So teuer wie ein halber VW-Käfer
Vor 50 Jahren wurde das Fernsehbild farbig – die Geräte waren fast unerschwinglich, der Durchbruch kam erst in den 70er Jahren.
Tilmann P. Gangloff (epd)
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Viele Zuschauer haben Brandts Auftritt vor 50 Jahren am Bildschirm verfolgt, aber kaum jemand in Farbe: Die neuen Apparate kosteten zwischen 1800 und 2400 Mark; sie waren "so teuer wie ein halber VW-Käfer", erinnert sich Uwe Kammann. Sein eigener Fernseher zeigte deshalb weiterhin nur schwarzweiße Bilder, was den späteren Direktor des Grimme-Instituts kalt ließ: Er war ohnehin ein großer Freund der Schwarzweiß-Ästhetik.
Trotzdem war er als Volontär der Rheinischen Post neidisch, als dem Kollegen von der TV-Kritik ein Farbfernseher ins Büro gestellt wurde. "Neueste Technik, Farbe in Hülle und Fülle, und das auch noch mit einem Gehalt grundiert: Schöneres könnte es doch nicht geben." 1984 wurde Kammann Leiter des Fachdienstes epd Kirche und Rundfunk – heute: epd medien – und ein einflussreicher Kritiker.
1968 besaß laut einer Umfrage des Allensbacher Demoskopie-Institut erst ein Prozent der Haushalte einen Farbfernseher. Zu den wenigen Glücklichen gehörten die Eltern des damals 17 Jahre alten Ulrich Deppendorf: "Mein Vater wollte immer das Neueste haben und hat rechtzeitig ein Gerät besorgt." Der spätere Fernsehdirektor des WDR weiß noch genau, wie fasziniert die Familie war: "Am Abend gab es die erste Fernsehshow in Farbe, das war schon phänomenal. Wie die meisten technischen Neuerungen ist aber auch das Farbfernsehen so schnell zur Gewohnheit geworden, dass die Schwarzweißsendungen bald exotisch wirkten."
Davon gab es allerdings noch eine ganze Menge, denn es dauerte geraume Zeit, bis das Fernsehen in Gänze bunt wurde; und das lag nicht nur daran, dass frühere Schwarzweiß-Produktionen auch bei der Wiederholung im Farbfernsehen schwarzweiß blieben. Die Umstellung, sagt Dieter Hoff, bis zu seinem Ruhestand 2004 Technischer Direktor des WDR, "war ein aufwändiger Prozess, der sich über mehrere Jahre hingezogen hat. Es war ja nicht nur damit getan, neue Kameras anzuschaffen. Beim WDR wurden viele Sendungen zunächst noch aus einem neuen Farbfernseh-Übertragungswagen gefahren, weil die Studios noch nicht umgerüstet waren". Aktuelle Sendungen wie die "Tagesschau" sind erst ab 1970 in Farbe ausgestrahlt worden. Zu diesem Zeitpunkt hatten erst rund 20 Prozent der Haushalte ein neues Gerät. Seinen Durchbruch verdankte das Farbfernsehen zwei deutschen Sportereignissen: den Olympischen Spielen in München 1972 und der Fußballweltmeisterschaft 1974.
So lange hatte der Gatte von Carolin Reiber nicht warten wollen. "Mein Mann stellte damals sehr großzügig fest, ich bräuchte den Farbfernseher ja schon allein aus beruflichen Gründen, damit ich weiß, welche Farben am besten wirken. In Wirklichkeit wollte er natürlich bloß Fußball in Farbe sehen", erinnert sich die Moderatorin. "Auch wenn die Bilder natürlich nicht die heutige Brillanz hatten: Die ersten Farbsendungen waren ein echter Knalleffekt." Beruflich änderte sich für die Ansagerin des Bayerischen Rundfunks, damals 26, allerdings nicht viel. "Es hatte im Zeitalter des Schwarzweißfernsehens klare Vorgaben gegeben, was man vor der Kamera nicht tragen durfte: nichts Weißes, nichts Gestreiftes, kein Pepita, kein Karo, keine Punkte. Und das war beim Farbfernsehen nicht viel anders." Trotzdem fand sie die Umstellung toll: "Die Regisseure wollten, dass die Farbbilder besonders schön ausschauten, das kam uns vor der Kamera natürlich sehr zugute."
Auch Moderator Rainer Holbe hat lebhafte Erinnerungen an den August 1967: "Für uns Macher war das damals so etwas wie eine kopernikanische Wende." Seine "Starparade", die dem ZDF regelmäßig über 20 Millionen Zuschauer bescherte, gab es allerdings erst ab dem März 1969 in Farbe: "Das war eine große Umstellung, denn bis dahin waren die Kostüme und das Bühnenbild immer auf Schwarzweißgeräte ausgerichtet. Plötzlich wurde alles bunt. Wir hatten ein eigenes Ballett, bestehend aus zwölf Damen und Herren, die für jede Ausgabe neue Kostüme bekamen. Die Farben mussten besonders knallig sein, damit sie auf dem Bildschirm gut zur Geltung kamen."
Angesichts der enormen technischen Herausforderungen, findet Dieter Hoff, sei der Prozess erstaunlich reibungslos abgelaufen: "Es hatte viele Unkenrufe gegeben, vor allem in Bezug auf die Qualität der Farbsendungen auf Schwarzweißbildschirmen, aber sie haben sich alle nicht bewahrheitet." Dafür wiederholte sich ein soziales Phänomen aus den 50er-Jahren, als es in Deutschland generell erst wenige Fernsehgeräte gab, wie sich Carolin Reiber erinnert: "Wer einen Farbfernseher hatte, lud seine Nachbarn zur Samstagabendshow ein."
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