Solche krasseren Fälle haben wir rund zwei Mal im Jahr", sagt Thoma: "Da muss man drüberstehen."
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