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Urteil

Von Bürgern zu Bombenlegern – die Gruppe Freital radikalisierte sich rasant

Wegen Bombenanschläge auf Flüchtlinge und Linken-Politiker wurden acht Rechtsextreme der Gruppe Freital verurteilt. Der Prozess ist auch Zeugnis einer rasanten Radikalisierung.  

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Sicherheitsbeamte begleiten einen Angeklagten ins Gericht.   | Foto: afp
Sicherheitsbeamte begleiten einen Angeklagten ins Gericht. Foto: afp
Das Oberlandesgericht Dresden verurteilt acht Rechtsextremisten der Gruppe Freital wegen Bombenanschlägen auf Flüchtlinge und Linken-Politiker zu langen Gefängnisstrafen. Es ging um Terrorismus in dem ein Jahr dauernden Prozess, der vor den Stadttoren Dresdens in einer zum Hochsicherheitssaal umgebauten Flüchtlingsunterkunft über die Bühne ging.

War das schon Terrorismus, was sich in Freital abgespielt hatte? So sah es die Bundesanwaltschaft. Oder spontane Wut und Hass auf Fremde, die in nicht so schlimmer Gewalt endeten? So die Verteidiger und etliche Freitaler. Das Gericht entschied nach 74 Verhandlungstagen eindeutig: rechter Terrorismus. Die Entwicklung vom unauffälligen Bürger zum Bombenleger im Sommer 2015 muss rasend schnell abgelaufen sein. Am Tage waren sie normale Bürger: Busfahrer, Pizzabote, ein Koch, ein Lagerarbeiter, ein Altenpfleger, einer arbeitslos. Maria K., die einzige Frau in der Gruppe, hat Goldschmiedin gelernt. Abends ließen sie ihrem Hass freien Lauf. Sie chatteten, verspotteten Flüchtlinge und Ausländer als "Bimbos" und "Kanaken", die man "aufknüpfen" sollte. Man verabredete sich an der Tankstelle, einer fuhr nach Tschechien und kaufte illegale Böller, man bastelte daraus Sprengsätze, man benutzte sie, sprengte Briefkästen, ein Auto, schließlich Anschläge auf zwei Flüchtlingsunterkünfte, das örtliche Büro der Linken und ein alternatives Wohnprojekt in Dresden.

Schimpfend kennengelernt

Kennengelernt hatten sich die Angeklagten im Sommer 2015, als sie schimpfend vor dem ehemaligen Hotel Leonardo in Freital standen und die ankommenden Flüchtlinge zum Teufel wünschten. Das war die Zeit, als an manchen Orten in Sachsen Wut und Fremdenhass überkochten. Es dauerte nicht lange, und aus acht wütenden Normalbürgern, die meisten ohne Vorstrafen, waren gefährliche Feierabendterroristen geworden.

Die Angeklagten haben die Taten als solche nie bestritten. Fünf Sprengstoffanschläge wurden ihnen zur Last gelegt. Für die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, die den sächsischen Staatsanwälten 2016 die Ermittlungen wegen der Bedeutung des Falles aus den Händen genommen hatte, war nach 74 Verhandlungstagen, mehr als 100 Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten sowie eigenen Versuhen mit Sprengstoff klar: "Diese Vereinigung hatte es darauf angelegt, Tötungsdelikte zu begehen", so Oberstaatsanwalt Jörn Hauschild. Sie wollten in und um Freital "ihre rassistische Ideologie gewaltsam durchsetzen". Es sei großes Glück gewesen, dass niemand ums Leben gekommen sei. Die Anwälte der Angeklagten sagten, ihre Mandanten hätten mit ihren Sprengsätzen niemanden töten wollen.

"Ich bezweifle schon, dass die Sachen, die in Freital passiert sind, vergleichbar sind mit dem Handeln des NSU, dem IS oder was auch immer", meinte ein Verteidiger während des langen Prozesses. Teile der örtlichen Politik sehen es ähnlich und halten das Entsetzen über die Vorfälle im Herbst 2015 für deutlich übertrieben. Ähnlich äußerte sich Freitals Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU): Man dürfe es nicht schönreden und auch nicht weggucken. "Man sollte es aber auch nicht überbewerten."

Ressort: Deutschland

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 08. März 2018: PDF-Version herunterladen

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