USA
Trumps Medienfehde nimmt bizarre Züge an
Der US-Präsident lässt sich auch von Stimmen aus dem eigenen Lager nicht beschwichtigen - und behauptet seine Twitter-Aktivitäten seien "zeitgemäß präsidentiell"
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Es ist zehn Jahre her, da hatten Donald Trump und Vince McMahon eine vermeintlich geniale Idee, um für den Zirkus des Wrestling, eine Mischung aus Ringkampf und Schauspielerei, Reklame zu machen. Raffiniert inszenierten sie eine persönliche Fehde, vermarktet als Duell der Milliardäre. Trump, der Baulöwe, schickte einen Muskelprotz namens Bobby Lashley in den Ring, während McMahon, Impresario der Wrestling-Tournee, auf einen gewissen Umaga setzte, auch bekannt als Samoanischer Bulldozer. Ob abgesprochen oder nicht, in einer Arena in Detroit fiel der Immobilienmogul plötzlich selbst über seinen neben den Seilen gestikulierenden Geschäftspartner her, rang ihn zu Boden und schlug ihm mehrfach ins Gesicht. Die Zuschauer jubelten.
Fehde gegen
Moderatorenpaar
Bevor er das Wrestling-Video entdeckte, verbiss Trump sich drei Tage lang in eine lächerliche Kontroverse mit zwei Moderatoren des Fernsehkanals NBC, bei der es um eine Schönheitsoperation, blutende Wunden und einen Erpressungsversuch ging. "Der verrückte Joe Scarborough und die strohdumme Mika sind keine schlechten Leute, aber ihre kaum gesehene Show wird von ihren NBC-Bossen dominiert", twitterte Trump am Wochenende. Zuvor hatte er Mika Brzezinski, der Tochter des ehemaligen US-Sicherheitsberaters Zbigniew Brzezinski, katzbuckelnde Unterwürfigkeit unterstellt. Sie habe ihn einst in seinem Refugium Mar-a-Lago unbedingt sehen wollen, obwohl sie nach einer Schönheitsoperation stark im Gesicht geblutet habe. Worauf Scarborough, ein früherer Kongressabgeordneter aus Florida, ungeschminkt schilderte, wie Trump dem Paar die Pistole auf die Brust zu setzen versuchte. Als die schrille Boulevardzeitung National Enquirer eine Geschichte über das Privatleben der inzwischen verlobten, damals noch mit anderen Partnern verheirateten Moderatoren plante, sollen Anrufer aus dem Umfeld des Präsidenten die beiden aufgefordert haben, Trump für ihre Berichterstattung um Verzeihung zu bitten. Der werde dafür sorgen, dass die Story nicht erscheine.
Es ist eine Episode, wie sie passt zum Ruf des durchaus einflussreichen Skandalblatts. Zwar hat der National Enquirer seit seiner Blütezeit in den Siebzigerjahren rund neunzig Prozent an Auflage verloren, allerdings liegt er in einem typischen amerikanischen Supermarkt in den Regalen direkt vor den Kassen, sodass Millionen von Kunden zumindest einen Blick auf seine Titelseite werfen. David Pecker, der Besitzer, hatte während des Wahlduells hundertprozentig Partei für seinen alten Freund Trump ergriffen – und kein gutes Haar an dessen Rivalen gelassen. Um dem Vorwahlkontrahenten Ted Cruz zu schaden, setzte er das Gerücht in die Welt, Cruz aus Kuba stammender Vater könnte mit Lee Harvey Oswald, dem Mörder John F. Kennedys, unter einer Decke gesteckt haben. Über Hillary Clinton hieß es bereits 2015 mit dem Startschuss der Kampagne, sie schaffe es schon deshalb nicht ins Weiße Haus, weil sie todkrank sei und in sechs Monaten sterbe. Bisweilen hat der Enquirer auch echte Affären aufgedeckt, etwa, als er enthüllte, dass John Edwards, ein hoffnungsvoller Präsidentschaftskandidat in den Reihen der Demokraten, seine krebskranke Frau mitten im Wahlkampf mit einer Filmemacherin betrog. Was aber soll nun dieser bizarre Streit um nichts? In den Augen mancher Trump-Kritiker beruht er auf einem kühl kalkulierten Manöver, um davon abzulenken, dass der Regierung momentan kaum etwas gelingt: Das Gesetz, mit dem Barack Obamas Gesundheitsreform abgewickelt werden soll, könnte im Kongress ein Fiasko erleiden. Nach aktuellem Stand sind mindestens neun republikanische Senatoren mit der Alternative ("Trumpcare") nicht einverstanden, sodass die Regierungspartei auf keine Mehrheit kommt. Ohne die Gesundheitsnovelle wiederum ist an eine Steuerreform nicht zu denken, da diese ohne die Einsparungen des Trumpcare-Pakets nicht annähernd gegenfinanziert wäre. Von dem noch in der Nacht des Wahlsieges verkündeten Plan, die vielerorts veraltete Infrastruktur in einem Kraftakt zu modernisieren, hört man schon länger nichts mehr.
Der Präsident, mahnen Parteifreunde, solle endlich die Hände von Twitter lassen und sich der eigentlichen Arbeit zuwenden. Er solle, so sagt es Ben Sasse, ein aufstrebender Konservativer aus dem Präriestaat Nebraska, endlich seine Angriffe auf die Medien einstellen, weil so etwas die Demokratie aushöhle. Die Pressefreiheit, sagt der Senator, sei ausdrücklich garantiert im ersten Zusatzartikel der Verfassung.
Gleichwohl bläst Trump weiterhin zur Gegenattacke, sobald er kritisiert wird. Die betrügerischen Medien gäben sich alle Mühe, die Republikaner und andere davon zu überzeugen, dass er sich der sozialen Medien nicht länger bedienen möge, schrieb er nun an seine 33 Millionen Follower bei Twitter. "Aber erinnert euch, ich habe die Wahl 2016 mit Interviews, Reden und sozialen Medien gewonnen." Die Art, wie er soziale Medien nutze, sei nicht präsidentiell – sie sei zeitgemäß präsidentiell.