"Urknall" für die Stadtentwicklung
Sehr gut besucht war am Freitagabend der Dietschy-Saal im Hais Salmegg: Der neue Geschichtsband "Zwei Flusskraftwerke" wurde präsentiert.
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Für Oberbürgermeister Klaus Eberhardt ist dies ein weiterer Ausdruck dafür, wie kreativ Einwohner die Geschichte ihrer Stadt erschließen. Zwar habe es 2022 zum 100-jährigen Stadtjubiläum so ausgesehen, als wäre nun alles geschrieben und gesagt, doch er habe sich gerne eines Besseren belehren lassen.
Auch wenn Rheinfeldens Stadtgeschichte – jedenfalls auf der badischen Seite – im Vergleich zu den allermeisten deutschen Orten deutlich kürzer ist, sei sie doch vielfältig und gerade mit ihrer Industriegeschichte bedeutsam für ganz Europa. Es gebe auch keinen Grund, dass Rheinfelden seine Wertigkeit dafür unterschätze. Der Bau des ersten Groß-Flusskraftwerks in Europa war gewissermaßen der Urknall für die Stadtentwicklung. Eberhardt sprach den Autoren seinen Dank aus: Wolfgang Bocks für seine korrekten und tiefgründigen historischen Untersuchungen und Darstellungen, Manuela Eder und Ulrike Maunz für die sehr aufwändigen und detaillierten Forschungen zur Industriellenfamilie Rathenau.
Wolfgang Bocks, seit langer Zeit Leiter des Arbeitskreises Geschichte im Salmeggverein, wies auf Besonderheiten beim Kraftwerksbau hin, die im neuen Buch herausgestellt werden. So sollte eigentlich nach einem frühen Projekt ein Kraftwerk direkt am Adelberg und ein zweiter Teil einige hundert Meter flussaufwärts gebaut werden. Auch waren zunächst 50 Turbinensätze vorgesehen. Als dann das spätere Projekt als Parallelkraftwerk verwirklicht wurde, war im alten Stauwehr sogar noch ein Floßdurchlass eingebaut, denn am Ende des 19. Jahrhunderts war die Flößerei für Holzlieferungen aus dem Hotzenwald und dem Südschwarzwald sehr bedeutsam.
Bocks wies noch auf einen anderen Aspekt hin: Die Verbindungen von Personen mit dem Kraftwerk. So stammte das erste Projekt vom Neffen des badischen Revolutionärs Struve. Für den Einbau der 20 Francis-Turbinen hatte sich der Aachener Wasserbauingenieur Otto Intze eingesetzt, jener Konstrukteur, nach dessen technischer Lösung weltweit mehr als 460 Wassertürme gebaut wurden, auch der Rheinfelder.
Natürlich widmet sich das Buch den eigentlichen Strompionieren, dies waren neben Emil und Walter Rathenau die Schweizer Charles Eugen Lancelot Brown und Agostina Nizzola sowie der Russe Michael Ossipowitsch von Dolivo-Dobrwolsky. Hervorragend die Bildauswahl, die meisten Fotos stammen aus dem Archiv der EnBW, lagernd im Wirtschaftsarchiv Stuttgart-Hohenheim.
Manuela Eder hielt dann einen Kurzvortrag zur Familiengeschichte Rathenau. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Ulrike Maunz hatte sie in fast vierjähriger Arbeit vor allem in Berlin eine Vielzahl von Quellen erschlossen. Ein Ausgangspunkt war, als 2020 die Leiterin des Bereiches Tourismus in der Stadtverwaltung, Gabriele Zissel, erste Hinweise fand, dass in den Archiven der AEG und auch in Schriften zur Berliner Technikgeschichte die Leistungen von Emil und Walter Rathenau beim Kraftwerksbau ausführlich dargestellt sind. Emil Rathenau war ein Visionär, dessen Weitblick über die damaligen Grenzen der Wirtschaft hinausreichte. Nach Gründung der elektrochemischen Werke Bitterfeld erkannte er, dass bei Schaffung großer Energieerzeuger völlig neue Dimensionen in Chemie und Metallurgie erreichbar waren. So war es auch nicht verwunderlich, dass beide Rathenaus nicht nur den Bau des Wasserkraftwerks, sondern auch die Ansiedelung neuer Industrieanlagen vorantrieben. Bereits im Mai 1898 wurde in Rheinfelden eine elektrochemische Fabrik eröffnet, geleitet von Walter Rathenau. Im gleichen Jahr folgte das erste Aluminiwerk Deutschlands.
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