Interview
Experte: "Wölfe können sehr lange Strecken zurücklegen"
Der Wolf, der im Juni tot an der Autobahn bei Lahr gefunden wurde, ist aus der Schweiz zugewandert. Experte Micha Herdtfelder erklärt, wie das Tier in die Ortenau gekommen ist.
Di, 18. Aug 2015, 0:00 Uhr
Südwest
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BZ: Ist es nicht erstaunlich, dass der Wolf eine so lange Strecke zurückgelegt hat?
Herdtfelder: Nein. Der Nachweis bestätigt uns nur, dass die Wölfe sehr lange Strecken zurücklegen können – bis zu 50 Kilometer am Tag – und sich nicht durch Flüsse, Straßen oder andere Hindernisse aufhalten lassen. Der Wolf war noch Anfang April bei seinem Rudel in der Schweiz nachgewiesen worden. Er hatte also zweieinhalb Monate Zeit.
BZ: Haben Sie Hinweise darauf, auf welchem Weg er nach Lahr gekommen ist?
Herdtfelder: Nein, das ist alles Spekulation. Er kann in der Schweiz entlang des Alpenbogens nach Westen gezogen sein, nördlich des Bodensees den Weg in den Schwarzwald genommen haben, oder auf direktem Weg zu uns gekommen sein. Wir wissen es nicht. Es gab zwar ein überfahrenes Geschwistertier bei Zürich. Ich bezweifle aber, dass der Lahrer Wolf denselben Weg genommen hat.
BZ: Am Ende wurde ihm auch ein Auto zum Verhängnis?
Herdtfelder: Ja, und das ist bei einem so lauffreudigen Tier wie dem Wolf in einem so stark zerschnittenen Land wie Baden-Württemberg auch wenig erstaunlich – und gleichzeitig ist es aus unserer Sicht eine wichtige Bestätigung des Generalwildwegeplans. Der Wolf wurde in einem bestehenden Wildtierkorridor bei Lahr überfahren, den die Autobahn zerschneidet. Es gibt nur noch eine Handvoll solcher ökologischen Korridore zwischen Vogesen und Schwarzwald – sie sind in ihrem Erhalt extrem gefährdet.
BZ: Was ist die Konsequenz daraus?
Herdtfelder: Der tote Wolf hat zwar die Aufmerksamkeit auf die Folgen der Zerschneidung gelenkt, betroffen sind aber fast alle heimischen Wildtiere. Allein 20 000 Rehe kommen pro Jahr im Straßenverkehr in Baden-Württemberg um. Mittlerweile wird aktiv entgegengewirkt.
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