Kongress
Kultusminister Andreas Stoch stellt die Bildungspläne vor
Das Vermächtnis von fünf Jahren sozialdemokratischer Bildungspolitik ist seit gestern auf der Zielgeraden: Mit einem Kongress hat das Kultusministerium die neuen Bildungspläne präsentiert.
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STUTTGART.
"Wege entstehen erst dadurch, dass man sie geht", sagte Stoch. Er meint damit sicher nicht seinen Weg, den er vom kommenden Dienstag an einschlägt: Dann wird ihn die SPD, die zweitkleinste Oppositionsfraktion im neuen Landtag, zu ihrem Vorsitzenden wählen. Nein, das Kafka-Zitat gilt vielmehr Stochs Vermächtnis, den neuen Bildungsplänen. Sie setzen ein Versprechen der Sozialdemokraten um, gegeben vor fünf Jahren im Koalitionsvertrag: den Bildungserfolg zu entkoppeln von der sozialen Herkunft. Stoch: "Ich bin überzeugt, dass die Bildungspläne eine zeitgemäße Arbeitsgrundlage für die Bildung und Erziehung, Wertevermittlung und Persönlichkeitsbildung an unseren Schulen sind."
Die seit März 2012 erarbeiteten Pläne gelten schulartübergreifend für die gesamte Sekundarstufe I. Sie formulieren neben den fachspezifischen Kompetenzen sogenannte Leitperspektiven, die über die Fächer hinweg allgemeine Fähigkeiten ansprechen, die die Schüler erwerben sollen. Bisherige Fächerverbünde fallen weg, und neue, wie "Biologie, Naturphänomene und Technik" sowie die mit Wirtschaft verbundene Berufsorientierung, kommen hinzu.
Stoch wehrt sich erneut gegen Kritik am Zeitplan: Jeder habe seit Jahren gewusst, dass im März Wahlen stattfinden und die Pläne im Sommer danach greifen. "Wer jetzt glaubt, daraus Verschwörungstheorien ableiten zu können, der geht fehl." Er erläutert das hohe Maß an Transparenz, das die Arbeit an den Plänen begleitete. Der Aufwand, so der Berliner Bildungsforscher Hans Anand Pant, war weit größer als jener, den andere Bundesländer bei der Neuformulierung ihrer Bildungspläne betreiben. Um die Qualität zu sichern, sei die Umsetzung schon frühzeitig um ein Schuljahr verschoben worden. "Die Bildungspläne sind das wichtigste Handwerkszeug, das Lehrer haben, um gute Bildung erfolgreich umzusetzen. Widersprechen sie jedem, der sie in ein schlechtes Licht rücken will", fordert Stoch die Schulleiter auf.
Die Zufriedenheit überwiegt: Johanna Lohrer, auch nach ihrem Abitur noch Vorsitzende des Schülerbeirats, vermisst zwar Ethik schon in der Grundschule ("Wenn wir Werte vermitteln wollen, müssen wir schon dort anfangen"), begrüßt aber die neue Kombination aus Wirtschaft und Berufskunde: Die Hälfte ihrer ehemaligen Mitschüler habe keine Ahnung – weder von den wirtschaftlichen Zusammenhängen noch wie sie Studium und Beruf gestalten wollen. Carsten Rees, der Landeselternbeiratschef, vermisst indes Demokratieerziehung als erste Leitperspektive. Im Fach Wirtschaft will er darauf hinwirken, dass dort nicht Marktteilnehmer erzogen würden, sondern "kritische Wirtschaftsbürger". Gleichwohl glaubt er: "Der neue Bildungsplan ist schon jetzt angekommen."
Pädagogen aus den 116 Versuchsschulen bestätigen dies und loben die frühzeitige Vorbereitung der Lehrerschaft. Matthias Wagner-Uhl: "Das ist ein Werkzeug, das wir so noch nie hatten." Günther Glowig von der Uhland-Realschule in Aalen begrüßt die vielfältigen Hilfestellungen, die der neue Bildungsplan biete, mahnt aber: "Der Lehrer steht im Vordergrund, nicht die Arbeitsblätter."
Der Plan müsse immer wieder kritisch hinterfragt werden, sagt Stoch, es gelte, die Vorgaben weiterzuentwickeln. Aber die Pläne böten nun die Basis, Kinder zu selbstbewussten, kritischen und erfolgreichen Menschen auszubilden. Er hoffe, dass auch in der "in höchstem Maße unverantwortlich geführten Debatte" um die Leitperspektive "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt" die endgültige Planfassung den Eltern alle Angst nehme und man in den Schulen zu einem wertschätzenden Umgang komme. Am Ende folgt ein langer, warmherziger, stehender Beifall des Kongresspublikums.
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