Schutt, Schrott und Schlamm
Der Ortskern von Braunsbach in der Hohenlohe wurde zerstört.
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Bürgermeister Frank Harsch (44) saß gerade in seinem Amtszimmer. Plötzlich Lärm, Krach, Gepolter von der Gerölllawine, die am Rathaus vorbei zum Kocher stürzt. "Unbeschreiblich, wir haben eine Tragödie unglaublichen Ausmaßes erlebt", sagt er danach. Die Naturgewalt sei "Wahnsinn – es ist nichts Menschliches möglich, sie zu bändigen". In der Ortsmitte gibt es auf einer Länge von einem halben Kilometer kaum mehr ein unbeschädigtes Haus, einige sind einsturzbedroht. Kreisbrandmeister Jürgen Mors, seit 30 Jahren im Dienst, findet kaum Worte: "So etwas habe ich noch nicht erlebt."
Wo vorher eine Straße war, ist ein Damm aus Steinen, Holz, Autos und viel Undefinierbarem aufgetürmt, 300 Meter lang, bei manchen Häusern reicht es bis zum zweiten Stock. Viele Geschäfte wie die Volksbank, die Bäckerei mit Café, der Sanitärbetrieb oder der Computerladen sind zerstört. Das Gasthaus, in dem die Camper aus dem Hunsrück am Vortag noch so lecker gegessen hatten, ist hinter dieser Halde kaum zu sehen.
Um die Ecke wartet Markus Rieg auf den Gutachter vor einem Wohnhaus aus dem Jahr 1800. Nächsten Monat sollte ihm das Gebäude überschrieben werden. Jetzt stinkt es hier, wie überall im Ort, nach ausgelaufenem Heizöl. Die Fassade auf der Rückseite ist weggebrochen. Der 30-Jährige und seine Freundin wurden mit einem Radlader gerettet. "Wir wären sonst nicht rausgekommen, weil wir komplett vom Wasser eingeschlossen waren."
Yvonne Kössel kann ihre Wohnung mindestens bis zum Nachmittag nicht verlassen. Zusammen mit Tochter (5) und Mutter (76) muss sie ausharren, bis der Schlamm aus dem Hausgang entfernt war.
wurde heimgesucht
Einige Braunsbacher wollten trotz der Lebensgefahr in ihren Häusern ausharren, in drei Fällen wurde die Evakuierung angeordnet. Immerhin konnte Michael Knaus, der Stellvertreter des Landrats, am Morgen feststellen, dass wie durch ein Wunder kein Mensch zu Schaden gekommen ist. Das Zusammenspiel aller Helfer, ob Profi oder Amateur, habe bestens geklappt, loben Knaus und Mors. Dabei konnten die Braunsbacher Feuerwehrleute gar nicht sofort ausrücken, auch ihr Magazin war blockiert.
Die Hilfe aus Schwäbisch Hall und anderen, weniger betroffenen Kommunen am Kocher, gelangte wegen Überflutungen erst über Umwege nach Braunsbach.
Dort werden nun pausenlos Schutt, Schrott und Schlamm mit Maschinen und Schaufeln weggeschafft. Wer nicht selber betroffen ist, hilft anderswo. Die Wasserversorgung wurde vorsichtshalber abgestellt, Toiletten funktionieren nicht. Bürgermeister Harsch bestellte provisorischen Ersatz. 140 Menschen, die ihr Zuhause verlassen mussten, wurden in die Hohenlohe-Arena nach Ilshofen gebracht und dort betreut, wo sonst Rinder versteigert werden. Wann ist das Chaos wieder vorbei? Das ist ebenso unklar wie das Ausmaß der Schäden. Der Kreisbrandmeister geht von einer zwei- bis dreistelligen Millionensumme aus. Bürgermeister und erster Landesbeamter sind sich einig, dass Kreis und Kommune Hilfe vom Land benötigen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann will sich "zeitnah" informieren, sagte er Harsch am Telefon.
Auch Künzelsau kocherabwärts ist schwer heimgesucht worden. Die Innenstadt ist nicht mehr wiederzuerkennen. Überall die Hinterlassenschaften einer Lawine der Zerstörung. Die Flut hat auch die Privatautos von 70 Feuerwehrleuten unter Wasser gesetzt. Noch weiter unten im Kochertal, in Weißbach, ist ein 62-Jähriger in einer Tiefgarage ertrunken.
Schuld ist an der Katastrophe ist nicht der Mensch. Keine Flurbereinigung, kein Kahlschlag – es schüttete einfach nur zu stark in zu kurzer Zeit. Der Vize-Landrat sagt, kein Experte habe sich vorstellen können, dass die kleinen Bäche derart anschwellen könnten. Frühere Unwetter, etwa 1993 und 1994, waren weniger schlimm. "Hochwasser vom Kocher macht uns nicht so viel aus", weiß Robert Rieg aus Erfahrung. Aber dass bei Starkregen die drei Bäche vom Berg plötzlich so anschwellen können, daran kann sich in Braunsbach niemand erinnern.
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