Kriminalität

Schleusernetzwerk-Spuren auch in Baden-Württemberg

Ohne Rücksicht auf Menschenleben bringt ein irakisch-kurdisches Netzwerk Migranten in Schlauchbooten über den Ärmelkanal. Da einige Schleuser hier sitzen, schlägt die Polizei auch in Baden-Württemberg zu.  

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Einsatzort der Bundespolzei: Eine Flüchtlingsunterkunft in Essen  | Foto: Christoph Reichwein (dpa)
Einsatzort der Bundespolzei: Eine Flüchtlingsunterkunft in Essen Foto: Christoph Reichwein (dpa) 

Mit mehr als 500 Bundespolizisten sind Ermittler einem von Kurden aus dem Irak betriebenen Schleusernetzwerk zu Leibe gerückt, das irreguläre Migranten in einfachen Schlauchbooten über den Ärmelkanal schickt. Schwerpunkte des internationalen Polizeieinsatzes, der in den frühen Morgenstunden begann, waren Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

Die gesuchten Tatverdächtigen sollen Migranten aus dem Mittleren Osten und Ostafrika "in kleinen minderwertigen Schlauchbooten" von Frankreich nach Großbritannien geschleust haben, wie eine Sprecherin der Bundespolizei sagte. Zuvor hatte die Bild-Zeitung berichtet. Durchsucht wurden mehrere Häuser und Lagerräume.

Die Schleuser sollen sich die für die gefährliche Überfahrt genutzten Boote beziehungsweise Bauteile dafür in Deutschland teilweise illegal beschafft haben. Deshalb geht es wohl nicht nur um Schleusung, sondern auch um andere Delikte wie Raub und Diebstahl. Aktenkundig wurden nach Angaben aus Sicherheitskreisen auch Fälle, in denen Migranten von Mitgliedern des Netzwerks mit Waffen bedroht wurden.

Der Einsatz wurde von Europol und Eurojust koordiniert

Ausgangspunkt der Großrazzia waren laut Bundespolizei französische Ermittlungen. Die Haftbefehle stammen demnach von einem Gericht in Lille. Die Bundespolizei in NRW sei gebeten worden, hier mehr als zehn europäische Haftbefehle zu vollstrecken – "soweit wir die Leute antreffen", sagte die Sprecherin. Dabei gehe es sowohl um Drahtzieher als auch um einfache Mitglieder des Netzwerks. Der Großeinsatz wurde demnach von den europäischen Behörden Europol und Eurojust koordiniert.

Erst im Februar hatte es in vier Bundesländern einen großen Polizeieinsatz gegen ein irakisch-kurdisches Schleusernetzwerk gegeben. Schwerpunkt war wiederum NRW. Damals waren 19 mutmaßliche Schleuser festgenommen worden. Seit Jahren überqueren Migranten in großer Zahl von Nordfrankreich aus den Ärmelkanal, um Großbritannien zu erreichen. Der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge kamen auf diesem Weg in diesem Jahr bisher mehr als 33.000 Menschen an.

Schleuser pferchen die Menschen auf überfüllte Schlauchboote. Immer wieder kommt es vor, dass diese bei der gefährlichen Überfahrt kentern. In diesem Jahr kamen auf diese Weise nach Polizeiangaben bereits mindestens 72 Migranten ums Leben, wie die Zeitung "Le Parisien" im vergangenen Monat berichtet hatte.

"Die heutigen Razzien und Festnahmen sind ein erneuter harter Schlag gegen die brutale internationale Schleuserkriminalität", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Die SPD-Politikerin verwies auf ein Treffen der Innenministerinnen und Innenminister der sogenannten Calais-Gruppe am kommenden Dienstag in London. Dort werde man weitere Maßnahmen gegen die Schleuserkriminalität besprechen. Zur "Calais-Gruppe" gehören Großbritannien, Frankreich, Deutschland, die Niederlande und Belgien.

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