Gesellschaft

Studie: Viele deutsche Teenies leben in Tristesse

Laut einer Unicef-Studie werden Kinder und Jugendliche in Deutschland immer unglücklicher. Liegt es am Druck – oder sind sie schlicht verwöhnt?  

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Nicht wirklich glücklich: Teenager in Deutschland Foto: dpa

KÖLN (dpa). Ihre Lebensbedingungen sind wesentlich besser als in vielen anderen Ländern der Welt – und doch ist die junge Generation in Deutschland zunehmend unglücklich. Das zeigt zumindest eine Studie der UN-Kinderhilfsorganisation Unicef. Demnach ist jeder siebte Jugendliche zwischen 11 und 15 Jahren mit seiner persönlichen Situation unzufrieden. Die Gründe deckt die Erhebung nicht auf, sie enthält nur die Zahlen. Jammert die Jugend auf hohem Niveau?

"Oh ja", meint Jugendforscher Klaus Hurrelmann. "Man vergleicht sich als Kind nicht mit Gleichaltrigen in Russland oder gar Afrika, sondern mit dem direkten Umfeld". Dennoch müsse man die Ergebnisse sehr ernst nehmen und handeln. Das sieht auch Hans Bertram so, Soziologe an der Berliner Humboldt-Universität und Mitglied des Deutschen Unicef-Komitees. "Die deutschen Mädchen und Jungen stellen sich und ihrer Umgebung ein erschreckendes Zeugnis aus, das uns nachdenklich machen muss", sagte Bertram. Über die Gründe, warum die Generation unglücklich ist, könne man aber nur spekulieren.

Objektiv betrachtet stehen die Jugendlichen in Deutschland gar nicht mal so schlecht da – zumindest im Vergleich zur vorherigen Unicef-Studie von 2010: In den Bereichen Bildung, Gesundheit und Sicherheit, Verhalten und Risiken, Wohnen und Umwelt sowie materielles Wohlbefinden belegte das Land damals insgesamt Platz acht. Diesmal liegt es im Vergleich mit 29 Industrienationen auf Rang sechs. Grundlage für die Analyse sind Daten aus den Jahren 2009/10 von Eurostat, OECD, Pisa, WHO und Weltbank. Es gab auch Lob für Deutschland: In keinem anderen Land habe sich der Anteil der Jugendlichen, die rauchen, so deutlich reduziert wie in Deutschland, hieß es. Sie konsumieren auch Alkohol und Cannabis deutlich seltener als andere, die niedrige Gewaltbereitschaft sei vorbildlich.

Die Fassade erscheint also solide, doch das Innenleben nicht: Beim zweiten großen abgefragten Bereich – die subjektive Lebenszufriedenheit der Kinder – landete Deutschland auf dem hinteren 22. Rang. Früher lag es auf Platz zwölf.

"Wie EU-Studien zeigen, sind die materiellen Existenzbedingungen für Kinder in Deutschland gar nicht so gut, wie sie in dem eigentlich reichen Land sein könnten", meint Bertram. Über die Frage, ob ein Kind Computer und Fahrrad brauche, könne man natürlich streiten, sicher sei aber: "Die einseitige Konzentration auf Leistung führt dazu, dass sich viele Kinder und Jugendliche einfach von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen." Auch Bildungsforscher Hurrelmann, der zwei Shell-Jugendstudien geleitet hat, sieht die Sorgen der Jugend in der Schule begründet. "Kinder in Deutschland sind mit ihren Eltern und, abgeschwächt, mit ihrer Freizeitsituation sehr zufrieden, nicht aber mit der Schule. Dort wünschen sie sich mehr Mitbestimmung und Einfluss auf Regeln, Abläufe und Umgangsformen." Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP), Gerd Schulte-Körne, macht noch andere Ursachen aus: "Kinder müssen heute andere gesellschaftliche Aufgaben und Verantwortungen übernehmen als früher und sind damit häufig überfordert." Etwa bei einer Scheidung der Eltern. Ihm zufolge leiden bis zu 18 Prozent der Jugendlichen in Deutschland an Depressionen, vor 20 Jahren war es nur die Hälfte – was aber auch an der größeren Zahl der Fachärzte liege.

Und was sagt die Jugend? "Englisch ab der ersten Klasse, mehr Ganztagsschulen – klar ist da der Druck höher als früher", meinen die Kölner Abiturientinnen Nadja (18) und Denise (19). Die 16-jährige Gymnasiastin Özge glaubt dagegen: "Wir sind einfach zu verwöhnt und müssen für nichts mehr kämpfen. Da wird einem schnell langweilig."

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