Spendenaktion
Sternsinger: Konflikt um inoffizielle "Zweite Kassen" in der Region
Sternsinger sammeln in erster Linie für Kinder in Armut, doch mancher will sie für ihre Mühen extra belohnen – mit Taschengeld. Das hat nun zu Konflikten in der Region geführt. Denn erlaubt ist das nicht.
Sa, 14. Jan 2017, 11:36 Uhr
Südwest
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In Oberschopfheim wären 30 Sternsinger nötig gewesen, um den Ort abzudecken – es meldeten sich aber nur neun. Zu wenig, beschloss das Seelsorgeteam, blies die Aktion ab und informierte den Pfarrer, Steffen Jelic. Dieser hatte 2016 im Pfarrbrief auf die bundesweit geltende Ordnung hingewiesen. Eine dem Seelsorgeteam nahestehende Frau, die ungenannt bleiben will, vermutet eine Boykottreaktion auf die Anordnung des Pfarrers.
Zwischen Pfarrer und Gemeinde ist die Stimmung angespannt, Gesprächspartner wollen ungenannt bleiben. Gerade die älteren Menschen im Ort, erfährt man aber, schätzten es, wenn die Kinder bei Schnee und Kälte von Haus zu Haus ziehen – und fänden, dass ihnen ein Obolus gebührt.
Der Oberschopfheimer Ministrant Philipp Müller betreut seit Jahren die Sternsingerkinder des Ortes und war vor zwei Jahren selbst als Caspar unterwegs. "Viele wollen die Kinder für ihr Engagement belohnen, mit Süßigkeiten oder Geld", berichtet er. Damit die Kinder nicht zu viel Süßes essen, griffen eben einige lieber zum Geldbeutel. Dieses Geld sei dann separat gesammelt und anschließend gerecht zwischen allen sammelnden Kindern aufgeteilt worden, versichert Müller. Einen Teil davon warfen die Sternsinger in den offiziellen Topf.
Beim Kindermissionswerk "Die Sternsinger", einem Träger der Aktion, ist man über solche Praktiken nicht erfreut. "Die Sternsingeraktion für private Sammlungen zu missbrauchen, ist nicht in unserem Sinne", sagt Sprecher Thomas Römer. Bei der diesjährigen Sternsingeraktion geht das Geld an 1500 Projekte für notleidende Kinder weltweit. Als Illustration wurde ein Projekt in Kenia hervorgehoben. In kurzen Filmen können Betreuer vor Ort den jungen Sammlern den guten Zweck der Aktion veranschaulichen.
2014 bekräftigte die Bischofskonferenz in der Ordnung für das Dreikönigssingen, dass nicht für andere Zwecke gesammelt werden darf. Dennoch hat die Sternsingeraktion in den 59 Jahren ihres Bestehens in manchen Orten durchaus Eigenheiten entwickelt. Vor vierzig Jahren, sagt ein Veteran, sei es etwa in Steinach im Kinzigtal normal gewesen, dass die Sternsinger zwei Kassen hatten. In vielen Gemeinden, darunter Weil am Rhein, gehen die Sternsinger nur dorthin, wohin man sie bestellt hat. "Zusatzspenden sind meist Süßigkeiten, Geld werfen die Kinder von sich aus in die Spendenkasse", sagt Pfarrer Gerd Möller.
In der vorigen Woche konnte man sie wieder von Haus zu Haus gehen sehen: Kinder und Jugendliche mit Schminke im Gesicht, langen weiten Kleidern und Krönchen auf dem Kopf. Und einer von ihnen trägt auf einer Art Besenstiel einen großen, goldschimmernden Stern, manchmal mit Beleuchtung. Man nennt sie Sternsinger, und den Brauch gibt es schon seit Jahrhunderten – immer um den Dreikönigstag herum, den 6. Januar. Das Ganze soll an die "Weisen aus dem Morgenland" erinnern, von denen die Bibel in der Weihnachtsgeschichte erzählt. Das waren Sternenkundige, die einem besonders hellen Stern hinterhergereist sind, weil ihnen jemand gesagt hatte, sie würden dann auf einen neugeborenen König treffen. Gemeint war der kleine Jesus, den sie dann auch fanden und dem sie ihre Geschenke brachten: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Einige hundert Jahre später sagten Bibelforscher, es müssten drei Weise gewesen sein, wahrscheinlich waren es Könige, die Heiligen Drei Könige, und sie sollen Caspar, Melchior und Balthasar geheißen haben. Erstmals vor etwa 500 Jahren sind in Europa arme Klosterschüler derart verkleidet von Haus zu Haus gegangen, um den Menschen die Weihnachtsbotschaft vorzusingen und dafür ein bisschen Geld oder Essen zu bekommen. Mit Kreide schrieben sie dann ihren Segen über die Haustür (C+M+B, lateinisch für: Der Herr segne dieses Haus). Seit etwa 60 Jahren ist das in Deutschland ein fester Brauch, vor allem in katholischen Gegenden. Allerdings sollen die Sternsinger das Geld heute nicht für sich selbst sammeln, sondern für Kinder in armen Ländern.
- Interview zum Sternsinger-Konflikt: "Das ist kein Schülernebenjob zum Geldverdienen"
- Kommentar: Karitatives sollte nicht entlohnt werden
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