Arbeiten im Elsass, pauken in Baden

Tiffany Fritz ist die erste binationale Auszubildende in Südbaden

Nach vielen Gesprächen hat es doch noch geklappt: Tiffany Fritz lernt im Elsass Augenoptikerin und besucht in Freiburg die Berufsschule. Zuvor musste sie viele bürokratische Hürden überwinden.  

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Die 16-jährige Tiffany Fritz aus Volge... geht in Freiburg in die Berufsschule.  | Foto: Kai Kricheldorff
Die 16-jährige Tiffany Fritz aus Volgelsheim lernt im Elsass Augenoptikerin und geht in Freiburg in die Berufsschule. Foto: Kai Kricheldorff
Tiffany Fritz hat die Mittlere Reife an der Hugo-Höfler-Realschule in Breisach bestanden. Seit dem 1. Juli ist sie in der Filiale des Fachgeschäfts Optic 2000 in ihrem Wohnort, dem elsässischen Volgelsheim, Auszubildende. Sie lernt Augenoptikerin.

Das ist, genau genommen, nichts Besonderes, und doch ist die 16-jährige Französin sozusagen Hauptperson eines Pilotprojekts. Denn Tiffany wird von November an in Freiburg die Berufsschule besuchen. Sie ist damit die erste binationale Auszubildende in Südbaden, die in einem französischen Betrieb lernt und in eine deutsche Berufsschule geht.

Man kann sich vorstellen, dass so etwas nicht mit dem gewöhnlichen Weg einer Ausbildungsplatzsuche verbunden ist. Tiffany Fritz musste eine Reihe von bürokratischen Hürden in beiden Ländern nehmen, bevor sie diesen Weg einschlagen konnte. Begonnen hatte es im Herbst 2010, als sie ein Praktikum bei Franck Stein, dem Leiter der Volgelsheimer Filiale von Optic 2000 machte. Auf Anhieb gefiel ihr die Arbeit gut. "Es ist eine interessante Aufgabe und man kommt mit vielen Leuten in Kontakt", schildert sie ihren ersten positiven Eindruck vom Praktikum.

Auch dem elsässischen Arbeitgeber gefällt das Projekt

Deshalb fiel Tiffany Fritz die Zusage nicht schwer, als sie das Angebot bekam, nach der Schule eine Ausbildung in der Filiale des Optik-Fachgeschäfts in Volgelsheim zu beginnen. Das für elsässische Optiker-Lehrlinge zuständige berufsschulische Bildungszentrum befindet sich in Straßburg. Der weite Weg zu den Blockunterrichtseinheiten dorthin brachte Tiffany und ihre Eltern auf die Idee, den Versuch zu unternehmen, die 16-Jährige auf die Berufsschule im nahen Freiburg zu schicken. Wozu lebt man schließlich in einem Europa ohne Grenzen? Auch dem künftigen Ausbildungsbetrieb gefiel der Gedanke gut, denn in Deutschland dauert die Ausbildung zum Augenoptiker 3 Jahre und damit 12 Monate länger als in Frankreich.

Bis diese einfache Idee in die Tat umgesetzt werden konnte, musste aber noch viel Wasser den Rhein hinunter fließen. Breisachs Schulleiter Christoph Wolk und Kreisrat Rainer Zimmermann, der lange Jahre als Lehrer an der Breisacher Hugo-Höfler-Realschule tätig war, setzten sich engagiert dafür ein, dass Tiffany eine binationale duale Ausbildung beginnen konnte. Auch Brigitte Pertschy von der Handwerkskammer Freiburg schaltete sich ein. Die EU-Beraterin der Kammer konnte zusammen mit der Industrie- und Handelskammer (CCI) die Hürden für Tiffany aus dem Weg räumen.

Zu klären war dabei beispielsweise die Frage, ob der französische Staat auch dann dem Betrieb eine Prämie zahlt, wenn, wie im Fall von Tiffany Fritz, die Auszubildende nicht das französische Berufsbildungszentrum CFA, das Pendant zur deutschen Berufsschule, besucht, sondern auf der anderen Rheinseite in Deutschland die Schulbank "drücken" will. In Frankreich bekommen Firmen staatliche Zuschüsse, wenn sie junge Leute ausbilden.

"Die Nachfrage nach Berufsausbildungen im Nachbarland ist immer noch sehr gering", antwortet Brigitte Pertschy auf eine entsprechende BZ-Anfrage. "Auf Grund der demographischen Entwicklung wird sie aber in den nächsten Jahren zunehmen", glaubt die Bildungsexpertin der Handwerkskammer. Vor allem junge Franzosen dürften dann auf den leergefegten südbadischen Ausbildungsmarkt drängen. Pertschy hofft darauf, dass die vorhandenen bürokratischen Komplikationen bis dahin beseitigt werden können.

Es gab viele bürokratische Hürden zu überwinden

Im Fall von Tiffany Fritz vergingen Monate, bis die verwaltungstechnischen und bürokratischen Schranken beseitigt waren, und die französische Industrie- und Handelskammer (CCI) und die deutschen Schulbehörden Tiffany und der Optic 2000-Filiale in Volgelsheim grünes Licht gaben.

Vor einigen Wochen hat sie ihre Ausbildung gestartet. Schon etwas früher als gewöhnlich, denn auch in Frankreich beginnt die Lehrzeit üblicherweise erst nach Ende der Sommerferien. Tiffany aber hat schon in der Urlaubszeit mit ihrer Ausbildung begonnen und ist sozusagen als Urlaubsvertretung schon "voll im Geschäft". Brillenberatung hat viel auch mit modischen Fragen zu tun und gehört zu ihren Aufgaben. Ebenso nimmt sie bei Kunden Sehtests vor. Bei der Prüfung eingehender geschliffener Gläser aus Glas oder Kunststoff und ihrer Anpassung an die Brillenmodelle schaut Tiffany bislang noch ihrem Ausbilder über die Schulter.

Zwischenzeitlich hat sie damit begonnen, Altbrillen, die Kunden im Geschäft abgeben, auf ihre Tauglichkeit zu prüfen und sie für den Versand in andere Länder vorzubereiten.

Ausbildung wird von beiden Ländern anerkannt

"Ich mache jeden Tag neue Erfahrungen", schwärmt Tiffany von ihrer Ausbildung. Sie ist zweisprachig aufgewachsen, in Frankreich und in Deutschland in die Schule gegangen und spricht fließend beide Sprachen. Das Volgelsheimer Fachgeschäft hat auch viele Kunden, die aus Deutschland rüberkommen, weil "wir ein großes und sehr modebetontes Brillenangebot führen", glaubt Tiffany Fritz. Dass nach Beendigung ihrer Lehrzeit die Ausbildung auch von beiden Ländern anerkannt wird, dafür hat sie die Zusagen von der Handwerkskammer in Freiburg und von der Industrie- und Handelskammer in Colmar.

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