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Ehrenamtliches Engagement

Warum der Tag der Schmieheimerin Jule Becker in Costa Rica 27 Stunden hat

Wenn die Delegation aus Lahr einen Termin in Alajuela wahrnimmt, ist Jule Becker mittendrin. Die 25-Jährige aus Schmieheim ist als Übersetzerin mit der Gruppe unterwegs – längst nicht ihr einziges Engagement in Costa Rica.  

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Jule Becker im Einsatz als Dolmetscherin in Costa Rica Foto: Mark Alexander
Mehrmals die Woche fährt Jule Becker mit dem Bus in die Berge zum Liceo de Poás, der Lahrer Partnerschule außerhalb von Alajuela. Um 7 Uhr morgens los, mehrmals umsteigen, mittags ankommen, fünf Stunden Deutschunterricht geben, dann wieder gut vier Stunden zurück in die Hauptstadt San José. Während der Bürgerreise fungiert Jule Becker als Übersetzerin. "Jule war für uns ein Glückstreffer", sagt Marlies Llombart, die Vorsitzende des Freundeskreises Alajuela-Lahr, "sie ist unersetzlich geworden."

Zwei Tage später klappt es mit einem kurzen Gesprächstermin mit der Kippenheimerin im Museum Juan Santamaria in Alajuela. Wenige Minuten zuvor stand sie noch auf der Bühne, hat zur Nachhaltigkeitspartnerschaft zwischen Lahr und Alajuela übersetzt.

Ihr Weg nach Alajuela beginnt in Peru

"Seit einem Jahr hat mein Tag 27 Stunden", sagt sie, und wirkt dabei ausnahmsweise mal wirklich etwas müde. Ihr Weg nach Alajuela beginnt genau genommen in Peru, im Kinderheim Casa Verde, das der Lahrer Volker Nack gegründet hat. Dort hat Jule Becker 2016/17 ihren Freiwilligendienst absolviert und die spanische Sprache gelernt. Danach begann die Tochter des evangelischen Lahrer Dekans Rainer Becker mit dem Theologiestudium. Dass ihr Auslandssemester ebenfalls nach Lateinamerika führen sollte, war früh klar. Dann kam Corona. Das Wunschziel Bolivien schied pandemiebedingt aus, es blieb die Wahl zwischen Brasilien und eben Costa Rica. Die Studentin entschied sich für San José. Erst später erfuhr sie, dass die Lahrer Partnerstadt Alajuela direkt an die Hauptstadt angrenzt.

So kam eines zum anderen. Im April 2022 weilte eine kleine Lahrer Delegation um Oberbürgermeister Markus Ibert zum Antrittsbesuch in der Partnerstadt. Im April 2022 kam Jule Becker dort an, um sich auf das Examen vorzubereiten und nebenbei vielleicht noch Gitarre zu lernen. Zunächst aber übersetzte sie eine Woche für die Lahrer Gruppe, besuchte die Partnerschaftsprojekte.

Muttersprachler für den Deutschunterricht

Beim Besuch des Liceo de Poás, das mit dem Max-Planck-Gymnasium einen Schüleraustausch betreibt, kam die Frage auf, was die Schule gerade braucht. Eine Antwort: Muttersprachler für den Deutschunterricht. Als die Kippenheimerin merkte, dass die Suche schwierig werden dürfte, beendete sie die Debatte mit einem Satz: "Ich mache das." In den folgenden Monaten habe dann auch sie gemerkt, "wie schwer die deutsche Sprache ist". Von ihrem großen Engagement hielt sie das nicht ab. Nun war nicht nur der Kontakt zur Schule hergestellt, sondern auch der zum Freundeskreis Alajuela-Lahr. Jule Becker unterstützte, wenn es um das Wocheninternat Al Niño Con Cariño ging, betreute den Instagram-Auftritt des Freundeskreises, wurde zur wichtigen Ansprechpartnerin vor Ort. Zu einer Lahrer Botschafterin, wenn man so will? "Ja, nur ohne Auto", antwortet sie augenzwinkernd.
Ein Fotoalbum mit Impressionen von der Bürgerreise nach Alajuela gibt es online unter https://mehr.bz/alajuela2023

Ein gutes Jahr später ist sie stets mittendrin, wenn die Lahrer Delegation einen Termin wahrnimmt. Im Stadtrat, in der Botschaft und natürlich im Liceo Poás. Oberbürgermeister Markus Ibert spricht beim Besuch von einem "großen Vorbild für alle". Die Kippenheimerin kündigt derweil an, ihr Honorar als Übersetzerin an die Schule zu spenden. "Ich habe gesehen, dass die Menschen Hilfe brauchen", beschreibt sie ihre Motivation im Gespräch. Am Liceo fehle es aktuell sogar an Geld für Klopapier.

Mehr Costa Ricanerin als Deutsche

Fürs Examen hat sie übrigens auch noch gelernt, oftmals nachts. Sehr müde sei sie nun, aber sehr dankbar, sagt sie im Gespräch mit der BZ. Als am Montag verkündet wird, dass Lehrer-Kollegin Alejandra aus Costa Rica die Deutsch-Prüfung bestanden hat, gibt es noch einmal großen Applaus und alle liegen sich in den Armen. "Du bist mittlerweile mehr Costa Ricanerin als Deutsche", sagt die Kollegin. Gehen lassen möchte man sie nicht. "Vielleicht führt mein Weg ja irgendwann wieder am Liceo vorbei", sagt Jule Becker. Zunächst einmal führt er im Juli zurück nach Deutschland, um das Studium zu beenden. Zur Begrüßung am Flughafen wird’s dann auch mal wieder eine deutsche Brezel geben. Die vermisst sie in Costa Rica. Auch wenn sie es nicht direkt sagt, wird sie sich sicher noch auf etwas anderes freuen: Darauf, dass der Tag mal wieder ein paar Stunden weniger hat. Denn auch am Mittwoch ist er mit dem BZ-Gespräch am Nachmittag nicht beendet. Wie Jule Becker gerade erfahren hat, steht am Abend noch eine Besprechung mit der Lahrer Stadtverwaltung an.

Ressort: Lahr

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 27. Mai 2023: PDF-Version herunterladen

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